Bildung

Jobs und Ferienbetreuung gefährdet: Freizeitpädagog:innen wehren sich gegen Regierung – Streiks stehen bevor

Obwohl die Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und Freizeitpädagog:innen seit zehn Jahren sehr gut funktioniert, könnte ein Vorhaben der Regierung nun die Situation dramatisch verschlechtern – und damit einhergehend die Kompetenzen und Gehälter der Pädagog:innen beschneiden. Denn man will „Assistenzpädagog:innen“ schaffen und verstärkt auf sie zurückgreifen. Das Problem: Diese Assistent:innen erhalten weniger Ausbildung und weniger Geld. Gleichzeitig sind die Hürden größer, den Beruf zu ergreifen. Die betroffene Berufsgruppe steigt jetzt auf die Barrikaden – Streiks stehen bevor.

Lehrer:innenmangel. Das ist heute ein Problem, wie auch schon vor zehn Jahren. Um den Bedarf in ganztägig geführten Schulen zu decken, hat man damals die Berufsgruppe der Freizeitpädagog:innen eingeführt. Sie haben eine etwa einjährige Ausbildung und gestalten die Freizeit- und Bewegungseinheiten während des Schultages. In geblockten Ganztagesschulen finden diese Einheiten am Nachmittag statt, in der verschränkten Ganztagsschule sind sie über den Tag verstreut und wechseln sich mit Schulfächern ab.

Freizeitpädagog:innen erarbeiten sich eigene Vermittlungsmethoden, halten Workshops für die Kinder und Jugendlichen, organisieren Ausflüge, bereiten Spiele oder Bewegungseinheiten vor. So können die Kinder den Tag in Gemeinschaft verbringen, erhalten Impulse und Abwechslung.

Brauchen die Schüler:innen hingegen beim Lernen oder bei den Hausaufgaben Hilfe, dann sind die Lehrer:innen für sie da.

Assistenzpädagog:innen: oberflächlicher ausgebildet und Lehrkräften unterstellt

All das könnte sich schnell ändern. Denn aktuell verhandeln die Grünen mit der ÖVP über eine neue Berufsgruppe. Am 6. Juni hat der ÖVP-Bildungsminister Polaschek die Novelle vorgestellt, blieb jedoch in Ausführungen schwammig. Was jedoch schon im Vorfeld durchgesickert ist, bereitet den Freizeitpädagog:innen Sorgen. Sie befürchten, dass ihre Berufsgruppe durch die neue geplante Berufsgruppe der „Assistenzpädagog:innen“ Verschlechterungen erleiden wird – und damit auch die Betreuung der Schüler:innen.

Die Hürde für die Ausbildung für die Assistenzpädagogik ist höher – denn man braucht eine Matura. Gleichzeitig wird die Ausbildungsdauer halbiert. Nach nur einem Semester (also 30 ECTS-Punkten) sollen die Assistenzpädagog:innen an die Schulen kommen. Dort werden sie Lehrer:innen unterstellt – sollen aber zugleich für die Lerneinheiten herangezogen werden.

ÖGB erteilt Streikfreigabe

Nun planen Freizeitpädagog:innen aus mehreren Betrieben Warnstreiks für den 15. Juni. Der ÖGB hat dazu die Streikfreigabe erteilt. Schon zuvor gab es Kundgebungen, unterstützt von der Gewerkschaft, in Wien.

„Weder Beschäftigte noch Betriebsrat oder Gewerkschaft waren in die Novellierung eingebunden. Die mindere Qualität des Gesetzesentwurfs zeigt, dass hier offenbar fachfremde Personen am Werk waren“, kritisiert Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA.

Verschlechterung für Pädagog:innen, für Kinder und Eltern

Wie das Regierungs-Vorhaben den Lehrkräftemangel lindern soll, bleibt unklar. Denn der Zugang zur Ausbildung ist schwieriger, die Ausbildung wird in der Qualität halbiert. Und das Gehalt wohl gleich mit.

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„Die mindere Qualität des Gesetzesentwurfs zeigt, dass hier offenbar fachfremde Personen am Werk waren“, kritisiert Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, hier beim Protest der Freizeitpädagog:innen in Wien. (Foto: GPA)

Die Freizeitpädagog:innen fürchten, künftig ebenso wie die Assistenzkräfte den Lehrer:innen unterstellt zu werden und nicht mehr eigenständig für den Freizeitbereich zuständig zu sein. Ebenso fürchtet man Gehaltseinbußen durch Lohndruck oder gar Übernahme in das neue Berufsfeld.

„Der Vergleich mit unserem aktuellen Gehalt zeigt, dass vor allem in den ersten Jahren mit einem Minus von bis zu 19% zu rechnen ist. Erst nach über 18(!) Berufsjahren würde die Anwendung dieses Gehaltsschemas mit unserem jetzt gültigen Kollektivvertrag gleichziehen bzw. diesen erst ab 24,5 Jahren spürbar überholen. Und das auch nur, wenn es zur vollen Anrechnung sämtlicher bisheriger Vordienstzeiten kommt“, kritisiert der Betriebsrat Bildung im Mittelpunkt.

Die Gefahr: weniger Qualität für Freizeitbetreuung der Kinder und Jugendlichen

Wird es weniger Freizeitpädagog:innen geben, bedeutet das auch weniger Entlastung für das Lehrpersonal, das gegenwärtig bei den Lernzeiten anwesend ist. Also: Jene, die unterrichten und die Aufgaben geben, begleiten die Schüler:innen aktuell auch beim Lernen. Das könnte sich mit dem Regierungsvorhaben ändern: Künftig sollen nämlich Assistent:innen aushelfen, die mit dem Fachunterricht nichts zu tun haben.

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Freizeitpädagog:innen organisieren Ausflüge, Workshops und mitunter Ferienspaß in der schulfreien Zeit. Das könnte sich bald ändern, befürchten die Berufsvertreter:innen. (Fofo: Unsplash)

Dafür mehr Stress für Eltern durch Betreuungsengpass

Bisher haben Freizeitpädagog:innen österreichweit auch Ferienbetreuung organisiert und angeboten. Darunter Ausflüge oder Sommercamps. Für die Kinder sind es Tage voller Erlebnisse mit Freund:innen, für die Eltern ist es eine Entlastung, weil sie ihren Jobs nachgehen können, ohne Kinderbetreuung aufstellen zu müssen.

Einschnitte bei den Freizeitpädagog:innen könnten auch ein Ende dieser Angebote in der schulfreien Zeit mit sich bringen.

Die Wiener Sozialdemokrat:innen haben nun eine Petition gestartet, um die Ganztagsschulmodelle in der aktuellen Form zu retten. Hier kann man die Petition unterschreiben.

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accurate_pineapple
accurate_pineapple
9. Juni 2023 07:25

Ein schlechter Scherz. Genau wie in der Pflege sollen weniger qualifizierte (2 J. PFA) die Arbeit der 3 jährigen Diplom Fachkraft ausüben. Das ist alles gewollt. Die korrupte Regierung will Deutschland beim Niedriglohnsektor einholen.
Arschlöcher!

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