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„MILA“ Mitmach-Supermarkt: Nachhaltige Lebensmittel, faire Preise und Mitbestimmung

MILA Mitmachladen Wien (Foto: Anna Weisz)

MILA Mitmachladen Wien (Foto: Anna Weisz)

Anna Weisz Anna Weisz
in Gesellschaft, Good News, Wien
Lesezeit:7 Minuten
7. April 2025
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Durch die Inflation in den letzten Jahren sind die Lebensmittelpreise extrem gestiegen. Viele Produkte sind heute doppelt so teuer, wie noch vor vier Jahren. Das hat für große Supermarktketten wie BILLA oder Spar vor allem eines bedeutet: Rekordgewinne. Die Teuerung, die durch die undurchsichtigen Preisbildungen dieser Konzerne entstanden ist, zwingt Konsument:innen oft dazu, günstigere, aber weniger qualitative Lebensmittel zu kaufen. Ein Projekt aus dem 12. Bezirk will genau das anders machen: Der MILA-Minimarkt bietet nachhaltige und vor allem qualitativ hochwertige Lebensmittel zu fairen Preisen an – ohne Profitdenken, ohne Preistricks. Stattdessen steht das Miteinander im Mittelpunkt. Wir waren vor Ort und haben nachgefragt, was MILA von herkömmlichen Supermärkten unterscheidet. 

Jedes Mitglied kann mitbestimmen, was in die Regale kommt

Schon beim Betreten des Ladens fällt auf: Hier kommen die verschiedensten Menschen zusammen. Die Wände im Flur sind voll mit bunten Flyern und Infobroschüren, die allerlei Events im Grätzl ankündigen. Das passt, denn der Name MILA steht abkürzend für Mitmach-Laden. Weil MILA im Gegensatz zu anderen Supermärkten als Genossenschaft organisiert ist, dürfen hier nur Mitglieder (sowie je eine Zusatzperson) einkaufen – und eben auch mitbestimmen. Bis jetzt hat das Projekt beinahe 1.000 Mitglieder aus den unterschiedlichsten Bereichen der Gesellschaft, die allesamt das gleiche Mitspracherecht bei der Gestaltung des Projekts haben.

Gemeinsam zu entscheiden ist dabei fester Bestandteil des Geschehens und fängt schon bei der Auswahl des Sortiments an. Jedes Mitglied kann Vorschläge für neue Produkte einbringen. Das Ziel: Eine Alternative zur herkömmlichen Produktpalette in Supermärkten anzubieten. Das heißt, möglichst nachhaltige, regionale und vor allem auch leistbare Lebensmittel zu verkaufen. Grundsätzliche Verbote oder Mindestansprüche gibt es dabei nicht, die Lebensmittel sollen einfach so nachhaltig wie möglich sein. Das Sortiment wächst also mit der Gemeinschaft – und soll genauso vielfältig wie sie sein, wie einer der Flyer verrät.

 

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Mitglieder führen den Supermarkt selbst – und arbeiten dort

MILA ist also, wie bereits erwähnt, als Genossenschaft organisiert. Das heißt, dass der Laden denen gehört, die mitmachen. Um im Laden einkaufen zu können, müssen die Mitglieder auch mit anpacken. Hinter der Kasse stehen keine außenstehenden Angestellten, sondern Mitglieder des Projekts. Bis jetzt hat es laut Reisenberger bei den 3-stündigen Schichten trotz Freiwilligkeit noch nie Probleme mit der Besetzung von Schichten gegeben. Über einen Genossenschaftsanteil von 180 Euro kann die Mitgliedschaft durch eine einmalige Zahlung erworben werden, der Sozialanteil für Einkommensschwache liegt bei 20 Euro. Es kommt auf die eigene Selbsteinschätzung an, wie viel man zahlen kann und will. Viele Mitglieder zahlen aber auch weitaus mehr, so Brigitte Reisenberger, die für die Koordination der Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Trotzdem hat jede:r dieselben Mitbestimmungsrechte. Sollte MILA scheitern, muss jede:r zusätzlich noch einmal den Wert des eigenen Anteils zahlen. Im Falle eines Austritts wird der Betrag hingegen gänzlich zurückerstattet.

Durch Projekte wie die „stille Stunde“ und mehrsprachige Infobroschüren will MILA die Gemeinschaft stärken

Anders als in herkömmlichen Supermärkten sollen MILAs Mitglieder nicht durch allerlei Werbetricks dazu bewegt werden, mehr zu konsumieren, als sie es eigentlich brauchen. So gibt es anstelle von Musik und Reizüberflutung manchmal eine „stille Stunde“: Ein Event, das durch eine ruhigere Atmosphäre besonders Menschen mit sensorischen Schwierigkeiten oder chronischen Erkrankungen das Einkaufen leichter machen soll. Aber auch die Änderung des eigenen Farbkonzeptes hin zu Farben, die für Sehbeeinträchtigte leichter zu erkennen sind oder der Fokus auf Barrierefreiheit fördert die Inklusion von möglichst vielen Menschen. Gleichzeitig gibt es Maßnahmen wie mehrsprachige Infobroschüren, die das Projekt weiter für alle öffnen sollen.

„MILA ist mehr als ein Supermarkt, für viele ist es auch ein Ort des Zusammenkommens. Es gibt Menschen, die kommen mehrmals die Woche her, nicht nur um einzukaufen, sondern auch, um zu reden.“ – sagt Reisenberger.

Brigitte Reisenberger erzählt weiter von der Gemeinschaftsküche, die für alle offen steht und wo an vielen Abenden gerne zusammen gekocht wird. Während bei anderen Supermärkten Konsum im Mittelpunkt steht, geht es hier um das Zusammenleben. MILA soll Raum für Begegnung schaffen, der über das bloße Einkaufen hinausgeht. Bei gemeinsamen Schichten wird nicht nur gearbeitet, sondern sich auch über das Projekt ausgetauscht, Events organisiert, oder eben zusammen Zeit verbracht.

MILA will Nachvollziehbarkeit statt Preisdrückerei

MILA geht es in in erster Linie nicht darum, bei jedem Produkt immer den billigsten Preis anbieten zu können. Hier gibt es weder undurchsichtige Lieferketten noch Greenwashing. Vor allem in der Fleischbranche hat Qualität und faire Haltung seinen Preis. Dasselbe gilt für Bioprodukte, die oft schlichtweg teurer als die Billigware einer Spar-Eigenmarke sind. MILA schafft es trotz dessen – vor allem Gemüse, aber auch Grundnahrungsmittel wie Reis – günstiger als die Konkurrenz zu halten. Dabei gilt, nicht mehr als dreißig Prozent Aufschlag zum Einkaufspreis zu verlangen.

 

MILA Mitmach-Laden (Foto: Anna Weisz)
MILA Mitmach-Laden (Foto: Anna Weisz)

Beim Ankauf der Produkte selbst steht die Nachvollziehbarkeit und damit die gerechte Behandlung aller Beteiligter im Fokus. „Bei uns gibt es keine Preisdrückerei“, meint Reisenberger. MILA achte darauf, dass Zulieferer fairen Lohn und Arbeitsbedingungen erhalten. Möglichst alle sollen sich den Einkauf leisten können, ohne dass bei Lieferketten jemand schlechter aussteigt.

Große Zukunftspläne für den (noch) kleinen Supermarkt

Das Geld aus den Anteilen und dem Preisaufschlag wird direkt in die Weiterentwicklung des Ladens gesteckt. Denn so unscheinbar der kleine Markt in Meidling gerade noch wirken mag, so groß sind die Pläne für die Zukunft. Seit seiner Gründung steht fest: Hat MILA erst einmal genug Mitglieder, soll ein Supermarkt im großen Stil entstehen. Dabei geht es nicht um die Annäherung an Konzepte großer Supermarktketten, viel eher will MILA genug Platz haben, um das volle Alternativprogramm zur Konkurrenz anbieten zu können. Das wird noch diesen Frühling in die Realität umgesetzt, die Bauarbeiten sind in vollem Gange. Auch hier packen die Mitglieder an gemeinsamen Bautagen selbst mit an. Bis zur geplanten Eröffnung im Frühling dieses Jahres rechnet MILA mit deutlich mehr als den benötigten 1.000 Mitgliedern – dann soll der neue Markt auf rund 350 Quadratmetern Verkaufsfläche starten.

Stolz ist man bei der Erweiterung vor allem auf die Möglichkeiten für ein erweitertes Produktangebot und die angepassten Öffnungszeiten, die auch mit der Konkurrenz wie Billa, Spar oder Hofer mithalten können sollen. Das Konzept der abwechselnd dreistündigen Schichten soll behalten werden, auf reine Freiwilligkeit wird künftig aber nicht mehr gesetzt. Jede:r muss zumindest einmal im Monat drei Stunden hinter der Kassa stehen. Wenn Mitglieder ihre Verpflichtung dann zu oft nicht wahrnehmen, können sie irgendwann auch nicht mehr bei MILA einkaufen und mitbestimmen.

Weltweite Vorbilder: Supermarkt in New York hat 17.000 Genossenschafts-Mitglieder

Die Erweiterung bringt aber auch Herausforderungen mit sich. Die Finanzierung war und ist alles andere als einfach, wie Geschäftsführerin Julianna Fehlinger uns berichtet. Auch hier zählt MILA neben Krediten von der Bank auf seine Mitglieder. Die können die Eröffnung des neuen Marktes derzeit mit Direktkrediten unterstützen.

Park Slope Food Coop: Genossenschafts-Supermarkt in New York (Foto: Wikimedia Commons)
Park Slope Food Coop: Genossenschafts-Supermarkt in New York (Foto: Wikimedia Commons)

Außerdem gibt es noch andere Fragen: Eine Mitgliederzahl, die in den Tausendern liegt, scheint schwer vereinbar mit Gemeinschaftswerten und gleichen Rechten auf Mitbestimmung. Reisenberger bleibt optimistisch und verweist auf Erfolgsgeschichten von Vorbildprojekten. Allen voran ist der New Yorker Supermarkt Park Slope Food Coop, dessen Mitgliederzahl mittlerweile bei 17.000 Menschen liegt, eine Inspiration für das Wiener Konzept. Der verfolgt nämlich ein beinah gleiches Konzept, inklusive circa dreistündiger Schichten und einer Einmalzahlung für den Erwerb einer Mitgliedschaft. Genau daran orientiert sich MILA und kann so voller Zuversicht auf die geplanten Erweiterungen blicken.

Was ist eine Genossenschaft? Die solidarische Unternehmensform einfach erklärt

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In keinem Land der Eurozone ist Vermögen so ungleich verteilt wie in Österreich. Die reichsten 1 Prozent besitzen 41 Prozent des gesamten Vermögens, während die ärmere Hälfte Österreichs zusammen nur 3 Prozent des Vermögens besitzt. Der Großteil der Superreichen ist nicht durch harte Arbeit oder kluge Geschäftsideen zu Reichtum gekommen, sondern hat sein Vermögen geerbt. Auf diese gigantischen Erbschaften zahlen sie außerdem keinen Cent Steuern. Der Sozialökonom Stephan Pühringer argumentiert, dass diese Ungleichheit Gift für unsere Gesellschaft ist. Immer mehr Geld und Macht sind in der Hand von einigen wenigen konzentriert, während der Rest der Bevölkerung durch eigene Arbeit kaum mehr zu bescheidenem Wohlstand kommt. Zitat: Das Verhältnis zwischen Superreichen und dem Rest der Bevölkerung ist komplett aus dem Lot geraten. Gigantische Vermögen werden ohne jegliche Leistung oder Besteuerung vererbt. Das gefährdet den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Stephan Pühringer

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