Der ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka ist erneut in den Schlagzeilen. Die Tageszeitung „Krone“ veröffentlichte Zahlungen an sein “Alois Mock-Institut”. Innerhalb von rund zwei Jahren überwiesen Unternehmen des Landes Niederösterreich 150.000 Euro an den Verein. Die entsprechenden Gegenleistungen werfen viele Fragen auf. Die Opposition vermutet versteckte Spenden an die ÖVP – finanziert aus öffentlichen Mitteln. Das Institut ist mittlerweile aufgelöst.
Zwischen Dezember 2017 und Dezember 2019 hat Wolfgang Sobotkas Alois-Mock Institut von mehreren Unternehmen, die im (Teil-)Besitz des Landes Niederösterreich sind, über 150.000 Euro erhalten. Laut Berichten der Tageszeitung „Krone“ bekam der Verein 56.496,30 Euro von der Hypo NÖ, 54.976,19 Euro vom Energieversorger EVN, 38.900 Euro vom Flughafen Wien und 2500 Euro von der NÖ Landeskliniken Holding. An allen vier Unternehmen ist das Land Niederösterreich beteiligt. Von der NÖ Versicherung bekam der Verein zusätzlich 10.500 Euro – dieses Unternehmen wird indirekt von der Landwirtschaftskammer NÖ gehalten.
Das ÖVP-Finanzministerium wollte die Liste nicht öffentlich machen
Das ÖVP-geführte Finanzministerium unter Gernot Blümel wollte offenbar nicht, dass die Öffentlichkeit von diesen Zahlungen erfährt. Als Wolfgang Sobotka im Ibiza-U-Ausschuss im September 2020 zu seinem Verein befragt wurde, gibt er an, dass sein Verein über ein “frei finanziertes Jahresbudget” von 250.000 Euro verfüge. Daraufhin verlangte der U-Ausschuss, dass das zuständige Finanzamt Lilienfeld St. Pölten erheben soll, woher diese Gelder stammen. Das Finanzamt erledigte den Auftrag ordnungsgemäß und berichtete dem Finanzministerium im Dezember 2020 über die Ergebnisse. Doch Blümel lieferte die Erhebung nicht an den U-Ausschuss weiter.
Stattdessen hat das Finanzministerium dem Ausschuss erklärt, dass es keine gesetzliche Grundlage für diese Erhebung gebe – und das, obwohl sie bereits fertig war. Eine erneute Aufforderung des Ausschusses, die Zahlungen erheben zu lassen, hat das Ministerium abgelehnt.
Warum unabhängig von dieser Rechtsansicht offenbar trotzdem eine Überprüfung durchgeführt wurde, “kann zu diesem Zeitpunkt nicht eindeutig verifiziert werden”, so das Finanzministerium im März 2022. Schlussendlich landete die Liste dennoch im U-Ausschuss.
Die angeführten Gegenleistungen werfen viele Fragen auf
Mit der Veröffentlichung der Zahlen wird deutlich, warum niemand davon erfahren sollte. Es sind nicht nur über 150.000 Euro von landeseigenen Unternehmen an den Sobotka-Verein geflossen – auch die Gegenleistungen des Institutes sind fragwürdig. Meistens ging es dabei um Kostenersätze für Veranstaltungen und um Inserate in der Zeitung „Mock-Report“. Die Zahlungen scheinen in einem großen Missverhältnis zum Wert der Gegenleistung zu stehen.
So fand etwa die Veranstaltung „Was bleibt, wenn alle gehen?“ im Novomatic Forum in Wien statt. Die gesamten Kosten für die Räumlichkeiten sowie die Verpflegung übernahm laut dem Institut der Glücksspielkonzern. Dennoch verrechneten sie weitere “Kostenersätze” an landeseigene Unternehmen (EVN, Hypo NÖ und niederösterreichische Versicherungen) in der Höhe von insgesamt 19.000 Euro. Wofür diese Summe bezahlt wurde, erschließt sich nicht.
20.000 Euro für Inserate in einer Zeitung mit einer Auflage von 2.500 Stück
Auch bei Inseraten im Mock-Report scheint die Summe erstaunlich hoch – im Gegensatz zu einem sehr geringen Werbewert. Das Druckwerk des “vorwissenschaftlichen Institutes” (Eigenbezeichnung Sobotka) hat eine Auflage von nur 2.500 Stück. EVN und Hypo NÖ haben dort in gut zwei Jahren um 20.000 Euro inseriert.
Darüber hinaus haben die Sponsoren teilweise für dieselbe Leistung – etwa für Präsenz bei einer Veranstaltung – unterschiedliche Beträge in Rechnung gestellt, teilweise in fünffacher Höhe. Außerdem wurden unterschiedliche Leistungen teils mit deutlichem Zeitabstand zur Leistungserbringung verrechnet. Es scheint naheliegend, dass es sich bei den Zahlungen eher um Gefälligkeiten handelte und das Alois Mock-Institut relativ frei die Sponsoring-Mittel abrufen konnte sowie frei über die Gegenleistung entscheiden durfte. Die Opposition vermutet, dass diese Gelder als versteckte Spende an die ÖVP zu werten sind – finanziert aus öffentlichen Mitteln.
“Es erinnert mich daran, was wir aus Vorarlberg vom Wirtschaftsbund kennen. Dass Betriebe, die teilweise zu 100 Prozent in der öffentlichen Hand sind, an parteinahe Vereine oder gar direkt an Parteien spenden”, so SPÖ-Abgeordneter Jan Krainer. So sei indirekt Steuergeld in die ÖVP-Parteikassa und PR für Wolfgang Sobotka geflossen.
Seit Dienstag ist bekannt, dass das Institut im Dezember 2021 aufgelöst wurde, wie das Ö1-Mittagsjournal berichtet. Wegen der Pandemie seien Veranstaltungen unmöglich geworden – und damit das Konzept des Mock-Instituts, so die offizielle Begründung. Auch die Website des Instituts sowie die Facebook-Seite sind nicht mehr erreichbar.
Hintergrund: Das Alois-Mock Institut und die ÖVP |
Wolfgang Sobotka hat das Alois Mock-Institut 2012 selbst gegründet und ist ehemaliger Obmann des Vereins. Die Adresse und die Telefonnummer des Instituts waren früher jene der ÖVP Niederösterreich. Seit Dezember 2021 ist der Verein aufgelöst. Für Sobotka war es ein unabhängiger Think-Tank. Subventionen abseits von Inseraten in Publikationen habe der Verein nie erhalten. Lediglich durch gute Beziehungen und Kooperationen habe man sich das Budget von 250.000 Euro frei finanziert. Einer dieser Geldgeber war auch der Glücksspielkonzern Novomatic. Aus diesem Grund war Wolfgang Sobotka im September 2020 vor dem U-Ausschuss geladen. Denn aus dem Ibiza-Video häufen sich die Gerüchte, dass über parteinahe Vereine, Spenden für Wahlkämpfe oder Ähnliches vor dem Rechnungshof versteckt werden.
Diese Unterhaltung von Sprache mit Gudenus auf der Finca in Ibiza war Auslöser dieser Überlegungen: „Die ganze Partie rund um Sigi Wolf, Porsche und Benko – alle. Die haben über 20 Millionen bereits für den Kurz in den Topf geworfen.“ Gudenus wirft ein: „Ja, die umgehen das mit Vereinen.“ Und Strache führt weiter aus: „Die gehen in den Wahlkampf rein und hauen 20 Millionen rein. Und brauchen dann nur Überschreitung (der Wahlkampfkosten-Obergrenze, Anm.) dem Rechnungshof melden und zahlen 600.000 Strafe.” |