Frauen verdienen in Österreich fast 20 Prozent weniger als Männer, erhalten um 41 Prozent weniger Pension und übernehmen einen Großteil der unbezahlten Arbeit im Care-Bereich. Seit der Corona-Krise hat sich diese Mehrfachbelastung weiter verstärkt. Wie die Chance auf eine gerechtere Gesellschaft mit einer Arbeitszeitverkürzung zusammenhängt, erklärt Ökonomin Mader im Kontrast-Interview.
Was hat Arbeitszeit mit Geschlechtergerechtigkeit zu tun?
Mader: Wir sehen noch immer eine sehr ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern. Zwei Drittel der bezahlten Arbeit machen die Männer und ein Drittel die Frauen. Bei unbezahlter Arbeit ist es genau umgekehrt. 75% aller Mütter mit Kindern arbeiten Teilzeit in Österreich. Das ist ein massiver Indikator dafür, dass Frauen tendenziell Zuverdienerinnen sind und Männer eher die Rolle der Familienernährer übernehmen, deutlich mehr Arbeitsstunden leisten und eine höhere Erwerbsquote haben. Väter arbeiten übrigens sogar mehr als andere Männer. Das soll kein Vorwurf sein, denn sie leisten viele bezahlte Arbeitsstunden.
Wie bezahlte und unbezahlte Arbeit verteilt ist, hängt also ganz stark mit den Geschlechterverhältnissen zusammen.
Die Teilzeitquoten von Männern und Frauen sind in Österreich besonders ungleich. Warum ist Teilzeit 2020 immer noch so weiblich?
Mader: Einerseits wegen der unbezahlten Arbeit. Andererseits gibt es in typischen Frauenberufen oft nur Teilzeitarbeitsplätze. Ladenöffnungszeiten oder Schichtzeiten werden in diesen Berufen von mehreren Teilzeitbeschäftigten erledigt. Allerdings war ja Teilzeit nicht immer etwas Böses. Es war genau die Idee, Frauen finanzielle Unabhängigkeit zu ermöglichen. Durch den Fokus auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie nehmen es insbesondere Frauen in Anspruch. Doch viel wesentlicher ist, dass unser Versicherungssystem so stark auf einen 40-Stunden-Job aufgebaut ist, der durchgängig 40 Jahre ausgeübt wird. Dass darüber hinaus der gesamte Durchrechnungszeitraum für die Pension herangezogen wird, hat das Problem nochmals verschärft. Teilzeitbeschäftigung wäre mit existenzsichernden Löhnen nichts Schlechtes. Doch unter diesen Bedingungen bedeutet Teilzeit oft nicht nur finanzielle Abhängigkeit, sondern am Ende des Tages auch Altersarmut.
Es ist deshalb wichtig, über generelle Teilzeit zu reden und damit generelle Arbeitszeitverkürzungen zu meinen. Das Thema muss wieder positiv besetzt werden.
Frauen begründen ihre Entscheidung, Teilzeit zu arbeiten in erster Linie mit anderen Verpflichtungen wie Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen. Männer entscheiden sich eher aus persönlichen Gründen dafür. Würde eine generelle Arbeitszeitverkürzung überhaupt zu einer gerechteren Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit führen?
Mader: Aus meiner Perspektive ist es die Vorbedingung, damit überhaupt gerechter verteilt werden kann. Es ist aber keine Garantie. Wenn man Arbeitszeit verkürzt, dann können die Zuschreibungen aufgebrochen werden, dass Väter Familienernährer und Mütter für die Kinder zuständig sein müssen. Tatsächlich sehen wir z.B. in Frankreich, wo im Jahr 2000 eine Arbeitszeitverkürzung eingeführt wurde, dass in Hinblick auf dieses Thema überhaupt nichts passiert ist. Es war auch nicht das Ziel, damit gleichzeitig Geschlechtergerechtigkeit zu forcieren.
Wir haben auch nach der letzten Wirtschaftskrise gesehen, dass viele Menschen – besonders in der produzierenden Industrie – nach der Erfahrung von Kurzarbeit später die Freizeitoption gewählt haben. Das sind oft Männer, die dann mehr Freizeit hatten und nicht zusätzlich unbezahlte Arbeit übernommen haben. Wenn man parallel keine Gleichstellungsmaßnahmen einführt, dann wird automatisch gar nichts passieren.
Rollenzuschreibungen schlagen ökonomische Bedingungen. Nur weil man mehr Zeitressourcen zur Verfügung hat, heißt das nicht, dass man damit automatisch Rollen neu verhandelt und neu aufteilt.
Island gilt als großes Vorbild, wenn es um die Rollenverteilung von Männern und Frauen geht. Warum gehen dort über 90% der Väter in Karenz und in Österreich ist es nur etwa ein Fünftel?
Mader: Nicht nur Island, sondern auch die meisten nordischen Länder haben verpflichtend geteilte Karenzzeiten. Meistens wird dabei gedrittelt: Bei Paarhaushalten übernimmt der Vater einen Teil, die Mutter einen Teil und den dritten Teil können sie sich so aufteilen, wie sie wollen. In einigen nordischen Ländern ist es auch so, dass man sich Zeiten sparen kann und z.B. auch später einmal länger auf Urlaub fahren kann. Dort ist das ein Familienzeitthema. Es liegt also nicht nur an finanziellen Überlegungen, sondern auch an unserer Sprache und den vorherrschenden Rollenzuschreibungen. Gerade in Österreich hören wir oft von Mobbingvorfällen am Arbeitsplatz, wenn Väter in Karenz gehen wollen. All das kann ich auflösen, wenn verpflichtende Teile der Karenz den Männern gehören.
Was wäre ein gutes Modell zur Vereinbarkeit von Pflegetätigkeiten und Erwerbsarbeit, das auch Geschlechtergerechtigkeit forciert?
Mader: Erstens müssen wir viel mehr darüber reden. Zweitens müssen wir aufzeigen, dass Pflege in Österreich entweder im familiären Bereich oder über die 24-Stunden-Betreuerinnen organisiert wird. Beides sind echte Hilfskonstruktionen dafür, dass sich der Staat aus der Verantwortung stiehlt. Wir tun so, als wäre würdevolles Altern keine staatliche Aufgabe, so wie es Kinderbetreuung oder Schulen sind. In der familiären Pflege ist es heute häufig so, dass die Töchter und Schwiegertöchter selbst mitten im Erwerbsleben stehen und auf Pensionsjahre nicht verzichten können. Deshalb müssen wir das als staatliche Aufgabe sehen, die unserer Gesellschaft etwas wert ist. Dass das nicht so ist, ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar, denn wir wissen doch, dass wir selbst einmal in der Position sein werden, wo wir Unterstützung und Hilfe oder sogar Pflege und durchgängige Betreuung brauchen. Wir wollen dann doch auch alle von qualitätsvoller Pflege abhängig sein und nicht von irgendwelchen Hilfskonstruktionen.
Laut deiner Studie hat die Mehrfachbelastung für Frauen in der Corona-Krise noch weiter zugenommen. Gibt es eine Chance, aus dieser Krise in Bezug auf Arbeitszeitverkürzung und Geschlechtergerechtigkeit gestärkt herauszukommen?
Mader: Ich habe die letzte Wirtschaftskrise wissenschaftlich schon mitbekommen und mir auch bei anderen Wirtschaftskrisen angeschaut, ob sie grundsätzlich Chancen für mehr Geschlechtergerechtigkeit bergen. Aber Krisen sind zuallererst Krisen. Krise heißt, dass Menschen keine Existenzsicherheit haben und große Unsicherheit vorherrscht. Positive Veränderungen sind unter diesen Voraussetzungen schwierig. Allerdings ist das Thema jetzt sichtbar geworden, weil es medial und in den Haushalten selbst diskutiert wurde. Es ist zum allerersten Mal Vätern klar geworden, was passiert, wenn Kinder 24 Stunden da sind. Das haben Mütter vorher gewusst, viele Väter nicht. Das ist schon eine Chance an dieser Krise.
Bei den vorhandenen Ungleichheiten und der sozialen Krise kann man sich jetzt nicht mehr die Ohren und Augen zuhalten. Hinschauen muss man. Wie wir damit individuell, politisch und gesellschaftlich umgehen, ist die große Gretchenfrage.
Es kann auch sein, dass gar keine positiven Veränderungen passieren werden, weil niemand an Geschlechtergerechtigkeit denkt, sondern alle nur zurück zur Normalität wollen. Zu einer Normalität, die traditionell und ungleich ist.
Arbeitskämpfe sind in und nach Krisenzeiten immer schwieriger, weil es viele arbeitslose Menschen gibt und Arbeitgeber sagen können, dass es 60 andere Leute gibt, die deinen Job machen würden.
Wirtschaftskrisen schwächen Arbeitskämpfe immer. Wirtschaftskrisen schwächen auch feministische Kämpfe.
Deshalb habe ich tatsächlich die Befürchtung, dass das keine leichte Aufgabe sein wird. Aber genau deshalb müssen wir auch dran bleiben und immer wieder aufzeigen, wie verwoben die Kämpfe für Arbeitszeitverkürzung und Geschlechtergerechtigkeit sind.
Wie könnte ein modernes, gerechtes Arbeitszeitmodell ausschauen?
Mader: Dafür ist wesentlich, dass es neben diesem Arbeitszeitmodell flächendeckende, qualitätsvolle Kinderbetreuung sowie Pflege- und Betreuungseinrichtungen gibt. Mit 30 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich können sich Menschen dann tatsächlich bezahlte und unbezahlte Arbeit recht gleich aufteilen. Wenn grundsätzlich die Kinderbetreuung und die Pflege abgesichert sind, dann ist es auch nicht mehr so, dass die Kinder bis um 17:00 im Kindergarten bleiben müssen, weil es sehr viel mehr Spielraum gibt. Vor allem die jüngeren Generationen sehen, dass Erwerbsarbeit und Existenzsicherung nicht das einzige im Leben sind. Das kann dann heißen, dass ich eine Familie haben will, das kann aber auch heißen, dass ich politisch aktiv sein will oder dass ich ausschließlich in die Berge gehen will. Aber die Lebenszeit dafür brauche ich und deshalb müssen wir die Arbeitszeiten reduzieren. Und die Leute, die viel arbeiten, die wird es weiterhin geben.
Wenn wir unbezahlte Arbeit zwischen den Geschlechtern umverteilen wollen, dann brauchen wir eine 30-Stunden-Woche.
35 Stunden wären nicht genug, um das wirklich substantiell zu verändern. Und mit einem Schlag hätten wir auch die finanzielle und ökonomische Situation von Frauen verbessert.
dienen“ habe ich ein Problem, weil viele verdienten wesentlich mehr, bekommen es aber nicht, andere erhalten es und verdienen es nicht.
In meinem Team werkeln 5 Leute, aber nur 2 davon sind Vollzeit in Arbeit, die anderen machen so um die 2,5 bis bestenfalls 5 Stunden rum und kommen durch, weil sie verwandt und verbandelt etc. sind. Weil das Gehalt überdurchschnittlich hoch ist, frage ich: Wie kommen arbeitslos Gemachte dazu, Pensionseinbußen erleiden zu müssen, weil im Nationalrat Leute sitzen, die weder von Arbeit Ahnung haben, noch wissen, was da draußen läuft?
Und dem Unternehmer scheint es mehr als egal zu sein, solange er unkontrolliert ein Jahreseinkommen von über 50 Mio. nach Steuern erhält, wie es den Untertanen geht und wer, was im Unternehmen macht und was nicht. Einmal habe ich die Antwort eines sogenannten Managers erhalten, dass ihm nur wichtig sei, was am Ende rauskommt. Na, toll! Nicht?
Ich fordere mehr Kontrolle über Unternehmen. Sie müssen auch für die verursachten Schäden durch Ignoranz haftbar gemacht werden. Derzeit läuft aber alles in die andere Richtung; und das immer schneller.
Tja, Nationalrat …!
Viele dieser arbeitslos Gemachten, würden nämlich gerne diese nicht getane Arbeit übernehmen.
Ich fordere, dass, egal, wie lange jemand das Glück hatte, arbeiten zu dürfen, eine ausreichende Pension erhält. Ganz gleichgültig ob Frau od. Mann!
Schon deshalb, weil die laufende Einzahlung üüüberhaupt nichts mit der Pensionshöhe zu tun haben kann. Schließlich werden Auszahlungen nicht angespart, sondern von der Nachkommenschaft in Arbeit finanziert.
Und da die sinkt, muss eben wirklich die Allgemeinheit herhalten, das heißt, dass die Unternehmen mitzuübernehmen haben. Es kann nicht sein, dass es Leute wie die Aldis gibt, die Stundeneinkommen von über 400000 Euro etc. haben und zusätzlich entlastet werden. Basta!
Diese 30 Wochenstunde habe ich schon lange GEFORDERT!!
Auch wegen dem Lohn, der sollte auf 17.-€ NETTO,pro Stunde kommen, damit die Armut und die AL verschwinden! Aber jetzt und nicht erst Mitte 2021, da ist das Geld auch schon wieder weniger wert!!
Aber leider ist die Partei nur für 35 Stnde,warum wohl??
wär’s damit: Weg mit dem Geld? Ach, damit könnt ihr nichts anfangen? Versteh’ ich. Sogar einer meiner Bekannten (Dr. mult. H. W. Sinn) hatte gesagt, dass ich solche Ideen nie angerechnet bekommen würde, da Menschen mit radikal Neuem nicht zurecht kämen.
Ich gebe ihm aber nur solange recht, wie sie weg hören, was er ja nicht getan hat. Aber er hat recht: Mein Modell würde funktionieren, aber niemals durchgehen. Und einige der Gründe dafür, würde sogar der sonst sehr Uninteressierte verstehen.