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Mexiko: Die linke Klimaforscherin Sheinbaum wird mit großer Mehrheit erste Präsidentin

Foto: instagram.com/claudia_shein

Vor kurzem fanden in Mexiko Präsidentschaftswahlen statt, an der Staatsspitze des lateinamerikanischen Landes steht mit Claudia Sheinbaum zum ersten Mal eine Frau. Während in Österreich und Europa ein wachsender Rechtsruck zu beobachten ist, hat sich in Mexiko erneut die Linke durchgesetzt und das mit beeindruckender Mehrheit. Doch wer ist eigentlich die Frau, die sich in den nächsten sechs Jahren für mehr Sicherheit, ein besseres Bildungssystem und soziale Gerechtigkeit einsetzen will?

Erste Präsidentin in 200-jähriger Geschichte der Republik

Mit Claudia Sheinbaum hat Mexiko seine erste Präsidentin seit der Unabhängigkeit von Spanien. Die Kandidatin der aktuellen Regierungskoalition konnte sich mit knapp 60 Prozent bei der Wahl vergangene Woche gegen ihre Konkurrent:innen durchsetzen und schrieb damit Geschichte. Mit ihrem Sieg setzte die 61-Jährige drei Meilensteine: Sie ist die erste Frau an der Spitze des lateinamerikanischen Landes, hat die Wahl mit einem so hohen Ergebnis gewonnen, wie schon lange zuvor keiner mehr und sie ist die erste Person mit jüdischer Familiengeschichte im Präsidentenamt des katholischen Landes.

„Mir ist klar, dass die Verantwortung enorm ist, aber wenn man Überzeugungen und Liebe zum Volk hat, kann man alles erreichen. Wir haben Geschichte geschrieben”, betonte die Sozialdemokratin auf Instagram.

 

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Sheinbaum ist die Kandidatin der Regierungskoalition zwischen der politisch links stehenden bzw. sozialdemokratischen Movimiento de Renovación Nacional (MORENA) und den zwei Juniorpartnern, der Arbeiterpartei (PT) und der mexikanischen Grünen (PVEM). Eine weitere Besonderheit bei dieser Wahl: Auch das wichtigste Oppositionsbündnis Frente Amplio por México (Breite Front für Mexiko) nominierte mit der Senatorin und Computeringenieurin Xóchitl Gálvez eine Frau. Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes traten somit zwei Frauen im Rennen um die Präsidentschaft an.

Dass Sheinbaum schlussendlich ein so hohes Wahlergebnis erzielen konnte, sei laut Medienberichten auch der Beliebtheit des amtierenden Staatschefs geschuldet. Denn nach mehr als fünf Jahren im Amt stehen immer noch rund 60 Prozent der Mexikaner:innen hinter Präsident Andrés Manuel López Obrador. Da dieser gemäß der Verfassung kein zweites Mal antreten durfte, war Sheinbaum schon länger als seine Wunschnachfolgerin vorgesehen. Grund dafür: Sie gilt als enge Vertraute López Obrador’s, denn die Beiden teilen die gleichen politischen Überzeugungen.

Als Physikerin im Einsatz gegen die Klimakrise

Die zukünftige Präsidentin ist zweifache Mutter, hat Wurzeln in Litauen und Bulgarien und studierte, wie ihr Bruder, Physik. Ihren Doktor schloss sie in Energietechnologie ab. Die Begeisterung für die Wissenschaft wurde ihr bereits in die Wiege gelegt.  Denn auch ihre beiden Eltern sind Wissenschaftler: Ihre Mutter ist Biologin und ihr Vater Chemieingenieur. Zu Beginn verfolgte sie eine wissenschaftliche Karriere, war Professorin, schrieb zahlreiche Bücher und arbeitete für das UN-Klimapanel. 2007 wurde dieses sogar mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Sie gehörte zudem zu den ersten Wissenschaftler:innen in Mexiko, die sich intensiver mit dem Klimawandel beschäftigten.

Sheinbaum möchte vermehrt in saubere Energie investieren.

Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt: Sozialprogramme, Umweltschutz und Öffi-Ausbau

Politischer Aktivismus prägte sie bereits von klein auf – beide Elternteile engagierten sich in den 1960er Jahren in der mexikanischen Arbeiter:innen- und Student:innenbewegung. Und auch sie selbst hat ihre wissenschaftliche Karriere immer mit politischem Engagement verbunden. Ihre ersten Berührungspunkte mit der Politik machte Sheinbaum bereits während ihres Studiums. Sie war Ende 1986 Teil einer Studenten:innenbewegung, die sich gegen die Privatisierung der Universität einsetzte. Ende der 1980er Jahre war sie Mitbegründerin der Partido de la Revolución Democrática (Partei der demokratischen Revolution, kurz: PRD). 2014 trat sie allerdings aus und schloss sich der von López Obrador gegründeten Partei MORENA an.

Das erste Mal in ein politisches Amt kam Sheinbaum im Jahr 2000. Als López Obrador Bürgermeister von Mexiko-Stadt wurde, holte er sie als Umweltministerin in die Stadtregierung. Ihre zentrale Aufgabe bestand darin, die Umweltverschmutzung in der Stadt zu verringern. 2015 wurde sie dann Bezirksbürgermeisterin des größten Stadtteils Mexiko-Stadt, Tlalpan und übernahm im Jahr 2018 die Stadtregierung, nachdem López Obrador zum Präsident gewählt wurde. Bis 2023 war sie die erste Bürgermeisterin der Millionenmetropole, bis sie schließlich ihr Amt niederlegte, um als Präsidentin zu kandidieren. In ihrer Zeit als Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt managte sie die Corona-Pandemie, setzte sich für mehr Umweltschutz und die Elektrifizierung des öffentlichen Transports ein und förderte den Ausbau von Sozialprogrammen.

Maßgebliche Erfolge konnte sie im Hinblick auf die öffentliche Sicherheitspolitik feiern. Denn in ihrer Amtszeit halbierte sich die Mordrate in der Hauptstadt.

Banden und Drogenkartelle zählen zu größten Herausforderungen

Und auch im aktuellen Wahlkampf spielte das Thema Sicherheitspolitik eine zentrale Rolle, denn dieser war überschattet von der Gewalt im Land. Im Vorfeld der Wahl wurden 37 Kandidat:innen ermordet. Umfragen zeigen, dass die Sicherheit das dringlichste Anliegen der mexikanischen Bevölkerung ist. Die Banden- und Drogenkriminalität in Mexiko wird auch für Sheinbaum in den nächsten sechs Jahren eine der größten Aufgaben werden. Die Wissenschaftlerin wird sich aber auch einigen anderen Hürden stellen müssen. Schließlich ist sie die erste Frau an der Spitze eines noch immer von Machismus, also männlicher Dominanz, geprägten Landes.

Foto (flickr/Secretaría de Cultura de la Ciudad de México)

Die öffentliche Sicherheitspolitik gehört zu den wesentlichen Herausforderungen – Foto: flickr/Secretaría de Cultura de la Ciudad de México

Doppelter Mindestlohn, höhere Pensionen: Sheinbaum will linken Weg weiterführen

Eine weitere Herausforderung für die 61-Jährige wird es zudem sein, den erfolgreichen Weg der Sozialreformen von López Obrador weiterzuführen. Die hohen Zustimmungswerte des aktuellen Präsidenten hängen maßgeblich auch damit zusammen, dass er als erster Präsident die Armutsbekämpfung auf die Agenda gesetzt hat. Der Kampf gegen soziale Ungleichheit und Armut standen an erster Stelle. Während seiner Amtszeit verfolgte der Staatschef ein politisches Projekt, das er als 4T (vierte Transformation) bezeichnete. Dieses Vorhaben sah vor allem linksnationale Politik vor, in der die Bevölkerung mithilfe von gerechter Sozialpolitik von umfassenden Sozialprogrammen profitieren soll.

So erhöhte er unter anderem die Pensionen und verdoppelte den Mindestlohn. Und das Konzept zeigte Erfolge: Die Armutsrate sank von 42 Prozent bei seinem Amtsantritt 2018 auf 36 Prozent im Jahr 2022. Dies ist ein klares Gegenkonzept zu den neoliberalen Politiken der früheren Regierungsparteien.

Genau mit diesem Programm erzielte er bei der letzten Präsidentschaftswahl 2018 einen Erdrutschsieg und beendete die fast hundert Jahre andauernde Dominanz der beiden Großparteien Partido Revolucionario Institucional (PRI) und der Partido Acción Nacional (PAN).

 

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Mexikos Zukunft: Pressefreiheit, bessere Bildung und Preisstopp bei Energie

Sheinbaum trat mit dem politischen Versprechen an, genau diesen Kurs fortzusetzen. Sie möchte sich allerdings auch für die Verbesserung des Bildungssystems und der Sicherheit einsetzen und vermehrt in saubere Energie investieren.

Nach Bekanntgabe der offiziellen Hochrechnungen richtete sich die zukünftige Präsidentin an die Medien und betonte:

“Wir müssen in Frieden und Harmonie zusammenarbeiten, um ein gerechtes und wohlhabenderes Mexiko aufzubauen”.

Außerdem garantierte sie die Autonomie der Zentralbank, Presse- und Versammlungsfreiheit, die unternehmerische Freiheit und kündigte an, gegen jede Form der Diskriminierung zu kämpfen. Zudem versprach sie, die populären Sozialhilfen ihres Vorgängers beizubehalten und versicherte, dass es keine Preissteigerungen bei Treibstoff und Strom geben soll.

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