
Die ÖVP, allen voran Sebastian Kurz und Generalsekretär Karl Nehammer, behauptet gerne, eine „Bewegung“ zu sein, die von „Kleinspendern“ getragen wird. Jetzt zeigt sich auch für die Jahre 2018 und 2019, was schon im Wahlkampfjahr 2017 klar war: Die ÖVP ist die Partei der Großspender. Hohe fünf- und sechsstellige Zahlungen haben österreichische Milliardäre und Konzerne in den letzten anderthalb Jahren getätigt. Sie investieren in Kurz – und hoffen wohl auf Rendite nach der Wahl.
Der Tageszeitung Der Standard wurden Informationen über Spender und Spenderinnen aus den Jahren 2018 und 2019 zugespielt. Denn bis dahin gab es nur Berichte über Wahlkampf-Spenden aus dem Jahr 2017. Alles weitere sollte erst weit nach den anstehenden Wahlen veröffentlicht werden. Auf die Kosten für den heurigen Wahlkampf – Kurz hatte 2017 ja um das Doppelte des gesetzlich Erlaubten überzogen – und die Geldquellen dafür angesprochen, vertröstete Kurz stets auf den Rechnungshof-Bericht. Dieser wird aber praktischerweise eben erst nach dem Wahltag veröffentlicht.
Als die Zeitung die ÖVP informiert, die Spenden öffentlich zu machen, prescht die Kurz-Partei nach vor uns inszeniert sich als Transparenz-Partei, die ihre Spenden offenlegt. Und die Listen haben es in sich. Insgesamt hat sie in diesen eineinhalb Jahren über 2,7 Millionen Euro erhalten – und 98 Prozent dieser Summe stammen aus den Reihen von Milliardären und Unternehmen.
Auf Platz 1: Die Milliardärin Heidi Horten. Die „Kaufhaus-Erbin“ hatte Kurz und seiner Partei in den eineinhalb Jahren 931.000 Euro – also fast 1 Million Euro – gespendet.
Auf Platz 2: Klaus Ortner bzw. seine IGO Industries. Sie haben der ÖVP 2018 430.000 Euro überwiesen, im Jahr darauf 191.000. Macht in Summe 561.000 Euro. Hinzu kommen die 30.000 Euro, die IGO Industries direkt im Wahlkampf 2017 an Kurz gespendet hat – ebenso jene Summen, die er davor der Jungen ÖVP überwiesen hat.
Auf Platz 3: Peter Mitterbauer, Unternehmer und Ex-Präsident der Industrieellenvereinigung. Er hat der ÖVP 2018 166.000 Euro gespendet. 2019 waren es 132.000 Euro.
Warum spendet jemand der ÖVP 200.000, 400.000 oder gar eine Million und stückelt es unauffällig damit es nicht auffällt? Ich vermute, weil man einen privilegierten Zugang zur Macht will, den andere nicht haben und kriegen.
Und genau deshalb sind diese Spenden an Kurz so schlimm— Florian Klenk (@florianklenk) August 22, 2019
Großspenden am Rechnungshof vorbei manövriert
Seit 1. Juli 2019 gilt ein neues Parteispenden-Gesetz – das gegen die Stimmen der ÖVP beschlossen wurde. Jetzt wissen wir auch, warum. Laut dem neuen Gesetz dürfen Einzelpersonen maximal 7.500 Euro an Parteien überweisen; Spenden müssen schon ab 2.500 Euro an den Rechnungshof gemeldet werden. Insgesamt darf eine Partei insgesamt maximal 750.000 Euro Spenden pro Jahr erhalten.
All das ist unbequem für die ÖVP. Denn das Gesetz verhindert Großspenden – und damit den direkten Einfluss von Spendern auf die Politik. Doch die ÖVP hat sogar das alte Gesetz umgangen: Denn bis Juli 2019 musste man Einzelspenden, die höher als 51.000 Euro waren, dem Rechnungshof melden. Journalisten haben jetzt eine Auflistung der ÖVP-Großspenden veröffentlicht, die zeigt, dass SpenderInnen wie Herr Mitterbauer oder Frau Horten ihre sechsstelligen Spenden gestückelt haben. Sie haben Tranchen überwiesen, die jeweils unter der meldepflichtigen Grenze lagen. Und damit fernab der Kenntnis des Rechnungshofs.
Hier sieht man die Spendendeckelung der @volkspartei pic.twitter.com/EZ2b5imExw
— Josef Redl (@Josef_Redl) August 20, 2019
Weniger als 2 Prozent der Spenden stammt von „Kleinspendern“
Suchen wir die von der ÖVP stets betonten Kleinspenden, finden wir diese auf der Liste kaum. Als Kleinspenden gelten Spenden, die weniger als 3.500 Euro betragen.
Rechnet man alle Kleinspenden zusammen, machen sie es 2018 20.000 Euro aus. 2019 etwas mehr: immerhin 30.000 Euro. Rechnet man die beiden Jahre seit Regierungsbeteiligung der ÖVP aus wird klar:
Die 50.000 Euro an Kleinspenden machen gerade einmal 1,7 Prozent der gesamten Spenden-Summe an die ÖVP in eineinhalb Jahren aus.
Weniger als 2 Prozent der Spender aus 2018 und 2019 sind also tatsächlich Kleinspender.
Hier sind die ÖVP-Spenden der Jahre 2017, 2018 und 2019 im Überblick
ÖVP-Spender 2019
wdt_ID Name Summe Was wir wissen Branche 1
Müller Transporte Gesellschaft mbH
7.500
2
Gröller Michael
10.000
Die Allholding Beteiligungsverwaltungs GmbH bündelt alle unternehmerischen Aktivitäten der Familie Michael Gröller. Sein Sohn Heinrich Gröller ist Geschäftsführer. Er ist Vorstandsmitglied der Wiener Industriellen Vereinigung und führt das Zinshausunternehmen seines Vaters mit rund 120 Häusern. Bekannt wurde Heinrich Gröller vor allem durch die sogenannten Berlin-Liste: Er gehört zu jenen Investoren, die Tilo Berlin 2006 und 2007 Geld anvertraut haben, um über ein komplexes Genussscheinmodell an der Kapitalerhöhung (250 Mio. Euro) der Hypo Group Alpe Adria zu profitieren.
Immobilien
3
Barabas Norbert
10.000
4
Oswald Regina
12.000
5
Pagitz Teresa
15.000
Ihr gehören der Großarler Hof, ein Vier-Sterne-Deluxe-Hotel, und Immobilien. Sie ist verheiratet mit Jakob Pagitz aus der Pago-Familie. 2018 wurde sie in den Aufsichtsrat der ÖBB Personenverkehr gewählt. Sie spendete bereits 2017 15.000 Euro an die ÖVP.
Hotellerie
6
Gerhardus Martin
15.000
Gründer und Eigentümer von Myplace Selfstorage. Die Firma beschäftigt 165 Menschen und schreibt knapp 50 Millionen Euro Umsatz jährlich. Das Geschäftsjahr 2017/2018 schloss mit einem Nettogewinn nach Steuern in der Höhe von 13,3 Millionen Euro. Martin und Alexa Gerhardus zahlten bereits 2017 20.000 Euro an die ÖVP.
Immobilien
7
Berndt Traudi
20.000
8
Berndt Wolfgang C.
20.000
Der 76-Jährige ehemalige Procter&Gamble-Manager spendete an die Junge ÖVP. Im Mai 2019 wurde er Aufsichtsratsvorsitzender der teilstaatlichen OMV.
Berndt sitzt außerdem im Aufsichtsrat von zwei Gesellschaften eines anderen Kurz-Spenders: Der Miba AG und der Mitterbauer Beteiligungs-AG von Peter Mitterbauer. Mitterbauer und Berndt zählen beide zur ÖIAG-Clique. Er zahlte 2017 bereits 25.000 Euro an die ÖVP.Industrie
9
Böhm Martin
20.000
Böhm ist Manager des Dorotheum und Trauzeuge des Medienunternehmers Christoph Dichand. Als das Dorotheum 2001 unter Finanzminister Grasser privatisiert wurde, ging es in den Besitz der Kärntner Unternehmerbrüder Erwin und Hanno Soravia (Soravia Group) und von Christoph Dichand über. Sie besitzen ihre Anteile über das Internetauktionshaus OneTwoSold, zu dem auch Böhm gehört. Die Privatisierung wurde vom Rechnungshof wegen geringer Erlöse kritisiert, es gab auch Ermittlungen, die aber eingestellt wurden. Er zahlte bereits 2017 100.000 Euro.
Handel
10
MKB Holding GmbH
20.000
ÖVP-Spender 2018
wdt_ID Name Summe Was wir wissen Branche 1
Verein Historische Gebäude Österreich
10.000,00
Bis 2018 hieß der Verein "Burgenverein". Er kümmert sich um den Erhalt von Burgen und Schlössern in Privatbesitz als Wohnraum. Der Verein wird von Alexander Kottulinsky (seines Zeichens Nachkomme von Erzherzog Johann, versichert hauptberuflich Burgen und Schlösser) Fürstin Marie von und zu Liechtenstein (Ehefrau des liechtensteinschen Staatsoberhauptes) geleitet.
Nach eigenen Angaben ist die Zielgruppe die "A-Schicht".Immobilien
2
Dr. Andreas Grohs
15.000,00
Rechtsanwalt
3
PremiQaMed Holding GmbH
25.000,00
Es handelt sich um die Holding der Privatspitäler der UNIQA-Versicherung. Mit der schwarz-blauen Sozialversicherungsreform wurde der Fonds, aus dem SV-Gelder an Privat-Spitäler fließt, für die UNIQA-Privatkliniken zugänglich gemacht.
Gesundheit
4
Gerd Alexander Schütz
45.000,00
Gründer und Vorstand des Vermögensverwalters C-Quadrat.
Mit dem Wahlsieg der ÖVP kam auch Bewegung in die berufliche und politische Karriere von Ehefrau Eva Hieblinger-Schütz. Als die Koalitionsverhandlungen zwischen Türkis und Blau begannen, saß Hieblinger-Schütz dann schon auf der Seite der ÖVP und verhandelte in der Justiz-Gruppe mit. ÖVP-Minister Hartwig Löger holte die Anwältin ins Finanzministerium, mit einem Vertrag als stellvertretende Kabinettschefin. Sowie als Büroleiterin von Thomas Schmid, damals Generalsekretär des Ministeriums. Hieblinger-Schütz wechselte ins Ministerium für den Öffentlichen Dienst und für Sport, das seit dem Abgang von Heinz-Christian Strache auch von Experten-Finanzminister Eduard Müller geleitet wird. Hieblinger-Schütz ist seit 2018 auch im Aufsichtsrat der ÖBB-Infrastruktur. Finanzwirtschaft
5
ELIN GmbH & CO KG
47.000,00
Gesellschafter und Kommanditist der ELIN ist IGO Technologies GmbH, Geschäftsführung: Iris und Klaus Ortner.
Die Familie Ortner ist die 44. reichste Familie in Österreich, ihr Vermögen wird auf 915 Mio. Euro geschätzt. Ihnen gehört die IGO Ortner-Gruppe und sie sind Hauptaktionär der Porr AG (38 %). Er hat laut Recherchen von Kurier und Trend rund 1 Mio. für Sebastian Kurz gespendet - gestückelt und aufgeteilt auf die Jahre 2017,2018 und 2019.
Klaus Ortner will die vorzeitige Anhebung des Frauenpensionsalters, weil Frauen länger leben. Seine Gegnerschaft zu Erbschafts- und Vermögenssteuern hat er schon angekündigt: „Ich bin der Gesellschaft nichts schuldig. Ich habe genug Steuern gezahlt.“ (Klaus Ortner, Die Presse 24.07.2017)
Klaus Ortner ist ebenfalls Mitglied der Tiroler "Adler-Runde".
Ortners Tochter wurde von der Regierung Kurz in den Aufsichtsrat der neuen Staatsholding ÖBAG berufen - Ortner will das freilich nicht im Zusammenhang mit seinen finanziellen Zuwendungen an die ÖVP sehen.Industrie
6
Esola Beteiligungsverwaltung GmbH
90.000,00
Steht über eine Privatstiftung des Vorarlberger Fruchtsaftkönigs Rauch. Der 52-jährige Saftkonzern-Erbe Jürgen Rauch ist mit Sebastian Kurz befreundet.
Lebensmittel
7
RSG Beteiligung GmbH
95.000,00
Wie auch die Esola Beteiligungsverwaltung gehört sie der Rauch-Privatstiftung. Damit belaufen sich die Spenden der Familie Rauch auf 225.000 Euro.
Lebensmittel
8
DI DDr. Hc. Peter Mitterbauer
166.000,00
Ehemaliger Vorstandsvorsitzender des Technologiekonzerns Miba AG, die er seinem Sohn übergeben hat. Zuletzt erwirtschaftete die Gruppe einen Umsatz von knapp 888 Millionen Euro.
Seine Tochter, Maria-Theresia Niss-Mitterbauer, kandidierte im selben Jahr für die ÖVP auf Platz zwei der Wiener Landesliste und sitzt jetzt im Nationalrat.Industrie
9
IGO Industries GmbH
430.000,00
10
Heidi Goess-Horton
588.000,00
Erbin des "Kaufhaus-Milliardärs" Helmut Horten, der sein Imperium auf der Arisierung, also der Enteignung jüdischer Kaufhäuser, aufbaute. Sie gehört zu den reichsten Frauen Europas. Sie hat 2018 und 2019 das meiste Geld an die ÖVP gezahlt - gestückelt und somit am Rechnungshof vorbei.
Privatier
ÖVP-Spender 2017
wdt_ID | Spender | Betrag | Was wissen wir? | Branche |
---|---|---|---|---|
1 | Abensperg und Traun, Benedikt | 20.000 | Stammt aus der oberösterreichischen Adelsfamilie Abensperg und Traun. Die Familie besitzt fünf Schlösser samt 7.506 Hektar Land und Forstflächen. Benedikt verdient sein Geld mit dem Forstbetrieb und Immobilien, außerdem investiert er sein Geld in Windkraftwerke. Nebenher betreibt er einen Polo-Club, für den er einen eigenen Zuchtstall in Argentinien betreibt. |
Landwirtschaft |
2 | Allinvest Unternehmensbeteiligung | 11.000 | Eine Tochter der Allholding Beteiligungsverwaltungs GmbH, die alle unternehmerischen Aktivitäten der Familie Michael Gröller bündelt. Sohn Heinrich Gröller ist Geschäftsführer. Er ist Vorstandsmitglied der Wiener Industriellen Vereinigung und führt das Zinshausunternehmen seines Vaters mit rund 120 Häusern. Bekannt wurde Heinrich Gröller vor allem durch die sogenannten Berlin-Liste: Er gehört zu jenen Investoren, die Tilo Berlin 2006 und 2007 Geld anvertraut haben, um über ein komplexes Genussscheinmodell an der Kapitalerhöhung (250 Mio. Euro) der Hypo Group Alpe Adria zu profitieren. |
Immobilien |
3 | ASMAG GmbH | 7.000 | Geschäftsführer ist Johann Vielhaber, der seit über dreißig Jahren das Unternehmen im Bereich Rohr- und Profilherstellung aus Scharnstein in Oberösterreich führt. | Industrie |
4 | Berghofer Günther | 5.000 | Chef der Firma Adler Lacke. | Industrie |
6 | Böhm Martin | 100.000 | Böhm ist Manager des Dorotheum und Trauzeuge des Medienunternehmers Christoph Dichand. Als das Dorotheum 2001 unter Finanzminister Grasser privatisiert wurde, ging es in den Besitz der Kärntner Unternehmerbrüder Erwin und Hanno Soravia (Soravia Group) und von Christoph Dichand über. Sie besitzen ihre Anteile über das Internetauktionshaus OneTwoSold, zu dem auch Böhm gehört. Die Privatisierung wurde vom Rechnungshof wegen geringer Erlöse kritisiert, es gab auch Ermittlungen, die aber eingestellt wurden. |
Pfandleiher |
7 | Braun Markus Dr. | 70.000 | CEO und CTO der Wirecard AG seit 2002. Die Wirecard AG ist ein börsennotiertes und weltweit tätiges Unternehmen, das sein Geld mit dem Zahlungsverkehr im Internet verdient. Die Firma wird seit Jahren wegen undurchsichtiger oder vermeintlich unsauberer Bilanzpraktiken kritisiert, die Vorwürfe reichen bis zur Geldwäsche. | Finanzwirtschaft |
8 | Chalupa Michael – Immobilienverwaltung GmbH | 6.000 | Besteht seit 1960, vermittelt und verwaltet Immobilien. | Immobilien |
9 | Dressler Gustav | 5.000 | Der Geschäftsführer der 3 Banken Generali Invest verwaltet 8,7 Milliarden Euro, vorher Chase Manhattan Bank und Meinl Bank. Bei den Finanzgesprächen in Alpach sagt Dressler: „Kurz ist wohl die letzte Chance, dass Österreich eine notwendige Änderung durch eine neue Bewegung erfährt, deshalb meine Spende.“ | Finanzwirtschaft |
10 | Eglo Leuchten GmbH | 5.000 | Die Firma mit einem Umsatz von 441,5 Millionen Euro gehört der Familie Obwieser (Christian/Elisabeth/Ludwig). | Industrie |
11 | ep media Werbeagentur GmbH | 5.000 | auf Immobilienunternehmen spezialisierte Kommunikationsagentur, die etwa Eigentumswohnungen über Facebook anbietet. Eigentümer sind die Immobilienunternehmer Reinhard und Iris Einwaller, die auch jährlich den Immobilienball veranstalten. | Immobilien |
