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Erster Hitzetoter am Bau in der Steiermark: Bauarbeiter brauchen hitzefrei

(c) Gewerkschaft Bau-Holz

Österreich erlebte in den vergangenen Tagen eine Hitzewelle. Letzte Woche brach ein Bauarbeiter in Leoben auf der Baustelle zusammen, der Vater von zwei Kindern starb kurz darauf. Gerade für Menschen, die draußen arbeiten, ist die Hitze eine starke Belastung. Das Unfallrisiko steigt und die Sonne schädigt die Haut. Baufirmen können bei Temperaturen ab 32,5 Grad ihren Mitarbeitern hitzefrei geben und bekommen die Kosten ersetzt. Trotzdem gewährte das nur die Hälfte der Unternehmen. Die Gewerkschaft Bau-Holz fordert einen Rechtsanspruch, die Wirtschaftskammer ist dagegen.

Viele im Büro und Homeoffice klagen über die Temperaturen. Zeitungen geben Tipps bei Hitze im Homeoffice. Doch die Zustände für SchreibtischarbeiterInnen sind geradezu paradiesisch, verglichen mit jenen von BauarbeiterInnen. Viele Tätigkeiten können nicht im Schatten verrichtet werden. Bei Arbeiten wie dem Asphaltieren drückt die Hitze von oben und von unten. Asphalt wird bei Temperaturen zwischen 150 und 200 Grad aufgetragen, dazu kommt dann die Hitze aus der Luft.

Nach der ersten Hitzewelle im Jahr hat Österreich bereits den ersten Hitzetoten auf einer Baustelle zu beklagen. Am Mittwoch brach ein 46-jähriger Arbeiter auf einer Baustelle in Leoben zusammen. Der Vater von zwei Kindern starb kurz darauf im Krankenhaus, wie die Gewerkschaft Bau-Holz berichtet. „Wir sind entsetzt und schockiert. Kein Auftrag kann so wichtig sein, dass dafür Menschenleben riskiert werden! Es muss doch selbstverständlich sein, dass der Schutz von Menschenleben bei Arbeiten unter Hitze wichtiger ist als Gewinnmaximierung“, sagt Josef Muchitsch, Chef der Gewerkschaft Bau-Holz und SPÖ-Nationalratsabgeordneter.

Denn für Baufirmen gibt es die Möglichkeit, ihren Beschäftigten ab 32,5 Grad hitzefrei zu geben. Die Bauarbeiter erhalten für den Tag 60 Prozent Entgeltfortzahlung und die gesamten Kosten werden den Unternehmen von der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) ersetzt. In der Regel ist nicht der ganze Tag betroffen, da die Freistellung erst ab dem Erreichen der 32,5-Grad-Schwelle, meist also zu Mittag, gilt. Trotzdem gewährt nur etwa die Hälfte der Baubetriebe hitzefreie Tage.

„Kein Bauwerk kann so wichtig sein, dass dafür die Gesundheit der Arbeiter gefährdet wird.“

Für den Chef der Gewerkschaft Bau-Holz Muchitsch muss sich daran dringend etwas ändern. Er verweist auf ein erhöhtes Unfallrisiko und fordert die Arbeitgeber auf, für Beschattung und Trinkpausen zu sorgen. Ginge es nach dem Gewerkschafter, sollen überall dort, wo die 32,5 Grad Schwelle überschritten wird, die BauarbeiterInnen freigestellt werden.

„Kein Bauwerk kann so wichtig sein, dass dafür die Gesundheit der Arbeiter gefährdet wird. Kein Bauarbeiter soll in Zukunft wegen der Hitzebelastung gesundheitliche Schäden bis zum Tod erleiden. Alle Unternehmen und Auftraggeber müssen menschlich reagieren“, sagt Muchitsch.

Außerdem soll es einen Rechtsanspruch auf Inanspruchnahme der hitzefreien Tage geben, fordert Muchitsch. Die Gewerkschaft rechnet in einer Aussendung vor: Im Jahr 2019 bekamen insgesamt 39.122 Bauarbeiter aus 5.245 Baubetrieben hitzefrei. Damit ließ jede zweite Baufirma ihre MitarbeiterInnen an Hitzetagen arbeiten. Dazu der Gewerkschafter:

„Leider gibt es noch immer zu viele schwarze Schafe unter den Arbeitgebern und Auftraggebern, denen die Beschäftigten anscheinend egal sind.“

Doch die Wirtschaftskammer ist dagegen: „Baustellen würden tagelang stillstehen“, heißt es von Seite der Arbeitgeber-Vertreter.

Klimawandel erfordert Rechtsanspruch

Von einem Rechtsanspruch würden mehr als 60.000 BauarbeiterInnen profitieren. Blickt man auf die Klimadaten, merkt man, wie dringend eine derartige Regelung gebraucht wird. Die Hitzetage mehren sich und die Beschäftigten können sich nicht auf den Good Will der Unternehmen verlassen. Die fünf heißesten Sommer der Messgeschichte wurden laut der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik ab dem Jahr 2000 gemessen. Zwischen 1955 und 2000 gab es insgesamt nur zwei Sommer in Wien mit über 20 Hitzetagen.

In den letzten 20 Jahren wurden hingegen 13 Mal Sommer mit so vielen oder gar mehr Hitzetagen gemessen. Darunter der Rekordsommer 2015 mit gleich 42 Hitzetagen. Insgesamt gab es zwischen 1955 und 2000, also in 45 Jahren, 444 Hitzetage. Seit dem Jahr 2000 wurden in Wien 491 Hitzetage aufgezeichnet. Also mehr Tage in einem nicht einmal halb so langen Aufzeichnungszeitraum.

Arbeit bei Sonneneinstrahlung schädigt den Körper nachhaltig

Wie schädlich das Arbeiten bei starker Sonneneinstrahlung ist, zeigt das Beispiel des LKW-Fahrers Edward McElligott. Die Sonne machte seine linke Gesichtshälfte um 20 Jahre älter, als seine rechte. Der Grund: Er fuhr mehr als 28 Jahre lang einen Milchlaster durch die USA. Neun Stunden täglich, bei geöffnetem Fenster, da er keine Klimaanlage hatte. Seine linke Gesichtshälfte und sein linker Arm wurde deshalb stärker von der Sonne bestrahlt. Sein Körper ist von Hautbeschädigungen gezeichnet und er muss sich regelmäßig Krebsuntersuchungen unterziehen. Ein Foto, das im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde, zeigt die Folgen. BauarbeiterInnen sind ähnlich intensiv der Sonne ausgesetzt – die Folgen sind nur nicht so ersichtlich, da sie von allen Seiten der Sonne ausgesetzt sind.

Quelle: © New England Journal of Medicine

Auf der Website der BUAK können ArbeitgeberInnen eine Temperaturabfrage für ihre Baustellen durchführen.

(veröffentlicht am 22. Juni 2021, aktualisiert am 25. Juni 2021)

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2 Kommentare
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Frank
Frank
24. Juni 2021 15:55

50 grad auf der ÖBB Baustelle wir alle Gewerkschaftsmitglieder , ich frage den Herr von der ÖBB ob wir Hitze sechziger machen , Der Herr von der ÖBB ja Natürlich aber in 2 Wochen ist Eröffnung Wir Arbeiten Täglich von 5 Uhr früh bis 19 uhr Mo bis Fr und Samstag von 5 bis 15 uhr

Frank
Frank
Reply to  Frank
1. Juli 2021 21:39

ich versteh das Daumen runter nicht ich kann 10 zeugen beibringen die dabei waren

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