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Lobbyisten in Europa: So beeinflussen Konzerne die Gesetze der EU

Bild: freepik

Die Demokratie in Europa ist durch die Überrepräsentation der Konzernlobbys in Brüssel ernsthaft gefährdet. Gerade einmal 7 % der eingetragenen Lobbygruppen vertreten die Interessen von Arbeitnehmer:innen. Große Konzerne geben dagegen Millionen aus, um die Gesetze in der EU zu beeinflussen. Im Mittelpunkt der EU-Politik sollten jedoch die Bürger:innen und nicht Konzern-Profite stehen.

Die EU sollte der Ort sein, an dem Vertreter:innen der 27 Mitgliedstaaten zusammenkommen und Gesetze zum Wohl von  448 Millionen EU-Bürger:innen beschließen. Doch das funktioniert nicht reibungslos. Ständig gibt es Interventionen von außen. Große Konzerne bezahlen Millionen für Lobbyismus und üben dadurch großen Einfluss auf das EU-Parlament und die verschiedenen EU-Institutionen aus. Das Ziel: Die Gesetze sollen so geschrieben werden, wie die Geldgeber das wollen.

Die Strategien der Lobbyisten

Konzern-Lobbyist:innen nützen verschiedene Wege, um Gesetze zu beeinflussen. Darunter Gespräche, Beratungs-Aufträge bis hin zu Jobangeboten nach der politischen Karriere.

Persönliche Netzwerke sind wichtig

Politiker:innen werden oft zu Veranstaltungen oder einem Abendessen eingeladen. Bei diesen großteils inoffiziellen Treffen versuchen Lobbyist:innen, Parlamentarier oder Mitglieder der EU-Kommission für ihre Interessen zu gewinnen. Gerade Unternehmenslobbyisten gehen in den Vorzimmern der EU-Institutionen häufig ein und aus.

Während den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP, fanden 92 % der Lobbying-Termine mit Unternehmen statt. Nur 4 % mit Gruppen des öffentlichen Interesses.

Beratungs-Aufträge für Unternehmen

Eine weitere Strategie sind einschlägige Beratungsaufträge an Unternehmen. Die verschiedenen EU-Institutionen greifen oft auf externe Expert:innen und Sachverständige zurück.  Das ist zwar an sich kein Problem, schwierig wird es aber, wenn diese Sachverständigen aus dem Feld der Unternehmens-Beratung stammen. Diese stehen oft in einem Näheverhältnis zu großen Konzernen, so erhielten 2018 drei der größten Unternehmensberatungen einen Auftrag von der EU-Kommission in der Höhe von mehr als 10 Millionen Euro. Sie sollten eine Studie zum Thema Steuern und Zölle erstellen. Die EU-Kommission wollte aber nicht sagen, worum es in dieser Studie genau gehen soll. Brisant: Dieselben Firmen hatten erst 2014 zum gleichen Thema einen Auftrag über 7 Millionen Euro erhalten.

Mit Jobs locken

Schon einmal vom „Drehtür-Effekt“ gehört? Dabei wechseln ehemalige EU-Politiker:innen nach ihrer politischen Karriere ohne Abkühlphase sofort in die Privatwirtschaft. Oft in einen Bereich, für den sie zuvor in der Politik zuständig waren. Ein Beispiel: Benita Ferrero-Waldner (ÖVP) war von 2004 bis 2009 EU-Kommissarin, nach ihrem Ausscheiden aus der Kommission übernahm sie verschiedene Posten als Aufsichtsrätin. So wurde sie 2010 Mitglied im Aufsichtsrat der Münchner Rückversicherungs-Gesellschaft AG.

Fehlende Transparenz und lasche Gesetze

2008 führte die EU-Kommission ein Register für Lobbyist:innen ein, das für mehr Transparenz in der Lobbying-Arbeit sorgen sollte. Drei Jahre später hat man das Register auch auf das EU-Parlament ausgeweitet. Der Haken daran: Die Eintragung in dieses Register ist freiwillig. In den letzten Jahren wurden die Lobbyismus-Gesetze zwar verschärft – so müssen Abgeordnete zum EU-Parlament angeben, mit welchen Lobbyist:innen sie Gesetze erarbeiten – ein verpflichtendes Lobbyist:innen-Register gibt es aber noch immer nicht.

Konzerne haben extrem viel Einfluss auf die EU-Politik

Wenn man die Zahlen des Lobbyismus-Registers analysiert, sieht man: Die LobbyistInnen aus großen Unternehmen stellen im EU-Parlament die absolute Mehrheit. Über zwei Drittel der registrierten Lobby-Gruppen repräsentieren Interessen von Konzernen und anderen wirtschaftlichen Akteuren. Während sich an die 800 Lobbyist:innen um die Interessen von Beschäftigten kümmern, haben Unternehmen mehr als 24.000 Lobbyist:innen, von denen sie vertreten werden – also 30 Mal so viele. Ähnlich unterrepräsentiert sind Hochschulen und andere wissenschaftliche Einrichtungen.

 

Diese Lobbyarbeit kostet natürlich Geld. Im Jahr 2023 gab etwa der Konzern Meta 10 Millionen Euro für Lobbying aus, Apple 7 Millionen und Google 6,5 Millionen. Umweltschutz-Organisationen oder Gewerkschaften haben nur ein Bruchteil dessen zur Verfügung.

 

Ausgaben für Lobbyismus Stand 2023//Quelle: Transparenzregister der EU

 

4 Maßnahmen gegen einseitigen Lobbyismus

Die Übermacht von Lobbyist:innen im Dienst von Unternehmen führt dazu, dass Interessen von Beschäftigten, aber auch Klima- und Konsumentenschutz vernachlässigt werden. Die Arbeiterkammer schlägt 4 Schritte vor, um diese Schieflage zu beseitigen:

1. Verpflichtendes Lobbyregister: Alle Lobbyist:innen müssen sich verpflichtend in ein Register eintragen. Dieses Register muss frei einsehbar sein.

2. Transparenz bei Lobby-Ausgaben: Unternehmen müssen ausweisen, wie hoch die Ausgaben für Lobbying sind und wer das Geld erhält.

3. Gleichberechtigte Mitsprache: Umweltschutz-Organisation und Vertreter:innen von Beschäftigten müssen am Gesetzgebungsprozess beteiligt werden. Beispielsweise sollten die Sozialpartner aktiv in die Gesetzgebung eingebunden werden.

4. Mehr Bürger:innenbeteiligung: Instrumente wie EU-Bürgerinitiativen und EU-weite Sammelklagen müssen gestärkt werden.

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