Europa

EU-Parlament will Verkaufsverbot für Produkte, die den Regenwald zerstören

Foto: Unsplash/Max Christian

Das Europäische Parlament hat sich auf eine Verordnung geeinigt, die die weltweite Abholzung von Regenwäldern stoppen soll. Produkte, die durch ihre Herstellung zur Zerstörung der Regenwälder beitragen, sollen in Zukunft nicht mehr in die EU importiert werden dürfen. Mit der Verordnung zu „entwaldungsfreien Lieferketten“ will das Parlament Unternehmen stärker in die Verantwortung nehmen. 

Alle 90 Sekunde ein Fußballfeld – der tropische Regenwald wird im Sekundentakt abgeholzt. Wer in Lissabon einen Kaffee trinkt, in Berlin ein Steak isst oder in Mailand eine Lederjacke kauft, unterstützt, wenn auch unbewusst, die Zerstörung der Regenwälder. Oft ist es jedoch nicht ersichtlich, ob und inwieweit ein Produkt zur Abholzung des Regenwaldes beiträgt. Das soll sich künftig ändern.

Das Europäische Parlament hat jetzt einer Verschärfung der Verordnung zu „entwaldungsfreien Lieferketten“ zugestimmt. Produkte, die zur Zerstörung des Regenwaldes beitragen, sollen künftig nicht mehr in der EU verkauft werden dürfen. 

Verbot von Produkten, die zur Abholzung der Regenwälder beitragen

Soja, Kaffee und Rindfleisch: Viele Produkte des täglichen Lebens tragen durch ihre Herstellung zur Zerstörung des Regenwaldes bei. Dabei steht die Zerstörung oft ganz am Anfang der Liefer- und Produktionsketten. So werden in Brasilien, Vietnam, Indonesien, Paraguay und Argentinien riesige Flächen Regenwald abgeholzt, um sie landwirtschaftlich zu nutzen. Etwa für den Anbau von Soja, Kaffee, Kakao oder für die Rinderhaltung. 

Mit der Verordnung zur „entwaldungsfreien Lieferketten“ will die EU künftig Unternehmen stärker in die Verantwortung nehmen. Sie sollen ihre Liefer- und Produktionsketten strenger kontrollieren und transparent machen. 

Geht es nach dem EU-Parlament, sollen Waren wie Soja, Palmöl, Rindfleisch, Kaffee, Kakao, Mais oder Kautschuk nur noch auf dem europäischen Markt verkauft werden dürfen, wenn sie nachweislich nicht zur Zerstörung des Regenwaldes beigetragen haben. 

„Der Kampf gegen die weltweite Entwaldung ist an einem Wendepunkt angelangt. Die Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU können sicher sein, dass sie keine Entwaldung im Einkaufswagen haben“, sagt Delara Burkhardt, Abgeordnete der Sozialdemokraten.  

EU-Parlament verschärfte den Vorschlag der Kommission

Ursprünglich sollte das Gesetz für Rindfleisch, Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja und Tropenholz gelten. Das schlug die EU-Kommission Anfang des Jahres vor. Das EU-Parlament hat sich jetzt auf eine Ausweitung auf Mais, Kautschuk und weitere Fleischsorten geeinigt. Auch waldähnliche Flächen wie Savannen und Steppen sollen unter die Verordnung fallen. 

Neben den Unternehmen sollen auch Finanzinstitute in die Verantwortung miteinbezogen werden. So will das Parlament Investitionen in Unternehmen verhindern, die zur Abholzung beitragen.   

Die endgültige Fassung der Verordnung wird aber wohl erst nach den Verhandlungen zwischen Rat, Kommission und Parlament feststehen.

420 Millionen Hektar Wald seit 1990 zerstört – eine Fläche größer als die EU

Vietnam rodet Waldflächen für den Kaffeekonsum der Europäer:innen und Amerikaner:innen. Für Sojabohnen, Palmöl und Holz wird Regenwald in Brasilien, Madagaskar, Indonesien und der Elfenbeinküste niedergebrannt – für Kakao werden Flächen in Ghana und der Côte d’Ivoire (Elfenbeinküste) abgeholzt. Die reichen Industrienationen fördern durch ihren Konsum die Zerstörung. 

China (24 Prozent) ist mit Abstand der Größe Verursacher von Regenwaldabholzung, darauf folgt die EU (16 Prozent), Indien (9 Prozent) und die USA (7 Prozent). 

Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) wurden zwischen 1990 und 2020 weltweit ca. 420 Millionen Hektar Wald gerodet. Eine Fläche größer als die Europäische Union.

Innerhalb der EU ist Deutschland trauriger Spitzenreiter der „importierten Entwaldung“, gefolgt von Italien, Spanien, Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich, Belgien und Polen.

Importierte Entwaldung: Reiche Industrienationen als Verursacher der Abholzung

Die Abholzung der Wälder – vor allem der tropischen Regenwälder – geschieht meist nicht im Interesse oder zum Vorteil der betroffenen Bevölkerung, sondern wird durch die Nachfrage der reichen Industrienationen vorangetrieben. Gerade der Fleischhunger der Europäer:innen führt dazu, dass riesige Flächen Regenwald in Südamerika und Südostasien gerodet werden. Denn für die Aufzucht der Rinder und für den Anbau des Futters werden riesige Flächen benötigt. 

Die Zerstörung des Regenwaldes ist eine Umweltkatastrophe mit verheerenden Folgen

Die Abholzung der Regenwälder hat verheerende Folgen für die Weltgemeinschaft. Ganze Ökosysteme samt Wasserkreislauf drohen zu kollabieren. So etwa im brasilianischen Cerrado, wo große Flächen für den Sojaanbau abgeholzt wurden. 

Der Wald reguliert unser Klima und versorgt uns mit Sauerstoff und Nahrung. Er bildet die Lebensgrundlage von mehr als 1,6 Milliarden Menschen. Die Zerstörung ist also nicht nur eine Umweltkatastrophe, sondern auch eine Verletzung der Menschenrechte. Denn oft werden die Anbau- oder Weideflächen indigenen Bevölkerungsgruppen entrissen. Die (teils illegale) Enteignung raubt diesen Menschen ihre Lebensgrundlage, erklärt Delara Burkhardt

Jetzt starten Verhandlungen zwischen EU und Mitgliedsländern über den Vorschlag

Das EU-Parlament hat am 13. September 2022  mit 453 Stimmen bei 57 Gegenstimmen und 123 Enthaltungen in Straßburg seinen Standpunkt zur Verordnung über Entwaldungsfreie Lieferketten angenommen. Ende September beginnt dann der Trilog zwischen Rat, Parlament und Kommission.

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