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Gastbeiträge

Neben uns die Sintflut

Die Folgen der Klimakrise sind bereits heute spürbar. Am stärksten betroffen sind ausgerechnet die ärmsten Menschen weltweit – obwohl die Hälfte der globalen CO2-Emissionen auf die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung entfallen. „Ein erster Schritt wäre die Einhaltung der bisherigen Versprechen zur internationalen Klimafinanzierung durch die Industriestaaten“, schreibt Thomas Zehetner in seinem Gastkommentar. Er war als Diplomat im österreichischen Außenministerium tätig.

Beim Klimagipfel der Vereinten Nationen am 20. September in New York beschwörten die Staats- und Regierungschefs die Klimakrise wieder einmal als „globales Problem“, das nur „gemeinsam“ gelöst werden kann. Diese Rhetorik klingt inspirierend und angesichts der vielen geopolitischen Herausforderungen mag es tröstlich sein, dass es mit der Klimakrise zumindest ein Problem gibt, das nach gemeinsamem Handeln verlangt – denn schließlich sitzen wir ja alle im gleichen Boot.

Die Reichsten tragen am meisten zur Klimakrise bei

Gleichzeitig verdeckt diese Rhetorik, dass die Folgen der Klimakrise äußerst ungleich verteilt sind: Am stärksten sind diejenigen betroffen, die am wenigsten zu ihrer Entstehung beigetragen haben und die nicht über die Ressourcen verfügen, die Folgen von Naturkatastrophen zu bewältigen. Dagegen sind diejenigen, die die meiste Verantwortung für die Erderhitzung tragen und die größten Lösungsmöglichkeiten haben – zumindest vergleichsweise – weniger stark bedroht. Denn die treibende Kraft der Klimakrise ist nicht die gesamte Menschheit schlechthin, sondern sind jene, die weltweit über nationale Grenzen hinweg von einer beträchtlichen wirtschaftlichen Entwicklung profitiert haben. Laut dem „Climate Inequality Report 2023“ entfällt die Hälfte der globalen CO2-Emissionen auf die reichsten 10 Prozent der Weltbevölkerung. 17 Prozent aller Emissionen werden gar vom obersten Prozent verursacht – das sind rund 80 Millionen Menschen, die wiederum für mehr Emissionen sorgen als die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. Damit folgt die Verteilung der Emissionen seit den 1990er Jahren den globalen Ungleichheitstrends.

Ungleichheit innerhalb der einzelnen Länder spielen immer größere Rolle

Eine zunehmend größere Rolle spielt die Ungleichheit innerhalb der einzelnen Länder, da in vielen Teilen des Globalen Südens lokale Eliten mit sehr hohen Pro-Kopf-Emissionen entstanden sind. Aktuelle Klimamodelle zeigen, dass die negativen Auswirkungen der Klimakrise zwar überall spürbar sein werden, aber am stärksten dort, wo Armut und Staatsversagen vorherrschen. Extreme Bedingungen betreffen speziell die Bevölkerungen in Südasien und Afrika südlich der Sahara. So werden die Folgen eines sich erhitzenden Klimas zu einer Polarisierung der wirtschaftlichen Entwicklung führen: auf der einen Seite eine große Gruppe an Staaten im Globalen Süden, deren wirtschaftliche Aussichten sich deutlich eintrüben werden, auf der anderen Seite eine kleinere Gruppe wohlhabender Länder, die vom Boom grüner Technologien wirtschaftlich profitieren und über die Mittel verfügen, sich an die neuen klimatischen Bedingungen besser anzupassen.

Industriestaaten müssen ihre Versprechen einhalten

Was ist die Antwort auf die zunehmende Ungleichheit? Wie sollte ein gerechtes System zur Finanzierung des globalen Klimaschutzes aussehen? Nun, ein erster Schritt wäre die Einhaltung der bisherigen Versprechen zur internationalen Klimafinanzierung durch die Industriestaaten. Eine großzügige Dotierung des bei der Klimakonferenz COP27 vereinbarten „Fonds für Verluste und Schäden“ wäre ein weiterer wichtiger Beitrag, um das Vertrauensdefizit zwischen dem Globalen Norden und dem Globale Süden zu verkleinern.

Das allein ist aber viel zu wenig. Die Finanzierungsströme in Entwicklungsländer sind notorisch unzureichend. Kapitalmärkte bevorzugen tendenziell wohlhabende Länder und verlangen von einkommensschwächeren Kreditnehmern eine schmerzhafte Marge. Das gilt besonders für Investitionen in erneuerbare Energien, die laut Internationaler Energieagentur im Globalen Süden zumindest verdreifacht werden müssten. Das erfordert eine massive Erhöhung der Finanzströme, um die hohen Kapitalkosten zu senken.

Klimagerechtigkeit darf keine Schlagwort bleiben – denn ohne finanzielle und technologische Unterstützung der Energiewende im Globalen Süden haben wir keine Chance, die Pariser Klimaziele zu erreichen.

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Peter
Peter
25. September 2023 10:14

Sorry, wir sind nicht für alles verantwortlich, keiner hat gesagt und geforderter man vermehre sich wie Karnickel! (Aussage des Papstes)

Afrika hatte 1950 250.000.000 Einwohner bei einer Lebenserwartung von 37,5 Jahre, heute sind es 1.400.000.000 Einwohner bei einer Lebenserwartung von 62,5 Jahre.

China hatte 1950 546.815.000 Einwohner heute sind es ebenso wie Afrika etwa 1.411.800.000 Einwohner.

Indien hatte 1950 350.445.000 Einwohner, heute sind es 1.430.000.000 Einwohner.

Europa hatte 1950 etwa 560.000.000 Einwohner heute sind es etwa 750.000.000 Einwohner.

1950 lebten auf der Welt 2.532.229.000 Menschen heute sind es mehr als 3 mal so viel mit 8.050.000.000 Einwohner.

Auch die Ausrede lasse ich nicht gelten, man hätte nichts gewusst, man hat bereits 1970 um die Problem des Klimawandels gewusst, und mehr als 50 Jahre nichts – schlicht nichts getan!

Und selbst jetzt wo bereits Feuer am Dach ist, hat man nichts besseres zu tun als zuzuschauen, alle bissigeren Maßnahmen sind Weißwaschmittel und Weichspüler, nicht mal der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Im Gegenteil man verpulvert die Ressourcen in sinnlose Kriege.

Schlimmer noch, das Populisten und Religionen auch noch Feuer ins Öl gegossen haben und noch immer gießen, mit einer Hexenjagd auf LGBTIQ, Verhüttung, Abtreibung, und der Frauen-Apartheit.

Österreich sollte ganz die Klappe halten, mit seinem wahnwitzigen Bodenverbrauch, einer Stadtstraße in Wien (die alle meine eingesparten Ressourcen verpulvert und vernichtete), der Forderung nach einem Lobautunnel und der Verweigerung den öffentlichen Verkehr nachhaltig auszubauen.

(Alle Daten und Fakten aus Wikipedia, CIA-World Factbook und World Bank)

Christian
Christian
Reply to  Peter
28. September 2023 13:48

Der erste Teil deines Kommentar ist goldrichtig das sind die Fakten
Der zweite Teil in dem du deine Meinung äußerst ist totaler blödsinn

Peter
Peter
Reply to  Christian
29. September 2023 02:17

An Christian, 28. September 2023 13:48

Ich gehen davon aus das der Stein des Anstoßes der 9. Absatz in Bezug auf LGBTIQ ist. Die sind allesamt wissenschaftlich belegt btw. Teil wissenschaftliche Studien. Publikationen darüber finden sich kaum.

Die Wirkung geht weit über die Betroffenen selbst hinaus, und manipuliert (vergiftet) die gesamte Gesellschaft. Wobei 5 Prozent der Bevölkerung auch keine Kleinigkeit sind.

Näher gehe ich darauf nicht ein, es würde auf Grund der Komplexheit den Rahmen der Kommentare sprenge.

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