Warum sind manche Länder reicher als andere? Genau dieser Frage gehen die Ökonomen Daron Acemoglu, Simon Johnson und James Robinson nach. Ihre Erkenntnis: Starke demokratische Institutionen wie freie Wahlen, unabhängige Gerichte und Parlamente, die im Interesse der Bevölkerung Gesetze beschließen, erhöhen den Wohlstand eines Staates. Aber auch ein vielseitiges Bildungsangebot und Forschungseinrichtungen zählen dazu. Für ihre Studien erhielten sie 2024 den Nobelpreis für Ökonomie.
Historische Analyse: Demokratische Institutionen fördern den nationalen Wohlstand
Warum sind einige Staaten wohlhabend, während andere in Armut leben? Die Wirtschaftswissenschaftler Daron Acemoglu, Simon Johnson und James A. Robinson suchen in ihren Forschungsarbeiten nach Antworten. Sie untersuchen, wie demokratische Institutionen entstehen und welchen Einfluss sie auf den Wohlstand eines Landes haben. Ihre historischen Analysen zeigen entscheidende Zusammenhänge auf. Die Hauptentdeckung erscheint zunächst wenig spektakulär:
Kolonien mit ausbeuterischen Institutionen, wie Sklaverei und Zwangsarbeit, fördern langfristig Armut. Im Gegensatz dazu entwickeln sich Nachfolgestaaten von Kolonien mit demokratischen Institutionen häufig zu wohlhabenden Volkswirtschaften.
Doch warum sind diese Ergebnisse so bedeutsam? Und welche Institutionen sind gemeint?
Der Nobelpreis für Ökonomie 2024 wurde an Daron Acemoglu, Simon Johnson und James A. Robinson verliehen. Der Ökonom Daron Acemoglu ist türkisch-amerikanischer Staatsbürger und lehrt am Massachusetts Institute of Technology, ebenso wie sein amerikanischer Kollege Simon Johnson. James A. Robinson, britisch-amerikanischer Staatsbürger, ist Politikwissenschaftler und Ökonom an der Universität von Chicago. Die drei Wirtschaftswissenschaftler wurden für ihre Forschungsarbeiten zum Wohlstandsgefälle zwischen den Nationen ausgezeichnet. Ihre Studien untersuchen, wie demokratische Institutionen entstehen und welchen Einfluss sie auf den Wohlstand eines Landes haben.
Diese demokratischen Institutionen sind Schlüssel zum Wohlstand
Zu den grundlegenden Strukturen, die den Wohlstand fördern, zählt die Bundesverfassung. Diese legt die grundlegenden Regeln eines Staates fest. Die Gewaltenteilung verteilt die Macht auf drei Bereiche: Legislative (Gesetzgebung, Parlament), Exekutive (setzen die Gesetze um, wie Regierung, Verwaltung, Polizei etc.) und Judikative (urteilen über die Einhaltung der Gesetze, Gerichte). Demnach zählen zu den zentralen Elementen ein demokratisch gewähltes Staatsoberhaupt, ein Parlament, das die Interessen der Bürger:innen vertritt, und Gerichtshöfe, die für die gerechte Anwendung der Gesetze sorgen. Auch ein vielseitiges Bildungsangebot und Forschungseinrichtungen sind wichtige Instrumente der Demokratie.
Nach Acemoglu, Johnson und Robinson sind diese Institutionen entscheidend für den Wohlstand einer Gesellschaft. Im Gegensatz dazu schwächen fehlende und ausbeuterische Institutionen sowie mangelnde Rechtsstaatlichkeit ein Land. Die Wirtschaft leidet und Armut wird begünstigt. Es kommt zu weiteren Folgen, die die Problematik noch verstärken: Investoren meiden Gebiete, in denen Korruption und Rechtsunsicherheit herrschen, da sie um ihre Gewinne fürchten.
Das Fazit ist klar: Der Wohlstand eines Landes hängt nicht vom Schicksal oder der Geografie ab, sondern von den Institutionen und dem demokratischen Regelwerk. Anders formuliert: Demokratie zahlt sich aus.
Die Bedeutung demokratischer Institutionen in autokratisch regierten Ländern
Die Studien der Forscher basieren auf historischen Beispielen und bieten tiefere Einblicke in die Entwicklung von Gesellschaften. Ein bemerkenswerter Vergleich ist der zwischen Nord- und Südkorea sowie Botswana und Simbabwe. Diese Beispiele verdeutlichen die Auswirkungen unterschiedlicher Institutionen auf zwei ursprünglich ähnliche Gesellschaften. Während sich Südkorea und Botswana dank demokratischer Institutionen zu wohlhabenden Ländern entwickelten, leiden Simbabwe und Nordkorea bis heute unter autoritären Strukturen. In Nordkorea leben etwa 40 % der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. In Simbabwe leben rund drei Viertel der Bevölkerung unterhalb der nationalen Armutsgrenze.
Die Bedeutung der Studien wird noch klarer, wenn man die Begründung des Nobelkomitees genauer betrachtet.
„Die Reduzierung der großen Einkommensunterschiede zwischen Ländern ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Die Preisträger haben die Bedeutung gesellschaftlicher Institutionen für die Erreichung dieses Ziels nachgewiesen,“ sagt Jakob Svensson, Vorsitzender des Nobelkomitees für Wirtschaftswissenschaften.
Vermögen weltweit ungleich verteilt
Ein internationaler Vergleich zeigt, dass die reichsten 20 Prozent der Länder etwa 30-mal wohlhabender sind als die ärmsten 20 Prozent. Diese ungleiche Verteilung des Vermögens stellt eine große Herausforderung dar. Hinzu kommt, dass weltweit immer mehr Demokratien unter Druck geraten. Der Politikwissenschaftler Martin Lundstedt beschreibt die Situation folgendermaßen:
„In der Regel handelt es sich um rechtsextreme Parteien, die entweder ein zweifelhaftes Bekenntnis zur Demokratie äußern oder der Demokratie offen feindlich gegenüberstehen. So greifen sie zum Beispiel oft Aspekte der Medien- und Versammlungsfreiheit an oder wollen die Machtteilung zwischen Exekutive, Parlament und Gerichten untergraben.”
Rechtskonservative Parteien gefährden den Wohlstand einer Gesellschaft
Studien belegen, dass rechtskonservative Parteien dem Wohlstand und der Wirtschaft schaden. In Ländern wie Ungarn, Polen, Frankreich, Italien und Deutschland konnten extrem rechte Parteien bei den letzten Parlamentswahlen massive Zugewinne verzeichnen. Auch die FPÖ legte bei der Nationalratswahl am 29. September 2024 massiv zu. Sie war mit 28,85 % der Stimmen erstmals die stimmenstärkste Partei im Nationalrat.
Diese Entwicklungen sind besorgniserregend, da sie die demokratischen Institutionen schwächen und den Weg für autokratische Strukturen ebnen. Der neue Träger des Nobelpreises für Ökonomie Daron Acemoglu bringt es auf den Punkt: „Ohne Regeln und verlässliche Gesetze funktionieren Märkte nicht.“
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