Am 9. Juni 2024 findet in Österreich die EU-Wahl statt. Aber wie funktioniert die eigentlich? Und wen kann man wählen? Von Briefwahl über Stimmzettel bis zu den Spitzenkandidat:innen und ihren Themen: Alle wichtigen Informationen haben wir hier für euch einfach erklärt.
Wann ist die EU-Wahl?
Die EU-Wahl findet von 6. bis 9. Juni 2024 in allen EU-Ländern statt. In Österreich wird am 9. Juni gewählt. Die letzte Wahl fand 2019 statt, gewählt wird also alle fünf Jahre.
Was wird bei der EU-Wahl gewählt?
Bei der EU-Wahl wählen alle Bürger:innen der EU-Länder die Mitglieder des europäischen Parlaments (MdEP). Das EU-Parlament ist weltweit die einzige internationale Versammlung, die direkt gewählt wird. Das bedeutet, dass im EU-Parlament nicht einfach von den Regierungen entsendete Vertreter:innen sitzen, sondern wir als Bürger:innen der EU direkt wählen können, wer uns im EU-Parlament vertritt.
Das Parlament wird nach der Wahl im Juni 720 Mitglieder haben – das sind 15 Abgeordnete mehr als nach der Wahl 2019. Die Größe des Parlaments wird vorher festgelegt, wobei die EU eine Maximalgrenze von 750 Mitgliedern bestimmt hat.
Die Anzahl der MdEP aus den EU-Staaten ist jeweils proportional zur Bevölkerungszahl im Land festgelegt. Österreich darf 2024 20 Abgeordnete entsenden. Das ist eine Person mehr als noch 2019. Die Maximalzahl an Abgeordneten, die ein Land entsenden darf, liegt bei 96 – so viele Politiker:innen darf Deutschland als bevölkerungsreichstes EU-Land ins Parlament berufen. Die kleinsten Länder der EU – Zypern, Luxemburg und Malta – werden nur von sechs Abgeordneten im EU-Parlament vertreten.
Das EU-Parlament wählt die Mitglieder der Europäischen Kommission, die Gesetze ausarbeiten, die dann im Parlament diskutiert und abgestimmt werden. Auch wählt das Parlament den Präsidenten oder die Präsidentin der EU-Kommission – gerade ist das Ursula von der Leyen.
Wen kann man bei der EU-Wahl wählen?
Bei der EU-Wahl wählen alle Staaten Listen von nationalen Parteien. In Österreich können wir also zwischen den Parteien SPÖ, ÖVP, Grüne, Neos, FPÖ, KPÖ und DNA wählen. Sie haben Listen mit Kandidat:innen zusammengestellt. Die Listen sind von den Parteien sortiert. Das heißt, dass die erste Person auf einer Parteiliste auch als Erstes ins EU-Parlament einzieht, wenn die jeweilige Partei genug Stimmen bekommt. Die erste Person auf einer Liste nennt man Spitzenkandidat. Die Mandatare des EU-Parlaments gehören gleichzeitig den jeweiligen österreichischen Parlamentsklubs an.
Für die SPÖ tritt Andreas Schieder als Spitzenkandidat an. Er ist bereits seit 2019 Mitglied des EU-Parlaments. Zwischen 2013 und 2017 war er Klubobmann bei der SPÖ. Von 2007 bis 2008 war er internationaler Sekretär der SPÖ. Er beschäftigt sich damit schon seit vielen Jahren mit internationaler Politik. Als SPÖ-Politiker setzt er sich auch auf EU-Ebene für soziale Themen ein. Dazu gehört die Forderung, dass das Leben für alle Menschen leistbar sein soll und die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich verhindern werden soll. Deshalb sollen auch die Kosten der Klimakrise gerecht verteilt werden.
Der Spitzenkandidat der ÖVP ist Reinhold Lopatka. Er ist derzeit Nationalratsabgeordneter. Wie auch Andreas Schieder war er Klubobmann zwischen 2013 und 2017, also war er in dieser Zeit der Chef des ÖVP-Parlamentsklubs. Davor war er Staatssekretär der ÖVP im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten. Zu seinen Zielen gehört eine strenge Migrations- und Sparpolitik.
Die FPÖ schickt Harald Vilimsky als Spitzendkandidaten ins Rennen. Er ist bereits seit 2014 Abgeordneter im EU-Parlament. Er vernetzt sich dort mit anderen rechtspopulistischen bis rechtsextremen Parteien.
Überrascht haben die Grünen mit ihrer Spitzenkandidatin: Für sie stellt sich die Klimaaktivistin Lena Schilling zur Wahl. Sie ist insbesondere durch die Proteste gegen den Lobautunnel bekannt geworden. Zu ihren Forderungen gehört die hohe Besteuerung von Privatjets und ein strenger Klimaschutz.
Für die Neos kandidiert Helmut Brandstätter als Spitzenkandidat. Er ist seit 2019 Nationalratsabgeordneter, davor war er als Journalist tätig. Er fordert die Einführung einer EU-Armee und Österreich eine Neuinterpretation seiner Neutralität. Außerdem setzt er sich für mehr Investitionen in Bildung ein.
Auch die KPÖ hat mit Günther Hopfgartner ihren Spitzenkandidat:innen bereits vorgestellt. Für die DNA (Demokratisch, Neutral, Authentisch) kandidiert Maria Hubmer-Mogg. Die Medizinerin aus Graz ist durch die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen bekannt geworden.
Die von uns gewählten Abgeordneten bilden dann mit Mitgliedern aus nicht-österreichischen Parteien im EU-Parlament sogenannte Fraktionen. Sie haben einen eigenen Vorsitz, einen Vorstand und ein Sekretariat. Sie sitzen während den Parlamentssitzungen im Plenarsaal zusammen und können vor den Abstimmungen gemeinsam Berichte prüfen, Änderungsanträge einbringen und Abstimmungen debattieren. Die Mitglieder einer Fraktion sind aber nicht an die Absprachen gebunden, weil die Abstimmungen frei sind.
Zur Bildung einer Fraktion braucht man mindestens 23 Abgeordnete aus mindestens einem Viertel der Mitgliedsstaaten. Jedes Mitglied darf nur einer Fraktion angehören. Es gibt auch fraktionslose Abgeordnete. Wegen dieser Regeln müssen die Fraktionen nach jeder Wahl neu gebildet werden. Momentan gibt es diese Fraktionen:
- Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament (S&D)
- Hier ist die SPÖ mit anderen europäischen sozialdemokratischen Parteien vernetzt.
- Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) (EVP)
- Hier ist die ÖVP dabei.
- Renew Europe Group
- Eine liberale Fraktion, bei der die Neos mit dabei sind.
- Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz (EFA)
- In dieser Fraktion sind auch die österreichischen Grünen vertreten.
- Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR)
- Fraktion Identität und Demokratie (ID)
- Hier ist die FPÖ gemeinsam mit rechten Parteien wie z.B. der deutschen AfD, der französischen Partei “Rassemblement National” und der italienischen “Lega” Mitglied.
- Fraktion Die Linke im Europäischen Parlament
- In dieser Fraktion ist die KPÖ gut vernetzt, jedoch hat die KPÖ selbst keine Abgeordneten im EU-Parlament.
Wie funktioniert die EU-Wahl?
Bei der EU-Wahl am 9. Juni werden in ganz Österreich dieselben Listen gewählt. Also bildet ganz Österreich einen Wahlkreis. Damit eine Partei Abgeordnete ins EU-Parlament schicken darf, muss sie mindestens 4% der Stimmen bekommen. Das ergibt sich dadurch, dass Österreich insgesamt nur 20 Abgeordnete ins EU-Parlament entsendet.
Auf dem Stimmzettel kann man sein Kreuz bei einer Partei setzen. Damit gibt man der Liste dieser Partei seine Stimme. Außerdem kann man eine Vorzugsstimme vergeben. Das bedeutet, dass man in der Zeile von der Partei, die man mit einem Kreuz gewählt hat, in einem weiteren Feld die Nummer oder den Namen eines Kandidaten eintragen kann, den man am allermeisten im EU-Parlament sehen möchte. Vorzugsstimmen darf man also nur für die Partei vergeben, die man auch wählt. So könnte auch eine Person auf der Liste einer Partei, die nicht Spitzenkandidat:in ist, als erste ins Parlament einziehen.
Man kann wie üblich am Wahltag in einem Wahllokal am Ort des Hauptwohnsitzes wählen. Dafür benötigt man nur seinen Ausweis. Man kann auch in einem anderen Wahllokal oder per Briefwahl wählen. Dazu muss man eine Wahlkarte bei seiner Gemeinde beantragen. Dies ist ab Mitte April möglich. Spätestens kann man die Karte noch bis zum 5. Juni schriftlich beantragen. Sobald man die Karte hat, kann man sofort per Briefwahl wählen.
Wer darf wählen?
Bei der EU-Wahl dürfen alle Bürger:innen eines EU-Landes wählen, die mindestens 16 Jahre alt sind. Wenn man am 9.6.2008 oder davor geboren wurde, ist man also wahlberechtigt.
Alle Österreicher:innen mit Hauptwohnsitz in Österreich sind automatisch für die Wahl registriert. Sie bekommen eine Wahlbenachrichtigung. Aber auch Österreicher:innen mit Hauptwohnsitz im Ausland dürfen für Österreich wählen. Sie müssen sich dafür bis zum 25. April in die europäische Wählerevidenz eintragen. Hat man das einmal gemacht, kann man die nächsten 10 Jahre auch aus dem Ausland per Briefwahl wählen. Dazu muss man wie bei der normalen Briefwahl auch eine Wahlkarte beantragen.
Besonders ist, dass bei der EU-Wahl auch nicht-österreichische EU-Bürger:innen mit Hauptwohnsitz in Österreich für Österreich wählen dürfen. Dafür müssen sie sich auch in der europäischen Wählerevidenz eintragen. Dazu schickt man bis zum 26. März die ausgefüllten Formulare sowie einen Identitätsnachweis (z.B. Passkopie) an die zuständige Stelle bei der Gemeinde.
Um welche Themen geht es bei der EU-Wahl?
Die SPÖ setzt auf Themen wie die Inflationsbekämpfung, leistbares Leben für alle und eine soziale Klimapolitik. Das bedeutet, dass Superreiche und Großkonzerne, die ganz besonders zum Klimawandel betragen, auch mehr für den Klimaschutz aufkommen müssen.
ÖVP und FPÖ werden sich im Wahlkampf wahrscheinlich ein Rennen um die restriktivste Migrationspolitik liefern. Für die ÖVP ist ein Sparkurs wichtig – die EU soll weniger Geld für die öffentliche Infrastruktur und soziale Politik ausgeben.
Die Neos setzen ihre Schwerpunkte auf die Stärkung des Zusammenhalts in der EU und die Einführung einer EU-Armee. Die Grünen betonen auch den Zusammenhalt, aber haben ihren Fokus auf Themen im Bereich Umwelt. Auch wenn die KPÖ wegen der 4% Hürde wenig Chancen auf einen Einzug ins EU-Parlament hat, hat sie bereits ihre Schwerpunkte für den Wahlkampf vorgestellt: die Neutralität und der Kampf gegen die Teuerungen stehen im Vordergrund.
Insgesamt wird im Wahlkampf neben Umwelt- und Wirtschaftsfragen auch das Thema Sicherheit besonders wichtig sein. Zentral ist das Thema Jobs und Arbeit, weil die Arbeitslosigkeit und der Fachkräftemangel europaweit ein Problem sind. Auch ein internationales Problem ist das Thema Wohnen: Nicht nur in Österreich wird der Wohnraum immer teurer. Deswegen werden die Fraktionen auch europaweit ihre unterschiedlichen Positionen zu diesem Problem diskutieren.
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