Wem gehört der Wald in Österreich? Vor allem Privaten, nämlich 81 % der Wälder. Unter den Großgrund-Besitzern sind vor allem Adelige und die Kirche ganz vorne dabei. Die Familie Mayr-Melnhof-Saurau besitzt den größten Privatforst des Landes, gefolgt von der Familie Esterhazy und Ferdinand von Baumbach. Auch das Benediktinerstift Admont, das Zisterzienserstift Lilienfeld und das Stift Klosterneuburg besitzen große Waldflächen. Nur 19 % der Wälder Österreichs sind in öffentlicher Hand.
Wem gehört der Wald in Österreich: 81 % ist in Privatbesitz
Österreich gehört, gemessen am Anteil der Wälder an der Gesamtfläche, zu den waldreichsten Regionen Europas. Um genau zu sein kommt es hinter Finnland, Schweden, Slowenien, Estland und Lettland auf Platz 6. Bei einer Gesamtfläche Österreichs von rund 8,4 Mio. Hektar ist etwa die Hälfte mit Wald bedeckt. Mit Stand 2020 betrug die Fläche des Ertragswaldes laut Statistik Austria ca. 3,4 Mio. Hektar. Ein Ertragswald ist ein Wald, der lediglich zur Holzproduktion genutzt wird – im Gegensatz zu Natur- und Schutzwäldern, die nicht bewirtschaftet werden. Das Bundesland mit den größten Forstflächen ist die Steiermark, gefolgt von Kärnten und Salzburg.
Doch wem gehört eigentlich der heimische Wald? Ein Großteil davon ist Privateigentum – nämlich ganze 81 %. Nur in Portugal gibt es noch mehr Privatwald. Der Agrarstrukturerhebung von 2020 zufolge ist dieser Prozentsatz auf etwa 137.000 Eigentümer:innen aufgeteilt. Beim Großteil davon handelt es sich um Bauern- und Familienwälder, also kleinstrukturierte Wälder unter 200 Hektar. Im Durchschnitt entfällt auf jeden Kleinbetrieb eine durchschnittliche Waldfläche von einer Größe von 13 Fußballfeldern (ca. 9,3 Hektar). Neben der Deckung des persönlichen Bedarfs an Holz gibt es unter diesen Bauern- und Familienwäldern auch Forste, die zu klein sind, um sie ertragreich zu bewirtschaften. Viele Flächen werden verpachtet, bleiben aber im Familienbesitz und werden weitervererbt.
Privatwälder-Großbetriebe finden sich vor allem unter Adeligen und Klöstern
Etwa 22 % der österreichischen Privatwälder gehören Großbetrieben mit über 200 Hektar. Bei den Besitzer:innen handelt es sich vor allem um Adelsfamilien und Klöster. Diese etwas altertümlich erscheinende Aufteilung ist historisch bedingt und lässt sich durch das mittelalterliche Lehenswesen erklären. Im Mittelalter besaßen Adel (Ritter, Fürsten, Herzoge, Könige) und Klerus (Klöster, Priester, Bischöfe) große Landgebiete, die sie auch verwalteten. Meistens verpachteten sie die Flächen an ‘einfache Bauern’, um sie bewirtschaften und pflegen zu lassen. Nach Auflösung dieses Systems ging ein Teil der Pacht durch die sogenannte Grundablöse in den Besitz der Bauern über. Forstbesitz war jedoch von der Grundablöse ausgenommen. Die Wälder gingen also an die Adeligen und Klöster zurück – das erklärt, warum so viele Wälder jetzt noch immer in ihrem Besitz sind.
Das Ende der Monarchie 1919 brachte dann zum Teil Veränderungen bei den Besitzverhältnissen von Österreichs Wäldern. In den meisten ehemaligen Kronländern wurden Adelige nach dem Ersten Weltkrieg enteignet und der Besitz ging an den jeweiligen Staat über. In Österreich betraf das jedoch nur das Eigentum der Habsburger. Andere Adelsfamilien, wie die Esterhazys, Mayr-Melnhofs, Liechtensteins usw. durften ihren Grund und Boden behalten. Bis heute hat sich an dieser Struktur nicht viel verändert und Adelsfamilien und Kirche verfügen noch immer über weitläufige große Forstgebiete. Meist werden sie durch hauseigene Unternehmen bewirtschaftet und verwaltet.
Familie Mayr-Melnhof-Saurau besitzt den größten Privatforst des Landes
Die Familie Mayr-Melnhof-Saurau verfügt mit rund 28.000 Hektar Wald über den größten Privatforst des Landes. Davon werden 21.800 Hektar wirtschaftlich genutzt. Der Grundbesitz liegt überwiegend in der Steiermark im Gebiet um Frohnleiten und Leoben sowie Trofaiach und Mautern. Auch das Schloss Neu-Pfannberg und das Jagdschloss Hochalm gehört der Familie.
Ihren Wohlstand erwarb die adelige Unternehmerfamilie im 19. Jahrhundert durch die Stahl- und Hüttenindustrie. In den 50ern sattelten die Mayr-Melnhofs auf die Herstellung von Kartons und Verpackungen um. Firmen wie Nestle oder Nespresso zählen heute zu ihren Kund:innen. Mehrere Kapitalanlangen sorgen für den Fortbestand des Vermögens: allen voran die Mayr-Melnhof Karton AG, die Mayr-Melnhof Holz Holding mitsamt Sägewerk und die Mayr von Melnhof’sche Holzhandlung in Salzburg sowie eine Wohnungsgesellschaft. Außerdem haben die Mayr-Melnhof-Sauraus noch einen Unternehmenszweig, der sich mit dem Bau von Forstgeräten beschäftigt. Der bedeutendste Teil, die Aktiengesellschaft MM Gruppe, erwirtschaftete 2023 Umsatzerlöse in der Höhe von rund 4,2 Milliarden Euro.
Wälder, Schlösser, Neusiedlersee: Das gehört der Familie Esterházy
Die Adelsfamilie mit dem ausgedehntesten Grundeigentum sind die Esterházys, deren Besitz sich vor allem über Gebiete im Burgenland erstreckt. Dazu gehören weite Teile des Neusiedlersees und diverse Ländereien. Die Familie bewirtschaftet einen Teil davon selbst, der Rest wurde in Pacht vergeben. Neben einem hauseigenen Biobetrieb und einem Weingut, das im Jahr 2022 rund 67 Millionen Euro Umsatz machte, gibt es auch einen 22.600 Hektar großen Wirtschaftswald. Weitere Einkommensquellen bezieht die Familie aus der Vermarktung der Schlösser und Immobilien. Allein in Österreich besitzt der ehemalige österreich-ungarische Hochadel drei Schlösser: Burg Forchtenstein, Schloss Lackenbach und Schloss Eisenstadt.
Ferdinand von Baumbach setzt sich gegen andere Superreiche durch und kauft drittgrößten Privatforst
Wer den Platz für den drittgrößten Forstbesitz in der Kategorie Privatiers belegt, war lange Zeit nicht ganz klar. Bis 2010 besetzte ihn die Alwa Güterverwaltung, die ihren Grund jedoch verkaufte. Ca. 23.500 Hektar befanden sich um Irdning-Donnersbachtal (STMK) im Besitz der Alwa. Ihr gehörten zwei Wasserkraftwerke im Ennstal sowie ein Forstbetrieb in Niederkreuzstetten (NÖ). Das Gebiet gilt als größtes zusammenhängendes Jagdgebiet Mitteleuropas, dessen Verkauf von zahlreichen Spekulationen begleitet war.
Wie die Kleine Zeitung 2024 berichtete, wurde es letztendlich um ca. 120 Millionen Euro von Ernst Wilhelm Ferdinand von Baumbach erworben. Mit dieser Summe, die 40 Prozent über dem Marktwert lag, setzte sich der deutsche Adelige laut Medienberichten gegen andere superreiche Mitbewerber durch. So hatte etwa die Familie Flick, die „Garagenkönigin“ Bettina Breiteneder oder der mittlerweile verstorbene Didi Mateschitz Interesse am Kauf bekundet. Die von Baumbachs sollen mit Vermögenswerten von geschätzten 50 Milliarden Euro inoffiziell die reichste Familie Deutschlands sein. Sie betreiben den Pharmakonzern Böhringer-Ingelheim.
Noch viele weitere bekannte Namen aus (ehemaligen) Adelsgeschlechtern tauchen in der Liste der Großwaldbesitzer:innen auf, etwa die Schwarzenbergs, Mitglieder der Familie Habsburg-Lothringen oder Benno Czernin-Kinsky. Die Besitzverhältnisse erscheinen durch die Beteiligung familieneigener Konzerne und Stiftungen teilweise sehr unübersichtlich und geheim. Beispielsweise sollen der Stiftung Fürst Liechtenstein 11.800 Hektar Forst gehören, die Prinz DI Alfred Liechtenstein’schen Forstdirektion gibt an, im Besitz von 8.000 Hektar zu sein und die Liechtensteingruppe verzeichnet im Guts- & Forstbetrieb Wilfersdorf (NÖ) und im Forst Kalwang (STMK) weitere 3.560 Hektar. Viele wollen hingegen öffentlich nicht sagen, wie viel Wald ihnen gehört.
Benediktinerstift Admont, Zisterzienserstift Lilienfeld, Stift Klosterneuburg: Auch der Kirche gehören Wälder
Das steirische Benediktinerstift Admont waltet nach eigenen Angaben über eine Waldfläche von 17.800 Hektar. Diese werde über die Forstverwaltungen Admont und Trieben zur nachhaltigen Holzwirtschaft genutzt. Darüber hinaus sollen die Gebiete auch als Jagdgebiet und im Bereich von Seen zur Fischerei dienen. Das Kloster unterhält auch Kleinkraftwerke, ein Biomasseheizwerk und ein Tochterunternehmen namens Envesta (Energieversorgung Stift Admont). Mit der gewonnenen Energie werden neben dem Stift selbst auch noch vier Gemeinden im Umkreis versorgt.
Im klerikalen Bereich folgt das Zisterzienserstift Lilienfeld in Niederösterreich als zweitgrößter Eigentümer von Grund und Boden. 11.000 Hektar werden im niederösterreichischen Bezirk als Fischerei- und Jagdreviere zwischen 200 und 2.600 Hektar verpachtet. Das Zisterzienserstift bekundet ebenfalls eine Orientierung an der nachhaltigen Bewirtschaftung des Ökosystems Wald. Wie der Benediktinerorden in Admont besitzt auch das Stift Lilienfeld ein Wasserkraftwerk.
Weitere Klöster mit größerem Waldbestand sind das Stift Klosterneuburg in Niederösterreich mit 8800 Hektar und das Bistum Gurk an der Grenze zwischen Steiermark und Kärnten mit 8500 Hektar.
Auch Privatwälder dürfen betreten werden – dank Bruno Kreisky
Bei so viel Privatwald erscheint es verwunderlich, dass man die meisten Forstgebiete ungehindert durchstreifen kann. Tatsächlich wurde die sogenannte Wegefreiheit erst 1975 unter Bruno Kreisky im Forstgesetz verankert. Bis dahin war das Betreten privater Wälder verboten. Nun darf sich jede Person zu Erholungszwecken in Österreichs Wäldern aufhalten, dort gehen, wandern oder laufen (nicht aber fahren, reiten oder campieren). Für die Verhängung eines Betretungsverbots müssen Eigentümer:innen besondere Gründe angeben, etwa Waldbrandgefahr, Schädlingsbekämpfung, Jungwald unter drei Metern, jagd- und naturschutzrechtliche Sperren, Nationalparkgesetze, usw.
19 % des Waldes in öffentlicher Hand – das meiste davon gehört den Österreichischen Bundesforsten
Etwa 19% des österreichischen Waldes ist in öffentlicher Hand. Dieser wird von der Österreichischen Bundesforste AG sowie Gemeinden und Ländern betreut. Die Österreichischen Bundesforste (ÖBF) betreuen rund 850.000 Hektar Naturfläche – darunter Forste, Seen, Berge und Moore. Damit belegen die ÖBF Platz eins der öffentlichen Wälder mit einem Anteil von immerhin 10% der Landesfläche. Die ÖBF gelten zudem als größter Grundeigentümer Österreichs. Der eigentliche Waldbesitz beläuft sich auf 15 % der gesamten Waldfläche.
Der Umgang mit den Flächen, die im Besitz der ÖBF sind, wird durch das Bundesforstegesetz von 1996 geregelt. Darin wird beispielsweise festgehalten, dass strategisch wichtige Flächen wie Gletscher oder Nationalparks nicht verkauft werden dürfen. Weiters sind die ÖBF dazu verpflichtet, Auflagen des Natur- und Umweltschutzes zu erfüllen – etwa den Erhalt von Trink- und Wasserreserven oder den Erhalt des Waldes als Schutz- und Erholungsraum. Genutzt werden diese Wälder durch Forstwirtschaft, Jagd, Fischerei sowie Verpachtung von Skipisten oder Seen. Die ÖBF besitzen zudem Anteile an zahlreichen Wasserkraftwerken und Tourismusverbänden. Im Jahr 1997 wurden die Bundesforste aus dem Bundeshaushalt ausgelagert und zur Österreichischen Bundesforste AG gegründet. Die Republik Österreich ist der einzige Aktionär dieser Gesellschaft.
Wiener Wälder als “Grüne Lunge der Stadt”
Die Stadt Wien hält mit rund 42.000 Hektar Waldgebiet den zweiten Platz des Grundflächenbesitzes. Dieser umfasst öffentliche Grünflächen in Wien und den Wiener Wald mitsamt seinen Ausläufern bis weit über die Landesgrenze – Quellenschutzgebiete in Niederösterreich und der Steiermark miteinbegriffen. 105.000 Hektar des Wiener Waldes und westlich davon sind Landschaftsschutzgebiet. 2005 wurde es von der UNESCO in das weltweite Netz der Biosphärenparks eingegliedert. In 8 Kernzonen und Naturwaldreservaten mit 300 Hektar Fläche werden keine menschlichen Eingriffe vorgenommen.
Der Wald bietet Arbeitsplätze und schützt die Natur
Die österreichischen Wälder produzieren jährlich mehr Holz, als genutzt wird. Dadurch bauen sich die Holzvorräte stetig auf. Die Forstbetriebe sorgen dafür, dass auch zukünftigen Generationen Holz als Rohstoff erhalten bleiben. Der Wald ist außerdem für viele Menschen ein Arbeitsplatz: Rund 300.000 Menschen arbeiten in forstwirtschaftlichen Berufen.
Vor allem hat der Wald aber eine unglaubliche Bedeutung für Klima-, Arten- und Umweltschutz. Ca. 800 Millionen Tonnen Kohlenstoff sind aktuell in österreichischen Wäldern in Form von Kohlenstoff in Bäumen gebunden. Diese Zahl entspricht der 40-fachen Menge der jährlichen Treibhausgasemissionen. 3,6 Milliarden Tonnen CO2 werden dadurch nicht in die Atmosphäre abgegeben. Zudem verringern Wälder, insbesondere in alpinen Regionen, die Schäden von Umweltkatastrophen wie Lawinen, Überschwemmungen, Steinschlägen oder Muren erheblich.
Der Schutz des Waldes im Sinne des Erhalts von Waldflächen und des Prinzips der Nachhaltigkeit ist daher ebenfalls im Forstgesetz festgeschrieben. Nur unter strengen Kriterien darf Waldfläche umgewidmet werden. Dadurch will man der fortschreitenden Bebauung und Bodenversiegelung entgegenwirken. Dass der Naturschutz hierzulande auf großem öffentlichem Interesse fußt, zeigt das Beispiel des Kaufs der Hochalmspitze in den Hohen Tauern 1988 durch den Österreichischen Alpenverein. Die Errichtung eines Gletscherskigebiets wurde damit verhindert.