Die Metaller:innen streiken. Die Arbeiter:innen fordern eine Lohnerhöhung, die die Inflation und Produktionszuwächse ausgleicht. Das Angebot der Unternehmer:innen ist weit unter der Inflationsrate. Sollte es nicht zu einer anständigen Lohnerhöhung kommen, ist das nicht nur schlecht für die Beschäftigten, die wegen den hohen Preisen unter Druck stehen, sondern es kann auch zu wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Problemen führen. Hier sind fünf Gründe, wieso höhere Löhne gerade jetzt wichtig sind.
Die Metaller:innen streiken jetzt für höhere Löhne. Das ist nicht nur wichtig für die Menschen, die in dieser Branche arbeiten, sondern für das ganze Land. Denn an dem Ergebnis der Metall-Lohnrunde orientieren sich auch die Kollektivvertrags-Verhandlungen der anderen Branchen. Haben die Metaller:innen eine gute Lohnerhöhung ausgehandelt, werden auch viele andere ein gutes Plus auf ihrem Lohnzettel sehen. Schließen die Metaller:innen schlecht ab, heißt das auch für den Rest der arbeitenden Bevölkerung, dass sie kaum mehr Geld bekommen.
Angebot der Metall-Arbeitgeber liegt weit unter Inflation
Grundsätzlich galt bei den Lohnverhandlungen: Die Arbeiter:innen bekommen die Inflation sowie die Erhöhung in Produktivität als Lohnerhöhung (und/oder kürzere Arbeitszeiten) abgegolten. Das ist die sogenannte Benya-Formel. Sie sorgt nicht nur dafür, dass die arbeitende Bevölkerung sich steigende Preise leisten kann und am wirtschaftlichen Erfolg teilhaben kann, sondern auch dafür, dass die Löhne mit der tatsächlichen Steigerung der Produktion mitwachsen und Österreich international wettbewerbsfähig bleibt.
Die Arbeitgeberseite will aktuell von diesem Kompromiss nichts mehr wissen, wie es scheint. Während die Gewerkschaft eine Lohnerhöhung von 11,6 Prozent fordert, liegt das Angebot der Unternehmer:innen bei 2,7 Prozent (plus Einmahlzahlungen). Das deckt nicht ansatzweise die relevante Inflation ab, die bei fast 10 Prozent liegt. Würden die Unternehmer:innen sich durchsetzen, hieße dass, dass die arbeitende Bevölkerung sich die steigenden Preise noch weniger leisten kann.
@kontrast.at Hallo Unternehmer! Ich würd mir gern meine Miete leisten können #politik #oesterreich #fyp #geld #gehaltserhöhung #inflation ♬ Originalton – Kontrast
Wieso das nicht nur für die arbeitende Bevölkerung schlecht ist, sondern für die gesamte Gesellschaft, lässt sich anhand von 5 Punkten erklären.
1. Verbraucher:innen kommen immer schwerer über die Runden
Die Preise sind in den letzten Monaten massiv gestiegen. Das führt dazu, dass sich die Menschen immer weniger leisten können. Manche sparen beim Heizen, andere müssen auf Lebensmittel verzichten, die sie sich früher leisten konnten. Die steigenden Preise treffen jedoch nicht alle gleich. Während die reichsten 10 Prozent des Landes Mehrkosten von etwa 12 Prozent stemmen müssen, haben sich die Ausgaben für Menschen mit kleinen Einkommen um 30 Prozent erhöht.
Eine kräftige Lohnerhöhung ist deshalb notwendig, damit die arbeitende Bevölkerung sich weiterhin ihre wichtigsten Ausgaben leisten kann und ihnen finanzielle Sorgen nicht den Schlaf rauben.
2. Die Metall-Unternehmen verbuchen Rekordgewinne
Die Unternehmer-Seite argumentiert, dass sie sich keine höheren Löhne leisten kann, da die wirtschaftliche Lage so schwierig ist. Das entspricht nur nicht den Tatsachen. Die Metall-Unternehmen schreiben Rekordzahlen.
Nichts zu sehen von der behaupteten #Deindustrialisierung in Österreich: Industrieproduktion seit 2000 +80%. pic.twitter.com/o3VgWVU3eA
— Markus Marterbauer (@MarterbauerM) November 7, 2023
Die voestalpine AG, das wichtigste Unternehmen in der Metallbranche, hat für das Geschäftsjahr 2022/2023 den höchsten Umsatz und das beste operative Ergebnis in der Unternehmensgeschichte erzielt. Deshalb zahlt voestalpine an ihre Aktionär:innen die zweithöchste Dividende, die es je gegeben hat. Auch die Großunternehmen Andritz und Palfinger feiern Rekord-Umsätze und Betriebsergebnisse und erhöhen ihre Dividenden.
Das Geld ist also da, nur will die Unternehmensführung lieber ihren Aktionär:innen beschenken, anstatt ihren Beschäftigten faire Löhne zahlen.
3. Die Beschäftigten sind immer produktiver
Seit 1995 sind die Beschäftigten in Österreich um ein Drittel produktiver.
Das heißt, dass sie eine Tätigkeit, für die sie Mitte der 90er-Jahre noch eine ganze Stunde gebraucht haben, heute in nur 40 Minuten erledigen. Oder anders gedacht: Ein durchschnittlicher Arbeiter kann heute in einem Tag um ein Drittel mehr erledigen als noch vor 30 Jahren.
Dieser Anstieg an Produktivität ist ziemlich beeindruckend. Zwar ist in den meisten Ländern die Produktivität in den letzten Jahrzehnten gestiegen, doch in der Euroraum beträgt der Durchschnitt nur 25 Prozent. Die österreichischen Arbeiter:innen haben sich also bedeutend schneller verbessert als ihre Kolleg:innen in anderen Ländern.
Jetzt könnte man meinen, dass die Arbeiter:innen für ihren überdurchschnittlichen Fleiß auch anständig belohnt worden sind. Tatsächlich sind die realen Einkommen (also die Einkommen minus der Inflation) seit Mitte der 90er-Jahre kaum gestiegen. Nur die höchsten Einkommen konnten ein Plus erzielen. Beschäftigte, die schlecht verdienen, haben sogar enorm an Einkommen verloren.
4. Die Beschäftigten haben immer weniger von ihrer Leistung
Wenn die Beschäftigten immer produktiver werden, aber nicht mehr verdienen, wohin geht dann das Geld? Es wandert in die Gewinne. Seit Jahren sinkt die Lohnquote. Das ist der Anteil, den die Beschäftigten am gesamten Einkommen des Landes bekommen. Die Gewinnquote, also der Anteil des erwirtschafteten Einkommens, das die Unternehmer:innen kommen, ist jedoch gewachsen.
Die Beschäftigten Österreichs haben also immer härter gearbeitet und haben ihre Produktivität in den letzten Jahrzehnten gehörig erhöht. Davon haben sie aber vergleichsweise wenig. Ein großer Teil ihrer Leistung landet am Ende nicht bei ihnen.
5. Niedrige Löhne schaden am Ende der Wirtschaft
Wenn die Bevölkerung leere Konten hat, bricht der Konsum ein. Die Menschen kaufen immer weniger, weil sie sich immer weniger leisten können. Die Nachfrage geht zurück. Weniger Nachfrage führt dazu, dass Unternehmen weniger Umsatz machen und früher oder später Beschäftigte kündigen müssen. Mehr Arbeitslose heißt aber wiederum, dass es mehr Menschen mit wenig Geld gibt. Die kaufen weniger ein, die Nachfrage geht weiter zurück – ein Teufelskreis.
Um diesen Teufelskreis zu beenden und eine Wirtschaftskrise zu vermeiden, braucht es höhere Löhne, damit die arbeitende Bevölkerung mehr Geld in den Taschen hat und die Nachfrage wieder steigt. Die finanziellen Mittel dafür gibt es.