Kultur

Regierung lässt Kulturszene im Stich: Après Ski wird bevorzugt

Wir haben ein kulturpolitisch holpriges halbes Jahr hinter uns – gelinde gesagt. Die Regierung hat es verabsäumt, den Sommer für intensive Planungen zu nutzen. Während die Regelungen für Après Ski und Weihnachtsmärkte schon jetzt fast fertig sind, kommt die Herbst- und Wintersaison für die Kultur viel unvorbereiteter. Es braucht also endlich einen wirksamen Rettungsschirm für Kunst und Kultur. Sonst wird am Ende jeder eine Kulturinstitution kennen, die die Corona-Krise nicht überlebt hat.

Der Sommer wäre die richtige Zeit gewesen, Vorkehrungen zu treffen, Pläne zu schmieden, Gespräche zu führen. Der Kanzler hat es jedoch vorgezogen, die Zeit mit Pressekonferenzen und TV-Reden zu füllen, statt inhaltliche Arbeit zu leisten.

Das Ergebnis: Wir haben gesundheitspolitisch unseren Vorsprung verspielt. Für die Kulturinstitutionen und Kulturschaffenden ist die Situation genauso prekär wie vor dem Sommer. Und die Aussicht ist düster. Denn es fehlt auch sechs Monate nach Beginn der Krise immer noch an konkreten Konzepten und Plänen, an die sich die Kunst-, Kultur- und Kreativschaffenden dieses Landes halten können. Und es fehlt auch an ausreichend finanzieller Unterstützung.

Kinos und Theater bleiben leer.

Vor uns: Kulturelle Mondlandschaften

Durch die leider notwendigen, kurzfristig verschärften Coronamaßnahmen sind die „kulturellen Pflänzchen“ des Sommers wieder im Eingehen begriffen. Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, stehen wir am Ende der Pandemie vor „kulturellen Mondlandschaften“, wie Thomas Drozda (SPÖ) und Sepp Schellhorn (Neos) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Donnerstag warnen.

Vielleicht haben wir nächsten Sommer gesundheitspolitisch wieder eine Rückkehr zur Normalität – wenn wir Glück haben. Für viele Kulturinstitutionen und Künstlerinnen und Künstler wird es diese Rückkehr aber dann nicht mehr geben, weil sie über ein Jahr ohne Einnahmen, ohne die Möglichkeit zu arbeiten, nicht überleben werden.

Kulturinstitutionen schließen, Kunstschaffende lassen sich in andere Berufe umschulen, Vielfalt und Buntheit des kulturellen Lebens ist tot. Gestorben den stillen Corona-Tod.

Kulturschaffende wehren sich

Die Bundesregierung muss jetzt endlich in die Gänge kommen. Wie dramatisch die Situation ist, zeigen auch eine Petitionen von Betroffenen. „Es ist Gefahr in Verzug! Rettungsmaßnahmen für Kunst und Kultur jetzt gefordert!“, heißt die Petition der IG Kultur.

Petition

Es ist Gefahr in Verzug! Rettungsmaßnahmen für Kunst und Kultur jetzt gefordert!

Zur Petition geht’s hier.

Rettungsschirm dringend gesucht

Wir müssen nachhaltigen Schaden vom Kulturland Österreich abwenden. Dafür braucht es neben bereits bekannter Forderungen drei Dinge – und zwar rasch:

  1. Wenn wir wollen, dass im Frühjahr/Sommer 2021 kulturelles Leben stattfindet, müssen jetzt die Planungen beginnen. Dafür braucht es staatliche Garantien. Niemand weiß, wie sich die Situation entwickeln wird, hier kann nur der Staat einspringen. Für die Filmschaffenden ist das bereits geschehen, hier wurde ein eigener Haftungsschirm geschaffen. Was ist jedoch mit all den Veranstaltern aus anderen Bereichen?
  2. Zweitens braucht es dringend breite finanzielle Unterstützung für die Umsetzung von Hygienekonzepten. Hier würden für den Tourismus Unterstützungsmöglichkeiten geschaffen, warum nicht für die Kultur?
  3. Drittens braucht es einen lebendigen Diskurs mit den Kulturschaffenden, dem auch Taten folgen: Klare Rahmenbedingungen und Planungssicherheit, wie Veranstaltungen stattfinden können – die Ampel ist derzeit leider das Gegenteil davon.

Die Ampel hätte ein sinnvolles Instrument sein können, um dezentral Regeln aufzustellen. Sie wurde leider aus politischen Eifersüchteleien vom Bundeskanzler politisch zerstört. Es ist jetzt am Kulturminister (das ist übrigens Werner Kogler, auch wenn man es nicht merkt) und an der Kulturstaatssekretärin, mit den Künstlerinnen und Künstlern, den Institutionen und Kulturvereinen und den Veranstaltern in einen Dialog zu treten und sie aktiv in alle Planungen und Maßnahmen einzubinden.

Stattdessen: Durcheinander

Hinzu kommen vor allem die finanzielle Kompensation für fehlende Einnahmen und die Verlängerung der Unterstützungsmaßnahmen. Statt eines umfassenden Rettungsschirms wurden zahlreiche Fonds geschaffen. Jeder Fonds mit seinen eigenen Regeln, seiner eigenen Bürokratie und seinen eigenen Richtlinien.

Ein besonderes Kapitel ist dabei der Fonds für gemeinnützige Einrichtungen: Erst nach Monaten im Juli gestartet und jetzt schon reparaturbedürftig. Bei diesem verringern vorzeitig ausbezahlte Subventionen – eigentlich gut gemeint – die Unterstützung. Die Kurzarbeitsunterstützung wird ebenfalls als Einnahme gezählt, obwohl Personalkosten nicht zu den Ausgaben gerechnet werden. Auch Investitionen werden bestraft. Kein Wunder, dass nur 14,8 Prozent der Anträge aus dem Bereich Kunst und Kultur kommen. Und an die Kulturbranche gingen nur 9,5 Prozent des ausbezahlten Volumens!

Die Bundesregierung hat auf Druck der Kulturschaffenden und der Opposition nun Maßnahmen angekündigt. Es wird abzuwarten sein, ob es bei diesen Ankündigungen bleibt, oder endlich umfassende Maßnahmen folgen.

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