Verteilungsgerechtigkeit

EU: Finanzminister Blümel ignoriert Parlamentsbeschluss, um Steuersünder zu schützen

Jeder ÖVP-Finanzminister hat bisher eine EU-Regelung blockiert, die Großkonzerne zwingt ihre Steuern offenzulegen. Das österreichische Parlament hat in der koalitionsfreien Zeit nach dem Scheitern von Schwarz-Blau beschlossen: Der österreichische Finanzminister muss in der EU gegen die Steuertricks die Multis stimmen. Doch der Finanzminister Gernot Blümel stellt sich über den Nationalrat und schützt die Konzerne auch dieses Mal. 

Österreich blockiert aktuell eine Einigung gegen Steuervermeidung in der EU. Doch das ist nichts Neues: Die ÖVP-Minister Schelling und Löger haben die Steuertransparenz in der EU für Multis ebenso verhindert wie die Übergangsministerin Elisabeth Udolf-Strobl. Auch sie ist aus dem Umfeld der ÖVP. Sie arbeitete in den 90er Jahren im Kabinett von Wolfgang Schüssel. Finanzminister Blümel setzt den Kurs fort.

Bemerkenswert sind diesmal aber drei Dinge: Erstens widersetzt sich die Regierung damit erstmals einem Parlamentsbeschluss für mehr Steuertransparenz für Konzerne – dieser Beschluss ist verpflichtend, denn das Parlament kann Österreichs Minister darauf festlegen, einen bestimmten Beschluss in der EU abzulehnen oder zu unterstützen. Und das haben Österreichs Abgeordnete getan – gegen die Stimmen der ÖVP: In Zukunft muss Österreichs Regierung „Maßnahmen zur Steuergerechtigkeit auf europäischer Ebene forcieren“ und der Steueroffenlegung für Multis zustimmen.

Finanzministerium setzt sich über Parlament hinweg und schützt Steuersünder

Doch jetzt zeigen E-Mails, die dem globalisierungskritischen Netzwerk Attack und dem Wiener Institut für Internationalen Dialog und Zusammenarbeit (VIDC) vorliegen, dass sich Österreichs Regierung nicht daran hält: Eine EU-Einigung zur Steuertransparenz von multinationalen Konzernen wird von Österreich weiterhin abgelehnt – und das,  obwohl ein verbindlicher Beschluss des Parlaments unmissverständlich zum  Gegenteil verpflichtet. Österreich verhindert aktiv, dass ein entsprechender Beschluss in Brüssel auf die Tagesordnung gesetzt wird.

„Es  ist völlig inakzeptabel, dass sich das zuständige Finanzministerium  wissentlich über das Parlament hinwegsetzt, damit Konzernsteuertricks  weiter in Dunkeln bleiben können – gerade in Zeiten wo Unternehmen  eventuell Staatshilfe beantragen“, kritisieren David Walch, Attac, und  Martina Neuwirth, VIDC. “Wenn Bundeskanzler Kurz – wie in seiner  gestrigen Rede angekündigt – wirklich verstärkt gegen ungerechte  Steuermodelle von Konzernen vorgehen will, muss seine Regierung mehr  Steuertransparenz ermöglichen.”

Keine Staatshilfen an Steuersünder: Ohne Steuertransparenz sinnlos

Zweitens: Hat Österreichs Regierung gerade erst beschlossen, keine Staatshilfen an Steuersünder auszuzahlen. Um das umsetzen zu können, braucht es aber eine Steuertransparenz der Konzerne – sonst ist der Beschluss sinnlos. Dennoch verhindert Österreich gerade diese verpflichtende Offenlegung aktuell in der EU. Finanzminister Blümel hat sich vormals gegen die Steueroffenlegung für große Konzerne ausgesprochen, weil sie „mehr Bürokratie“ bringe.

Drittens hat Bundeskanzler Kurz in seiner Comeback-Rede zum 75-jährigen Republiksjubiläum mehr Steuergerechtigkeit angekündigt. Die Regierung werde “auf nationaler und auf europäischer Ebene gegen alle Formen der Steuerflucht und gegen ungerechte Steuermodelle großer Konzerne ankämpfen”, hieß es. Doch bei der ersten Gelegenheit tut Österreichs Regierung das Gegenteil und stemmt sich in alter Tradition gegen mehr Steuergerechtigkeit.

Mehr Transparenz für die 6.000 größten Konzerne weltweit

Konkret geht es um das sogenannte Country by Country-Reporting. Das Country by Country-Reporting existiert zwischen den europäischen Finanzämter bereits – es gäbe demnach kaum Aufwand diese Daten zuveröffentllichen. Und die Offenlegung dieser Daten würde auch den Bürger zeigen, welche Konzerne Gewinne verschieben um Steuerzahlungen zu verhindern. Die Bürger können so zumindest als Konsumenten entscheiden ob sie mit den Praktiken der Konzerne einverstanden sind oder nicht.  Das wird von der ÖVP seit 2016 abgelehnt. Damals hat die EU-Kommission vorgeschlagen, ab einem Jahresumsatz von 750 Millionen Euro sollen Großkonzerne Umsatz, Gewinn, Mitarbeiterzahl und Steuerleistung pro Land auf ihrer Website veröffentlichen. So wird leicht einsehbar, ob Unternehmen auch dort ihre Steuern zahlen, wo sie Geschäfte machen. Betreffen würde das die 6.000 größten Konzerne weltweit – eben jene, die durch Gewinnverschiebung rund ein Drittel weniger Steuern zahlen als kleine und mittlere Betriebe.

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Ernst Ranftl
Ernst Ranftl
29. April 2020 21:59

Hilfe die Regierung setzt sich über Alles hinweg.
Ja und was nützt es zu lamentieren?
Nicht zulassen, das Ganze abstellen,
Warum nicht? Keiner tut es und/oder Keiner kann es?
Also was nützt die ganze Presse, der Artikel und die Posterei auf FB und Co?
Was nützt es was Kontrast schreibt, wenn nix passiert.

xx1xx
xx1xx
Reply to  Ernst Ranftl
30. April 2020 08:10

Es ist immerhin die Regierung. Diese kann Gesetze erlassen und abändern. Reichlich skuril, wenn im Artikel der Regierung genau das vorgeworfen wird. Besser wäre es für eine Wahl der SPÖ zu werben, aber das findet momentan nirgends in der SPÖ statt.

Karl Heinz Heinz As
Karl Heinz Heinz As
29. April 2020 18:21

Das war zu erwarten. Es werden sicher auch solche Firmen mit Steuergelder wegen fiktiver Finanzausfaellen unterstützt dasie ja die ÖVP bei der Wahl unterstützt haben

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