ÖVP und FPÖ haben noch im Wahlkampf 2017 mit „mehr direkter Demokratie“ geworben. 2018 gab es nun drei Volksbegehren. Sie haben 1,7 Millionen Unterschriften bekommen. Als sie im Nationalrat diskutiert werden, verlassen Kurz und Strache den Plenarsaal. Die gesamte Regierung schwänzt die Debatten dazu.
Die Regierungsbank leerte sich schon beim zweiten Tagesordnungspunkt. Auch Sebastian Kurz (ÖVP), Heinz-Christian Strache (FPÖ) haben am 11. Dezember 2018 den Plenarsaal verlassen. Der Grund: Die drei Volksbegehren zu den Themen Frauen-Gleichstellung, Nichtraucherschutz und GIS-Gebühren werden diskutiert.
Regierung schwänzt bei allen drei Debatten
Das Volksbegehren Don’t smoke zum Schutz von Nichtrauchern ist über 881.000 Menschen in Österreich unterzeichnet worden. Es ist somit das 6.-erfolgreichste Volksbegehren in der Geschichte des Landes. Experten und Expertinnen waren sicher: Das ist ein Signal, das die Regierung nicht übersehen kann. Am Ende tat sie es dennoch.
Die Opposition hat das Fernbleiben der Regierung in Wortmeldungen kritisiert. „Kurz und Strache reden groß von direkter Demokratie, aber sie haben gegenüber den ÖsterreicherInnen, die das ‚Don’t Smoke‘-Volksbegehren unterschrieben haben, nicht einmal den Respekt, sich der Diskussion im Parlament zu stellen“, so Kucher.
Ferngeblieben sind die Ministerinnen und Minister auch bei Debatte zum Frauenvolksbegehren. Das haben 482.000 Menschen unterschrieben. Das GIS-Begehren hat mit 320.000 Unterschriften am schlechtesten abgeschnitten. Bei keiner der Debatten haben Regierungsmitglieder zugehört. Auch keine Gesundheitsministerin, keine Frauenministerin und kein Medienminister.
Regierungsprogramm schreibt eigentlich Stellungnahme-Pflicht für Minister vor
Strache in Opposition: 150.000 Unterschriften reichen
2011 hat die FPÖ für direkte Demokratie die Werbetrommel gerührt. Im Zuge der Debatten um den Euro-Rettungsschirm fordert Heinz-Christian Strache „direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild“ und verbindliche Volksabstimmungen – wenn ein Volksbegehren 150.000 Unterschriften bekommt. Ein anderes Mal revidiert er es auf 250.000.
2017 war direkte Demokratie bei den Freiheitlichen sogar Wahlkampf-Thema. Von all dem ist jetzt nichts mehr zu hören.
Kurz sprach von 640.000 nötigen Unterschriften
Sebastian Kurz fordert auch mehr Demokratie, ist allerdings zurückhaltender als sein heutiger Koalitionspartner. In einem ZIB-Interview forderte er eine verpflichtende Volksabstimmung, wenn 10 Prozent der Wahlberechtigten ein Begehren unterzeichnen. Das wären etwa 640.000 Unterschriften. Allerdings dürfte sich der heutige Kanzler das dann doch nochmals anders überlegt haben. Denn im Wahlprogramm wurden aus den 10 Prozent der Wahlberechtigten dann doch 10 Prozent der Bevölkerung (Link auf sebastian-kurz.at nicht mehr verfügbar). Was die Schwelle auf über 800.000 Unterschriften anhebt.
Jetzt sind 900.000 Unterschriften Voraussetzung für eine Volksabstimmung
Statt – als Kompromiss – einen Mittelwert zwischen der FPÖ-Zahl und der ÖVP-Zahl zu verhandeln, haben die Koalitionsparteien ihre beiden Forderungen offenbar zusammengezählt. 150.000 Unterschriften, die die FPÖ ursprünglich gefordert hat + 800.000 von der ÖVP genannte Unterschriften machen jetzt die runde Summe von 900.000 Unterschriften.
Deswegen wurde eine Parlamentarische Bürgerinitiative gestartet:
https://volksbefragung-direkte-demokratie.at