Gesellschaft

Weniger Hektik und Einsamkeit: Supermarkt in Niederlanden hat „Plauderkassen“

Foto: Jumbo Pressefoto

Die niederländische Supermarkt-Kette „Jumbo“ hat 2019 erstmals langsamere Kassen eingeführt. Die Idee: Dort haben die Kund:innen nicht nur mehr Zeit zum Bezahlen und Einpacken, sondern auch, um mit den Kassierer:innen ins Gespräch zu kommen. Das Ziel ist, der grassierenden Einsamkeit, vor allem im Alter, entgegenzuwirken. Mittlerweile haben 200 der 700 „Jumbo“-Filialen derartige Plauderkassen.

Ein Problem, mit dem ältere Menschen weltweit konfrontiert sind, ist Einsamkeit. Familienangehörige sind weggezogen, Freund:innen verstorben oder erkrankt. Zudem erschweren Hektik und noch unvertraute Techniken und Prozesse den Alltag. In städtischen Gebieten kommt dann auch noch Anonymität hinzu. Der Gang in den Supermarkt heißt zwar, mal aus den eigenen vier Wänden rauszukommen. Gleichzeitig muss dort an der Kassa alles schnell gehen. Eine kurze Begrüßung, dann muss man auch schon schnell alle Lebensmittel in die Einkaufstasche werfen und bezahlen – das ist Stress.

2019 hat die niederländische Lebensmittelkette „Jumbo“ etwas Neues ausprobiert. Im Rahmen einer Kampagne gegen Einsamkeit der niederländischen Regierung installierte man langsamere Kassen.

Laut einer Befragung fühlt sich jeder Zehnte in den Niederlanden einsam. Von den 1,3 Millionen Erwachsenen über 75 Jahre sagt das sogar jeder Dritte.

Die Kampagne der Regierung adressierte zum einen ältere Menschen und ermutigte sie, hinauszugehen und etwas zu unternehmen. Zum anderen hat man an alle in der Bevölkerung appelliert, sich bei den eigenen älteren Verwandten und Nachbarn im Haus mal zu melden.

Die Supermarktkette hat sich auf ihre Weise des Themas angenommen. Die Kette hat über 700 Filialen im Land und hat eine „Kletskassa“, also eine „Plauderkassa“ eingerichtet, um den Stress beim Bezahlen herauszunehmen und die Möglichkeit zu geben, sich zu unterhalten. Die erste dieser Kassen wurde in der Stadt Vlijmen installiert. Die Idee wurde so gut aufgenommen, dass das Unternehmen landesweit in 200 Filialen Plauderkassen eingeführt hat. Zusätzlich hat man auch Plauderecken eingerichtet, in der sich die Kund:innen zum Kaffee treffen können. Die Mitarbeiter:innen der Supermarktkette werden zudem darin geschult, zu erkennen, wenn es jemandem nicht so gut geht – und das Gespräch zu suchen.

Plauderkassen: nette Idee, aber keine Umsetzung in Österreich

In Österreich gibt es derartige Initiativen noch nicht – und wird es auch in nächster Zukunft nicht geben. Eine Nachfrage bei Supermarktketten hierzulande ergab, dass Plauderkassen, wie man sie jetzt aus den Niederlanden kennt, hier keine Umsetzung finden. Eine solche Plauderkassa sei zwar „eine nette Idee“, doch „in der Praxis schwer umsetzbar“, wie Unternehmenssprecher:innen nach einer Kontrast-Anfrage antworten. Die Kassa sei „ein neuralgischer Punkt“ in jedem Supermarkt und die meisten Kund:innen wollen in erster Linie schnell ihren Einkauf erledigt haben. „Kassen, die irgendetwas Besonderes bieten, funktionieren in der Praxis nicht gut. Zum Beispiel gibt es auch zahlreiche Versuche mit Süßigkeitsfreien Kassen. Aber letztendlich stellen sich Eltern mit Kindern dann doch immer dort an, wo es am schnellsten geht“, erklärt man uns. Man möchte zudem ältere Menschen nicht in die Situation bringen, zeigen zu müssen, dass sie sich einsam fühlen, indem man sie ermuntert, gesonderte Kassen zu nützen.

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