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Schwarz-Grünes Budget: Arbeitnehmer tragen 90 Prozent der Krisenlast, Blümel irrt wieder

Die arbeitende Bevölkerung muss die Wirtschaftskrise fast allein stemmen, so will es das erste schwarz-grüne Budget für das Jahr 2021. Die Regierung verzichtet auf Milliarden Steuern auf  Vermögen, Erbschaften, Kapital- und Spitzeneinkommen und lässt Steuerschlupflöcher bestehen. Unternehmer und Vermögende tragen nur 10 Prozent der Krisenkosten im Corona-Jahr 2021, Arbeitnehmer und Konsumenten 90 Prozent. Wegen einer fehlenden Unterschrift, muss der Budget-Beschluss eine Woche später wiederholt werden. Doch das ist nicht der einzige Irrtum in Blümels Budget. Für seine Berechnungen benutzte er falsche Prognosen ohne Miteinbeziehung des zweiten Corona Lockdowns.  Das bedeutet viel weniger Staatseinnahmen, ein weit höheren Defizit und zu niedrig dotierte Jobprogramme.

Am Donnerstag müssen die Abgeordneten zu einer Sondersitzung zusammenfinden, um das Budget noch einmal – aber diesmal korrekt – zu beschließen. Musste im Frühjahr wegen einiger fehlender Nullen der Beschluss verschoben werden, gab es bei der Budgetsitzung im November schon wieder eine Panne. Auf einem Abänderungsantrag fehlte eine Unterschrift, der Beschluss muss wiederholt werden – zuerst im Ministerrat, dann im Parlament.

Doch das ist nicht das größte Problem mit Blümels Budget: Das Budget für 2021 ist eines der wichtigsten Budgets in der Geschichte der Zweiten Republik: Von diesem Budget wird es abhängen, wie es in Österreich nach der Corona-Krise weitergeht – ob die Arbeitslosigkeit wieder sinkt, die Wirtschaft gesund wächst und trotz Milliarden-Hilfspaketen genug Geld für den Sozialstaat da ist.

Arbeitslosigkeit so hoch wie nie

Budget 2021

Einnahmen 75,2 Milliarden Euro
Ausgaben 98,8 Milliarden Euro
Defizit 6,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP)
Staatsschulden-Anstieg Von 70,5 auf 84,9 Prozent des BIP

Aktuell ist die Arbeitslosigkeit so hoch wie nie. Für die Wintermonate werden Arbeitslosenzahlen von mehr als einer halben Million Menschen vorausgesagt und das wird sich nicht so schnell ändern: Laut Prognosen des Wirtschaftsforschungs-Institutes (WIFO) werden wir sogar im Jahr 2025 noch immer um 140.000 Arbeitslose mehr haben als im Jahr 2019.

Das Budget für das Jahr 2021 müsste ein Teil der Antwort darauf sein – doch die Regierung verwendet nicht einmal die richtigen Zahlen. Schon zum dritten Mal legt Finanzminister Gernot Blümel dem Parlament ein Budget vor, das nicht der Realität entspricht. Diesmal ist der zweite Corona-Lockdown samt Wirtschaftseinbruch nicht in die Berechnungen des Finanzministers eingeflossen. Stattdessen verwendet Blümel eine alte Prognose des WIFO, die von einem Wirtschaftseinbruch um 7,5 Prozent ausgeht. Das WIFO hat seine Prognose mittlerweile angepasst und geht von einem Minus von 9,3 Prozent des BIP aus. Das sind 26 Milliarden Euro Wirtschaftseinbruch, die nicht im Budget berücksichtigt sind. Das führt zu deutlich weniger Staatseinnahmen, einem weit höheren Defizit und dazu, dass Jobprogramme zu niedrig dotiert sind.

Arbeitnehmer zahlen die Krise

Die Krise führte aber nicht nur zu einem Rückgang der Staatseinnahmen, sondern auch dazu, dass Arbeitnehmer, Konsumenten und Pensionisten einen noch größeren Teil des Budgets stemmen müssen. Vor der Corona-Krise zahlten Unternehmen inklusive großer Konzerne weniger als 20 Prozent der Steuern, 80 Prozent wurden von Arbeitnehmerinnen und Pensionisten gezahlt, die Steuern auf ihr Einkommen und Mehrwertsteuer auf ihre Einkäufe zahlen. In der Krise machen die Steuern auf Arbeit und Konsum mittlerweile 90 Prozent aller Staatseinnahmen aus.

Das liegt daran, dass die Einnahmen aus der Lohnsteuer im Vergleich zu 2019 praktisch gleich geblieben sind – trotz Kurzarbeit und hoher Arbeitslosigkeit. Gleichzeitig sank aber die Steuerleistung der Selbstständigen und Unternehmen deutlich: Bei der Körperschaftssteuer um 36 Prozent – bei der Einkommenssteuer gleich um 45 Prozent. Dazu kommen zahlreiche Steuererleichterungen für Unternehmen wie Verlustrückträge (hierbei können Verlusten des Jahres 2020 auf gewinnträchtige Jahre 2019 und 2018 rückgerechnet werden, was so Steuern spart), die 2020 und 2021 jeweils zwei Milliarden Euro ausmachen und die Umsatzsteuersenkung im Umfang von 1,3 Mrd.

„Bei der Umsatzsteuersenkung ist die Entlastungswirkung für Unternehmen mit hohen Umsätzen höher, sodass die Maßnahme nicht unbedingt den besonders stark von der Krise betroffenen Unternehmen zugutekommt“, schreibt der Budgetdienst des Parlaments.

Unternehmer und Vermögende tragen nur 10 Prozent der Krisenkosten

Dazu kommen Steuererleichterungen für die Forst- und Landwirtschaft, die nichts mit der Corona-Krise zu tun haben und von der Arbeiterkammer als “reine Klientelpolitik” kritisiert werden. Insgesamt werden Unternehmern nächstes Jahr zusätzlich Steuern im Umfang von 4,1 Mrd. Euro erlassen – Arbeitnehmern hingegen mit 1,8 Mrd. Euro nicht einmal die Hälfte. Die Regierung verzichtet gänzlich auf die versprochene Steuerreform für Beschäftigte – bisher wurden nur kleine Einkommen durch die Senkung des Eingangssteuersatzes von 25 % auf 20 %  und durch eine höhere Negativsteuer entlastet. Der Rest der Arbeitnehmer geht auch im kommenden Jahr leer aus.

Für die Gesamtverteilung bedeutet das, dass Unternehmen und Selbstständige zum Budget nur mehr 10 Prozent beitragen (3 % Einkommenssteuer und 7 % Körperschaftssteuer). Die übrigen 90 Prozent der Steuerleistung stammen aus der Lohnsteuer der Arbeitnehmer und den Konsumsteuern. Trotz der enormen Schieflage zulasten der arbeitenden Bevölkerung verzichtet die Regierung auch in diesem Budget darauf, Vermögende stärker zu besteuern. Die Krisenlast wird nicht gerecht verteilt.

Die Regierung verzichtet auf Milliarden aus Vermögen, Erbschaften, Kapital- und Spitzeneinkommen, aber auch aus geschlossenen Steuerschlupflöchern. Über Rettungspakete sichern die Steuerzahler zwar das Vermögen vieler Eigentümerfamilien ab, an den privaten Vermögenszuwächsen in Folge sollen sie aber nicht beteiligt werden.

“Gerade angesichts der außerordentlich hohen Vermögenszuwächse der letzten Jahre sind die Wohlhabenden in einer deutlich besseren Lage, die Krisenlasten zu tragen, als die Arbeitslosen und Kleinunternehmen. Eine markante Anhebung von Vermögenssteuern würde auch das Ungleichgewicht in der Abgabenstruktur zu Lasten des Faktors Arbeit reduzieren”, schreibt die Arbeiterkammer in ihrer Analyse des Budgets.

Militärausbau so wichtig wie Jobprogramm

Gleichzeitig erhalten die Arbeitnehmer vergleichsweise wenig, um durch die Krise zu kommen. Das Arbeitslosengeld wurde noch immer nicht erhöht, das Budget für den Arbeitsmarkt bleibt gering. Um eine echte Entspannung am Arbeitsmarkt zu erreichen, bräuchte es großzügige Jobprogramme, doch genau da steht die schwarz-grüne Regierung auf der Bremse. So hat das AMS nach Abzug der Corona-spezifischen Maßnahmen der Kurzarbeit und der Corona-Arbeitsstiftung um 125 Millionen Euro weniger zur Verfügung als noch im Wirtschafts-Boom-Jahr 2019. Auch in der neuen mittelfristigen Budgetplanung bis 2024 kann man keinen wirklichen Arbeits-Schwerpunkt erkennen.

Die Regierung steckt in Rahmen von Konjunkturmaßnahmen bis 2024 in etwa gleich viel in das österreichische Militär wie in die Corona-Arbeitsstiftung, nämlich gut 600 Millionen Euro.

Überhaupt haben “Konjunkturmaßnahmen” für Militär oder im Waldfonds (262,5 Mio. für Waldbesitzer) einen gleich großen Umfang wie zusätzliche Qualifizierungsausgaben für Arbeitslose. Sie haben sogar mehr Gewicht als Kriseninvestitionen in Forschung, Digitalisierung, Bildung oder Frauen. Das AMS Budget wurde von den beiden Kurz-Regierungen so gekürzt, dass bereits 2019 wichtige Projekte gestrichen werden mussten. Daran hat auch die Covid-Krise nicht viel geändert: Für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wie Überbetriebliche Lehrstellen für arbeitslose Jugendliche oder die Aktion 20.000 für Langzeitarbeitslose will man kein Geld aufwenden.

So wie die Einnahmenseite ist auch die Ausgabenseite nicht sehr Arbeitnehmer-freundlich: Über 10 Mrd. Euro der Konjunkturmaßnahmen fließen direkt an Unternehmer, ein Großteil davon an große Firmen. Das sind mehr als die Hälfte der Budgetmittel für Konjunkturmaßnahmen. Viele dieser Maßnahmen sind sinnvoll und notwendig – sie sichern Arbeitsplätze, aber auch das Vermögen der Eigentümerfamilien. Ebenso sinnvoll wären Unterstützungen für Arbeitslose und eine Entlastung der Arbeitnehmer durch eine Besteuerung von Vermögen, Erbschaften und große Konzerne.

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Romana Schallhofer
Romana Schallhofer
8. Dezember 2020 13:17

Wenn sich die Schere zwischen Arm und Reich weiter öffnet, zerstört das den sozialen Frieden im Land und auf Dauer den Frieden überhaupt.
Wir brauchen eine faire Politik des sozialen Ausgleichs mit der reellen Chance auf ein individuell gelungenes und gutes Leben für alle Menschen in diesem Land.

Hansl
Hansl
18. November 2020 15:15

Diese Geldsäcke kaufen sich die Politiker. Wir sollten jene schwarzen Schafe nicht mehr wählen!

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