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Spanien und Portugal deckeln den Gaspreis – und senken so die Stromrechnungen

Spanien und Portugal sind die ersten in Europa, die jetzt die Gaspreise deckeln und den Strom per Gesetz billiger machen. Ab Mai senkt man auf der iberischen Halbinsel die Preise pro Megawattstunde von 90 Euro auf 50 Euro. Es ist das Ergebnis intensiver Verhandlungen mit der Europäischen Kommission über eine Ausnahme vom liberalisierten europäischen Strommarkt. 

Spanien und Portugal gaben die Vereinbarung nach einem Treffen mit der Vizepräsidentin der Europäischen Kommission für Wettbewerb, Margrethe Vestager, Anfang Mai in Brüssel bekannt. Die Vereinbarung soll 12 Monate lang gelten, mit einem durchschnittlichen Gaspreis von 40 Euro pro Megawattstunde beginnen und schrittweise auf 50 Euro steigen. Das liegt weit unter dem aktuellen Marktpreis für Gas: Denn der liegt im Großhandel bei mehr als 100 Euro pro Megawattstunde. Gleichzeitig ist der jetzt geplante Preisdeckel höher als die 30 Euro pro Megawattstunde, die die beiden Länder eigentlich gefordert haben. Die EU hat den Deckel auf 50 Euro erhöht.

Laut der spanischen Ökologie-Ministerin Teresa Ribera folgen die Einzelheiten der Vereinbarung mit der Europäischen Kommission in den nächsten Tagen. Nächste Woche wird das Abkommen dem spanischen Ministerrat zur Genehmigung vorgelegt.

Für 40 Prozent der Haushalte in Spanien und Portugal halbiert sich die Stromrechnung

Im März 2022 genehmigte der Europäische Rat die „iberische Ausnahmeregelung“, die es beiden Ländern ermöglicht, Sondermaßnahmen zu ergreifen und die Auswirkungen der extrem schwankenden Gaspreise auf die Stromrechnungen zu vermeiden.

Begründet wurde die Ausnahme damit, dass die beiden Länder kaum an das restliche europäische Stromnetz angebunden sind und zudem mehr als andere EU-Staaten auf erneuerbare Energiequellen setzen – folglich weniger von Erdgas abhängig sind. Vor allem Spanien wird von vielen Experten als „Energieinsel“ im Vergleich zum Rest der EU bezeichnet.

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Sonderfall Spanien: Stromrechnungen folgen den Tageskursen der Strombörse

Schon im Herbst vergangenen Jahres erreichten in Spanien die Strompreise historische Höhen. Bis zu 220 Euro pro Megawattstunde kostete er. Ein Jahr davor waren es noch etwa 40 Euro. Aber wie kam es dazu? Vom Krieg Russlands gegen die Ukraine war man da noch weit entfernt.

Die Ursache liegt in einer anderen Preisgestaltung bzw. anderen Verträgen. In Österreich oder auch Deutschland gibt es z.B. Jahresvorschreibungen für den Strom. Flexible Tarife gibt es auch hierzulande, aber sie sind vergleichsweise selten. In Spanien aber bilden die Strompreise die Schwankungen der Börse sofort ab. Und nachdem Gaspreise schon im Herbst schwankten – und diese den Strompreis bestimmen – schnellten die Preise in die Höhe.

Als erste Maßnahme senkte die spanische Regierung unter Pedro Sanchez die Mehrwertsteuer auf Strom von 21 auf 10 Prozent. Als absehbar war, dass das nicht reicht, setzte sie sich für einen Preisdeckel ein. Für Österreich könnte eine derartige Regelung den Strompreis halbieren, wie der ehemalige Verbund-Vorstand und frühere Bundeskanzler Christian Kern schätzt.  Kern findet die iberische Initiative jedenfalls richtig:

„Strom- und Gasmärkte müssen entkoppelt werden. Wenn viele Menschen nicht mehr wissen, wie sie ihre Heizkosten bezahlen, muss die Gesellschaft sagen: Das geht nicht!“

Neben dem raschen Ausbau erneuerbarer Energie braucht Europa eine andere Marktarchitektur, damit nicht ein einziges Gaskraftwerk den Preis hochtreiben kann.

Unklar ist, ob die „iberische Ausnahmeregelung“ nun zu Nachahmern führt. Denn auch Frankreich ist weniger Erdgas-abhängig, sondern setzt stark auf Atomenergie – ebenfalls eine günstigere Alternative als Erdgas. Frankreich hat deshalb in den letzten Monaten ebenfalls für die Entkoppelung von Strom- und Gaspreisen geworben. In Österreich hat das Finanzministerium die Kopplung des Strompreises an den teuren Gaspreis am Freitag kurz infrage gestellt, ist aber wenige Stunden später wieder zurück gerudert.

Allgemeines Problem beim Strompreis: Fossile Rohstoffe bestimmen den Strompreis für alle – auch wenn es billiger ginge

Zum Hintergrund wie der Strommarkt funktioniert: Strom kann nicht gelagert werden, weshalb die Energieversorger täglich exakt so viel Strom kaufen und einspeisen müssen, wie an einem Tag verbraucht wird. Kaufen sie zu wenig, bricht das Netz zusammen. Kaufen sie zu viel, haben sie Geld aus dem Fenster geworfen.

Nur die letzten Spitzen müssen die Energieversorger jeden Tag an der europäischen Strombörse dazu kaufen – und diese paar Prozent Strom sind es, die jetzt den Preis in die Höhe treiben. „Das zentrale Problem ist, dass der Preis von fossilen Rohstoffen den Börsenpreis bestimmen und der wird an den Strompreis für die Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben“, sagt Energieexperte Josef Thoman. Das ist die wesentliche Ursache für die aktuellen Preissteigerungen.

Auf den Strombörsen entsteht der Preis nach dem „Merit-Order-Modell“ (zu Deutsch: Reihenfolge der Vorteilhaftigkeit): Die Kraftwerke speisen den Strom der Reihe nach ins Netz ein. Am Beginn stehen beispielsweise oft Sonne-, Wasser- und Windkraftwerke mit den günstigsten Produktionskosten. Danach werden solange teurere Kraftwerke hinzugenommen, bis der aktuelle Bedarf gedeckt ist. Der Preis des zuletzt eingespeisten Kraftwerks bestimmt den Strompreis.

Debatte um Entkoppelung der Strom- von Gaspreisen

 

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Daniel
Daniel
6. Mai 2022 19:19

Der Artikel erwähnt, dass exakt so viel Strom ins Netz eingespeist werden muss, wie entnommen, damit das Stromnetz nicht zusammenbricht und niemand Strom bekommt. Wenn nun Gaskraftwerke kein Gas bekommen, weil Lieferanten nicht bereit sind um 40€/MWh zu verkaufen, woher kommt dann der fehlende Strom

Luis
Luis
Reply to  Daniel
6. Mai 2022 22:23

Sie bekommen schon Gas, wobei der Gaspreis für diese Kraftwerke gedeckelt ist. Die Differenz übernimmt … der Staat … und somit der Bürger. Symbolpolitik ist da noch harmlos ausgedrückt!
Es macht auch das Strompreislabbeling keinen Sinn, wenn ich dann nicht die Kosten der gewählten Energieträger zahle…

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