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Kontrast
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„U-Ausschuss der ÖVP war ein Ablenkungsmanöver“ – Eva-Maria Holzleitner im Interview

Kickl, Hartinger Klein ÖVP-U-Ausschuss

Herbert Kickl (FPÖ) und Beate Hartinger-Klein (FPÖ) im ÖVP-U-Ausschuss

Quelle: BKA/ Regina Aigner. Parlamentsdirektion/Bubu Dujmic

Michael Thaler Michael Thaler
in Interview, Korruption & U-Ausschuss
Lesezeit:6 Minuten
3. Juli 2024
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Neben dem COFAG-U-Ausschuss zur Auszahlung der Corona-Hilfen wurde von der ÖVP ein zweiter Untersuchungsausschuss eingesetzt, der sich mit den Regierungsbeteiligungen von SPÖ und FPÖ beschäftigen sollte. Nun geht auch dieser U-Ausschuss zu Ende. Kontrast hat mit der SPÖ Fraktionsführerin, Eva-Maria Holzleitner, über Nebenverdienste von Herbert Kickl, Marketinggags der Schwarz/Blauen Regierung im Gesundheitssystem und den U-Ausschuss als Ablenkungsmanöver der ÖVP gesprochen.

Kontrast.at: Eva-Maria, du warst im ÖVP-U-Ausschuss die Fraktionsführerin der SPÖ. Wie kam dieser U-Ausschuss zustande, war das ein Ablenkungsmanöver der ÖVP?

Holzleitner: Auf jeden Fall! Das noch dazu von Beginn an extrem schlecht orchestriert worden ist. Es gibt klare Vorgaben, damit ein U-Ausschuss eingesetzt werden kann und an die hat sich die ÖVP hier nicht gehalten. Sie haben ein paar Unterlagen zusammenkopiert, nichts ordentlich definiert oder abgegrenzt und dadurch einen „Kraut und Rüben“-Ausschuss eingesetzt.

Der ÖVP ging es von Anfang an um ein gezieltes Ablenkungsmanöver. Weil: Zwei Untersuchungsausschüsse heißt auch, dass man bei einem begrenzten Zeitraum weniger Sitzungstage hat, was vor allem zulasten des COFAG-U-Ausschusses gegangen ist. Das war in Wahrheit das große Ziel. Den Untersuchungszeitraum hat die ÖVP dann von 2008 bis ca. 2023 festgelegt und in den Untersuchungsgegenstand irgendwelche Postenbesetzungen, Umfragen, Studien usw. reingeschrieben, ohne das mit wirklichen Belegen zu untermauern.

Vermutlich ist sie davon ausgegangen, dass alle anderen Parteien so sind wie sie.

Evi Holzleitner (SPÖ): Fraktionsführerin im ÖVP-Untersuchungsausschuss
Evi Holzleitner war Fraktionsführerin der SPÖ im Untersuchungsausschuss der ÖVP

Es ist auch immer die Frage im Raum gestanden, ob der Untersuchungsausschuss überhaupt verfassungsmäßig zulässig ist. Was waren da die Bedenken? Schlussendlich musste der Untersuchungsausschuss ja trotzdem durchgezogen werden.

Holzleitner: Es gibt in der Verfahrensordnung drei Prämissen, die eingehalten werden müssen, um einen U-Ausschuss einzusetzen: ein abgeschlossener Zeitraum, ein abgeschlossenes Ereignis und die Bundeszuständigkeit. Und genau das war bei diesem Untersuchungsausschuss nicht der Fall. Problematisch war vor allem dieser extrem breite Zeitraum und das nicht wirklich eingegrenzte Ereignis – das untersucht werden sollte. Alle Expertinnen und Experten, mit denen wir gesprochen haben, haben das auch gleich gesehen und die Verfassungsmäßigkeit infrage gestellt. Deshalb haben zum Beispiel Ministerien – mit Verweis auf diese Nichtverfassungsmäßigkeit – einfach Unterlagen nicht geschickt. Aus diesem Grund haben sich auch Auskunftspersonen umfassend bis gänzlich entschlagen. Also einfach keine Aussage gemacht.

Wegen der vielen Entschlagungen und Absagen von Zeugen hat es ja relativ lange gedauert, bis der Untersuchungsausschuss Fahrt aufgenommen hat. Spannend war dann die Aussage der ehemaligen Ministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) zur sogenannten Patientenmilliarde. Was konntet ihr da herausfinden?

Holzleitner: Das stimmt. Der Untersuchungsausschuss hat natürlich unter dem Schwund an Auskunftspersonen und denen, die einfach keine Aussage gemacht haben, gelitten.

Beate Hartinger Klein ist, zur Überraschung von vielen, tatsächlich gekommen und hat uns ganz klar gesagt: Ja, die sogenannte Patientenmilliarde war ein Marketinggag von Schwarz-Blau. Die Zusammenlegung der Krankenkassen war also nicht von Expert:innen berechnet, sondern ein reiner Marketingschmäh.

Und für uns als SPÖ ist ganz klar, Politik als Marketing und nicht für die Bedürfnisse der Menschen, ist einfach zu 100 % der falsche Zugang. Gerade in einem so sensiblen Bereich wie dem Gesundheitssystem geht es um die Versorgung von ganz vielen Menschen in unserem Land und das wurde von ÖVP und FPÖ leichtfertig aufs Spiel gesetzt.

Sebastian Kurz versprach eine Milliarde Euro fürs Gesundheitssystem. Doch die von Schwarz-Blau versprochene „Patientenmilliarde“ hat es offenbar nie gegeben und sie war wohl auch nie geplant. Mehr zum Thema: https://t.co/GMkQxwseot pic.twitter.com/nWqBgVO3IT

— Kontrast.at (@Kontrast_at) April 11, 2024

Also hat bei der Zusammenlegung der Krankenkassen am Ende die österreichische Bevölkerung draufgezahlt?

Holzleitner: Ja, da gibt es einen umfassenden Bericht vom Rechnungshof, die Rechnungshofpräsidentin war ja auch eine Auskunftsperson. Darin ist klar ersichtlich, dass die Patient:innen und Patienten draufgezahlt haben. Die Kassenzusammenlegung hat anstatt einer Milliarde für das Gesundheitssystem, zu einer Verschlechterung geführt. Die Kassenreform war in Wahrheit ein Flop!

Sie hat dem Gesundheitssystem nachhaltig geschadet und mit der Befragung von Beate Hartinger-Klein ist zu 100 % belegt, dass hier Politik nicht für die Menschen, sondern für Parteiinteressen gemacht worden ist.

 

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Große Aufmerksamkeit erregte dann die Befragung von Herbert Kickl, der musste ja zu einigen finanziellen Ungereimtheiten Stellung nehmen. Kannst du ausführen, worum es dabei ging?

Holzleitner: Während der Befragung hat Kickl nicht unbedingt sein freundlichstes Gesicht an den Tag gelegt. Also man hat dezidiert gemerkt, dass er nicht gerne im Untersuchungsausschuss sitzt. Er hat zum Beispiel immer wieder die Zulässigkeit der Fragen kritisiert. Zum Glück gibt es in so einem Untersuchungsausschuss aber auch eine unabhängige Instanz. Damit meine ich nicht den Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka – der eigentlich den U-Ausschüssen vorsitzen müsste und übrigens nie anwesend war – sondern die Verfahrensrichterin. Sie hat auch ganz klar gesagt, dass Fragen zu Kickls dubiosen Treuhandverträgen, die er uns nicht beantworten wollte, zulässig sind. Da hat man gemerkt, dass Kickl plötzlich ein bisserl nervös wurde und ins Schwitzen gekommen ist.

Auf alle Fälle konnten wir herausfinden, dass Herbert Kickl jetzt nicht der große Transparenz-Kaiser ist. Denn obwohl  wir als Abgeordnete unsere Nebenbeschäftigungen in einer Transparenzliste bekanntgeben müssen, hat Kickl mehrere 10.000 € nicht offen gelegt.

Es sind auch Treuhandverträge aufgetaucht, in denen er als stiller Teilhaber an einer Marketingfirma geführt wird. Die hat dann scheinbar auch von der damaligen freiheitlichen Landesregierung in Kärnten und später als Kickl Innenminister war auch vom Innenministerium Aufträge bekommen. Der Sitz dieser Firma war in einer größeren Immobilie in Klagenfurt, die steht gerade zum Verkauf und da dürfte Kickl auch beteiligt sein. Also diese ganzen Verstrickungen hätten wir schon von Herbert Kickl gerne auch transparenter dargelegt bekommen. Vor allem, was er jetzt tatsächlich nebenbei verdient hat oder nicht.

Weiß man, woher Kickl diese Nebenbezüge – es war ja unter anderem von über 10.000 € im Monat die Rede – zusätzlich zu seinem Abgeordnetengehalt bekommen hat?

Holzleitner: Diese 10.000 € hat er zusätzlich von der FPÖ-Wien bekommen und – wie er sagt – „vergessen“ anzugeben. Die große Unbekannte ist aber, ob er durch die stillen Beteiligungen bei der Marketingfirma und der Immobilie in Klagenfurt auch profitiert hat. Herbert Kickl verweigert hier, Licht ins Dunkel zu bringen. Das ist im Sinne der Transparenz gegenüber den Wählerinnen und Wählern aber seine Verpflichtung.

Manche sagen ja, U-Ausschüsse bringen nichts. Was sagst du diesen Leuten? Wird das Mittel des U-Ausschusses manchmal auch von anderen Parteien missbraucht?

Holzleitner: Wir haben als Abgeordnete ganz klar den Auftrag, auch Kontrolle auszuüben und der Untersuchungsausschuss ist dafür das schärfste Instrument. Ich glaube, gerade in den letzten Jahren haben verschiedene Untersuchungsausschüsse schon einiges zutage gebracht. Das hat dann auch zu gesetzlichen Veränderungen geführt. Zum Beispiel hat der Ibiza U-Ausschuss dazu geführt, dass so ein Verhalten wie vom ehemaligen Vizekanzler Strache, der vor der Wahl 2017 auf Ibiza vieles „versprochen“ hat, mittlerweile strafbar ist. Wir als Abgeordnete haben auch verfassungsmäßig den Auftrag, der jeweiligen Bundesregierung über die Schulter zu schauen.

Aber es stimmt natürlich auch, dass in der Vergangenheit einige Akteure den Untersuchungsausschuss teilweise nicht so gewürdigt haben, wie es der Fall sein sollte. Untersuchungsausschüsse sind ein ganz wesentlicher Teil der Demokratie sowie des Parlamentarismus. Deshalb ist es schade, wenn dieses wichtige Instrument für irgendwelche Ablenkungsmanöver seitens der ÖVP missbraucht wird.

Kann man zusammenfassend sagen, dass es mit dem Ablenkungsmanöver der ÖVP nichts geworden ist?

Holzleitner: Natürlich, also die grundlegende Annahme der ÖVP war, dass alle so sind wie sie selbst. Zum Beispiel, dass ÖVP-Ministerien Umfragen auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler machen. In diesem Untersuchungsausschuss ist für mich klar herausgekommen, dass eben nicht alle so sind wie die ÖVP. Sie haben dann versucht, einen Trick anzuwenden und gesagt, insbesondere Rot und Blau sind genau so. Dabei hat die ÖVP aber vergessen, dass eigentlich sie die Partei ist, die am längsten in der Regierung sitzt. Die SPÖ hat dagegen nie mit der FPÖ koaliert und daher kann es auch keine Verbindungen in diese Richtung geben.

Wie Milliardäre und ÖVP bei Coronahilfen gemeinsame Sache machten – Interview mit Jan Krainer

Parlament Das Thema "Untersuchungsausschuss" im Parlament

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Karl
Karl
4. Juli 2024 22:38

Tja, ja, diese Hartinger-Klein, eine die hinter unseren Pensionsverschlechterungen stand und steht und sie weiter verschlechtern würde, wenn sie wieder an die blaue Macht käme.
Ich ängstige mich: sie wird kommen; denn: das Üble kehrt ständig und immer und immer wieder. Nur das GUTE kommt nicht hoch!

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Privatstiftungen sollten ursprünglich einem gemeinnützigen Zweck dienen, etwa in den Bereichen Soziales, Bildung oder Kultur. Doch heute sind sie vor allem ein beliebtes Werkzeug, um Vermögen zu sichern und Steuern zu vermeiden. Sie sind besonders beliebt bei den Reichsten der Reichen – auch weil sie kaum von den Steuerbehörden kontrolliert werden. Zitat: Privatstiftungen sind eine Rechtsform, die beinahe ausschließlich von den Reichsten der Reichen genutzt wird. 40 Prozent aller Privatstiftungen befinden sich im unmittelbaren Umfeld der 60 reichsten Familien. Sie werden von Superreichen benutzt, um ihr Vermögen vor Steuerbehörden zu verschleiern. Auch deshalb weil drei Viertel aller Privatstiftungen überhaupt noch nie von den Steuerbehörden kontrolliert worden sind. Stephan Pühringer
Privatstiftungen sollten ursprünglich einem gemeinnützigen Zweck dienen, etwa in den Bereichen Soziales, Bildung oder Kultur. Doch heute sind sie vor allem ein beliebtes Werkzeug, um Vermögen zu sichern und Steuern zu vermeiden. Sie sind besonders beliebt bei den Reichsten der Reichen – auch weil sie kaum von den Steuerbehörden kontrolliert werden. Zitat: Privatstiftungen sind eine Rechtsform, die beinahe ausschließlich von den Reichsten der Reichen genutzt wird. 40 Prozent aller Privatstiftungen befinden sich im unmittelbaren Umfeld der 60 reichsten Familien. Sie werden von Superreichen benutzt, um ihr Vermögen vor Steuerbehörden zu verschleiern. Auch deshalb weil drei Viertel aller Privatstiftungen überhaupt noch nie von den Steuerbehörden kontrolliert worden sind. Stephan Pühringer

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