In Österreich stehen 230.000 Wohnungen leer, weil die Eigentümer:innen sie als Anlageobjekt nutzen, anstatt für das, wofür sie eigentlich da sind: Menschen ein Zuhause zu geben. Die Eigentümer:innen lassen die Wohnungen leer stehen und spekulieren auf einen Preisanstieg. Doch dadurch verknappt sich das Angebot an verfügbarem Wohnraum. Das Ergebnis: Mieten und Wohnungspreise steigen. Eine Leerstandsabgabe für Österreich könnte Abhilfe schaffen. Wie genau, erklären wir hier.
In Österreich gibt es 230.000 Wohnungen, die unbewohnt sind. Zur Veranschaulichung: Diese Wohnungen könnten alle Einwohner:innen der Stadt Graz beherbergen. Trotzdem werden jährlich rund 60.000 neue Wohnungen gebaut. Was passiert also mit den leeren Wohnungen?
Häufig dienen sie den Besitzer:innen als Betongold – also als Geldanlage. Man hofft auf eine Wertsteigerung, um die Immobilien später teurer verkaufen zu können und Gewinn zu machen. Doch dadurch entzieht man dem Markt Wohnraum. Die Knappheit lässt in Folge Mieten und Kaufpreise für alle steigen, besonders in Großstädten.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Insgesamt gäbe es genügend Wohnungen, um den Gesamtbedarf zu decken: Laut Arbeiterkammer wurden zwischen 2018 und 2022 sogar 80.000 Wohnungen mehr gebaut, als eigentlich gebraucht wurden. Es war die Folge eines „Spekulations-Rausches“. Bankzinsen waren niedrig, neue Wohnungen zu bauen war billig und für Investoren attraktiv. Viele dieser Wohnungen standen jedoch direkt nach dem Bau leer.
Anstatt den Bedarf zu decken und die Preise durch genügend Angebot zu drücken, haben die leerstehenden Immobilien Mieten und Wohnungspreise in die Höhe getrieben.
Inflation hat Wohnkosten abermals erhöht
Im Zuge der Inflation hat sich die Situation am Wohnungsmarkt seit 2021 noch einmal verschärft: Bis zu 24 Prozent zahlen Mieter:innen in Österreich heute mehr als vor zwei Jahren. Vermieter:innen profitieren.
Durch die gestiegenen Mietpreise geht die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinander. Denn es sind vor allem Wohlhabende bis hin zu den Vermögendsten, die Wohnraum besitzen und diesen vermieten können, wie eine Recherche des Momentum Instituts zeigt.
Leerstandsabgabe würde motivieren, Wohnungen zu vermieten – und damit preisdämpfend wirken
Ein wirksames Mittel, um den Wohnungsmarkt sinnvoll zu regulieren, wäre eine Leerstandsabgabe. Wer eine oder mehrere Wohnungen besitzt, die über einen längeren Zeitraum nicht bewohnt werden, muss dafür eine Abgabe zahlen. Wohnungen leer stehen zu lassen, soll sich so finanziell nicht mehr lohnen. Die Überlegung ist, dass die leeren Wohnungen dann auf den Wohnungsmarkt kommen und sich der Wohnungsmarkt entspannt.
Dass das funktioniert, zeigt Frankreich. Dort hat man 1999 eine Leerstandsabgabe eingeführt. Die Höhe der Abgabe orientierte sich am erwartbaren Mehrerlös, würde man die Wohnung vermieten. Im ersten Jahr des Leerstands wurde die Abgabe mit 10 Prozent der theoretischen Einnahmen festgesetzt, im zweiten Jahr stieg sie auf 15 Prozent. Das bedeutet: Es wurde teurer, eine Wohnung lange leer stehen zu lassen. Infolgedessen haben viele Wohnungsbesitzer:innen ihre Immobilien vermietet. Eine Studie aus 2016 zeigt, dass der gesamte Leerstand in Frankreich im Schnitt um etwa 13 Prozent zurückgegangen ist.
In Regionen, die stark bewohnt waren und in denen hohe Leerstandsquoten vorherrschten, ging der Leerstand doppelt so stark zurück.
Doch Frankreich geht noch weiter: 2023 sind die Steuersätze in angespannten Zonen im ersten Jahr des Leerstands auf 17 % und in den Folgejahren auf 34 % gestiegen. Zusätzlich gibt es einen öffentlichen Dienst, der Eigentümer:innen dabei hilft, ihre Wohnungen zu vermieten.
In Salzburg, Tirol, Vorarlberg und der Steiermark gibt es bereits eine Leerstandsabgabe
Derzeit gibt es in Österreich keine bundesweite Leerstandsabgabe. Um derartige Eingriffe in den Markt zu finden, muss man in die einzelnen Bundesländer schauen. Salzburg, Tirol, Vorarlberg und die Steiermark haben jeweils Varianten einer Leerstandsabgabe eingeführt, um die Wohnungsknappheit zu bekämpfen.
Wie hoch die Abgabe ist, unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. In Tirol und Salzburg sind zum Beispiel rund 20 Euro pro Quadratmeter fällig, in der Steiermark nur 10 Euro.
Steiermark | Tirol | Salzburg | Vorarlberg | |
---|---|---|---|---|
Leerstehende Wohnungen (geschätzt) | 35.500 | 24.000 | 16.300 | 8.000 |
Wer ist betroffen? | Wohnungen, die länger als ein halbes Jahr unbewohnt sind | Wohnungen, die länger als ein halbes Jahr unbewohnt sind | Wohnungen, die länger als ein halbes Jahr unbewohnt sind | Wohnungen, die länger als ein halbes Jahr unbewohnt sind |
Wie hoch ist die Abgabe? | Bis zu 10 Euro pro Quadratmeter | Bis zu 20 Euro pro Quadratmeter | Bis zu 22 Euro pro Quadratmeter (Unterschied zwischen Neubau und Altbau) | Bis zu 18,50 Euro pro Quadratmeter |
In Tirol gibt es die Leerstandsabgabe seit 2023: Wird dort eine Wohnung über einen durchgehenden Zeitraum von mindestens einem halben Jahr nicht bewohnt, ist eine Abgabe fällig. Zudem gibt es eine Zweitwohnsitzabgabe. Die ist beispielsweise für Ferienwohnungen zu zahlen, die nicht das ganze Jahr über als Lebensmittelpunkt genutzt werden. In Tirol kann die Abgabe bis zu 20 Euro pro Quadratmeter und pro Jahr betragen. Für eine 100 Quadratmeter Wohnung wären damit 2.000 Euro pro Jahr fällig.
Expert:innen wollen Abgabe an Wertsteigerung knüpfen
Manchen sind die Leerstandsabgaben, die es in Österreich bereits gibt, zu niedrig angesetzt, um das Verhalten der Vermieter:innen zu verändern. Laut Ökonom:innen des Momentum Instituts müsste eine derartige Abgabe mindestens so hoch sein wie die Wertsteigerung der Immobilie. Im vergangenen Jahrzehnt würde das einer durchschnittlichen Abgabe von 200 Euro pro Quadratmeter und Jahr entsprechen. Für eine 100 qm-Wohnung in Tirol würde das eine Verzehnfachung bedeuten: 20.000 statt 2.000 Euro pro Jahr.
Die Leerstandsabgaben in den Bundesländern sind auch deshalb so niedrig, weil bis vor Kurzem eine Obergrenze von 35 Euro pro Quadratmeter galt. Die SPÖ forderte jahrelang eine bundesweite Leerstandsabgabe, die auch wirklich wirksam ist. Aber die Bundesregierung aus ÖVP und Grünen stellte sich quer. 2024 wurde jedoch der Druck zu groß. Per Verfassungsänderung haben sie die Obergrenze – mit Stimmen der SPÖ – abgeschafft. Seitdem können die Bundesländer selbst entscheiden, wie hoch die Leerstandsabgabe sein soll. Das könnte die Abgaben nun steigen lassen.
In der öffentlichen Diskussion werden Vermieter oft als die „Bösen“ dargestellt, was jedoch nicht immer der Realität entspricht. Als Mitarbeiter eines Immobilienunternehmens möchte ich die wichtige Rolle der Vermieter und Eigentümer hervorheben. Viele von uns sind bestrebt, ihre Wohnungen verantwortungsbewusst zu verwalten und geeignete Mieter zu finden.
In der heutigen Zeit suchen Mieter häufig nach modernen und neu gestalteten Wohnungen. Dies führt zu häufigen Umzügen, wobei viele Mieter oft nur ein bis zwei Jahre in einer Wohnung bleiben, die eventuell einem älteren Baujahr entspricht. Leider zeigt die Erfahrung, dass einige Mieter ihre Mietwohnungen nicht mit der erforderlichen Wertschätzung behandeln. Schäden wie Wasserflecken auf Parkettböden, Kratzer, Abrieb an Wänden und Schimmel aufgrund unzureichender Belüftung sind keine Seltenheit. Die Instandsetzung solcher Schäden kann mehrere Tausend Euro kosten und die durch die Mieteinnahmen gedeckten Kosten übersteigen häufig nicht die Ausgaben.
Es ist wichtig, einen Dialog zwischen Mietern und Vermietern zu fördern, um gegenseitiges Verständnis und Wertschätzung zu schaffen. Vermieter profitieren von Mietern, die ihre Wohnungen pflegen und die Miete pünktlich zahlen. Diese positive Beziehung kann letztendlich dazu beitragen, neue Immobilienprojekte zu fördern, da eine stabile Einnahmequelle für Vermieter notwendig ist, um Investitionen in den Wohnungsbau zu ermöglichen.
Darüber hinaus empfinde ich die Leerstandsabgabe als eine Herausforderung für Vermieter, die Zeit und Geld in den Bau und die Pflege von Immobilien investieren. Ein solches System kann als hinderlich angesehen werden, wenn es darum geht, Wohnraum zu schaffen und die Bedürfnisse der Mieterschaft zu erfüllen.
In diesem Zusammenhang habe ich das Empfinden, dass der Staat sich erneut einen Sündenbock sucht, um zusätzliche Einnahmen zu generieren. Viele von uns zahlen bereits genug, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, und die zusätzliche Belastung durch solche Abgaben trägt nicht zur Lösung der Wohnraumproblematik bei.
Wie solls ausschauen, wenn: ich ein Baufälliges Haus mit 450m2 Grund und 75m2 Wohnfläche kaufe, alles zugemüllt ist und die Entsorgung mit Sortierung fast ein halbes Jahr dauert. Das Gebäude praktisch unbewohnbar ist, und obwohl man jeden Tag von der Baustelle um 20 Uhr nach Hause kommt, nur 1.5 Stunden Zeit hat…. Soll man jetzt einen Kredit aufnehmen, um Firmen zu bezahlen, was dann das 3 bis 4 fache vom Gebäudewert kosten würde?
Bei uns in der Gemeinde (gut mit Bus und Bahn erschlossen, 5 Supermärkte im Umkreis von 1km, sind aktuell 10 doch günstige Gemeinde/Genossenschafts Wohnungen ausgeschrieben, wäre da auch eine Abgabe fällig?
Warum ist noch immer die Klausel “wenn jemand das Pech hat ein Immobilie zu erben die er nicht braucht” keine Angaben leisten zu müssen, vorhanden?