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Wie Sebastian Kurz und die ÖVP die Medien kontrollieren – Erklärt von Julia Herr in 5 Punkten

Riesige Werbebudgets. Medien, die der ÖVP-nahen Raiffeisen und der Kirche gehören. Regierungs-Verantwortung, die genutzt wird, um „brave“ Medien zu fördern, kritische Medien zu bestrafen.
Die SPÖ-Abgeordnete Julia Herr erklärt in 5 Punkten, wie Sebastian Kurz und seine ÖVP die österreichischen Medien kontrollieren. Das Video geht viral und wurde auf Facebook bereits über 380.000 mal gesehen.

Die ÖVP unter Kurz betreibt ganz intensive „Message Control“, heißt es. Das bedeutet nichts anderes, als dass alle Medienberichte über den ÖVP-Obmann genauestens überprüft werden nach Bild, Titel und Aussage. Nichts wird dem Zufall überlassen. Wenn Kurz im Flugzeug die Business Class nimmt, gibt es keine Fotos davon, wenn Kurz Economy-Class fliegt, sind die Fotos in den Zeitungen. Wenn die Kurz-ÖVP Kurz beim Wandern zeigen will, nimmt die „Krone“ sogar ein Foto vom Vorjahr, Hauptsache, der Kanzler macht darauf gute Figur.

Ex-Kurier-Chefredakteur Helmut Brandstätter schreibt in seinem Buch „Kurz und Kickl“, wie Kurz und sein „Medienaufpasser“ Gerald Fleischmann, der Medienbeauftrage der Bundesregierung, bei den Zeitungen anrufen, wenn die Berichterstattung nicht passt.

Aber warum lassen sich Österreichs Medien das gefallen, wie funktioniert diese politische Beeinflussung unserer Nachrichtenhäuser?  Julia Herr erklärt in dem Video, wie Macht und Geld dabei helfen, den Journalismus „dezent willfährig“ (O-Ton einer österreichischen Journalistin, Name und Anschrift der Redaktion bekannt) zu halten.

 

Der Text im Original-Wortlaut

Kontrolle und Druck ausüben

Jedes Foto, jedes Zitat und jede Überschrift wird in der ÖVP genau kontrolliert. Fliegt Kurz mit dem Flugzeug in der Business Class, wird geschwiegen, aber fliegt er Economy Class, gibt es ein tolles Bild von ihm. Manchmal wirkt es so, als ob er sich neben berühmte Personen stellt, einfach um schnell ein Foto mit ihnen zu machen. Das ist fast schon peinlich! Welche Bilder wir vom Kanzler sehen, ist genau überlegt. Wie zum Beispiel jetzt wieder hier beim Wandern. Das Foto ist übrigens ein Jahr alt, aber es war auch heuer wieder in der Zeitung weil´s so schön ist. Meistens Fotos vom ÖVP-Fotograf in Szene gesetzt, das übernehmen die Zeitungen dann oft einfach.

Auch wer in der Regierung sprechen darf – und wozu – ist koordiniert. So hat sich eine Pressekonferenz zur Corona Verordnung um einen Tag verschoben, weil der Kanzler im Ausland war und allein und ohne Kanzler hat der grüne Minister Anschober die PK scheinbar nicht machen dürfen.

Die “Message Control” ging letztes Jahr im Wahlkampf so weit, dass man mit manchen Zeitungen gar nicht erst sprechen wollte. Im Wahlkampf letzten Jahres hat die ÖVP zum Beispiel die kritische Wochenzeitung “Falter” ausgeschlossen, mit der Begründung der Falter sei eine “Wochenend-Zeitung”, man treffe jetzt gerade nur “Tageszeitungen”.

Und wenn trotz “Message Control” ein Artikel nicht passt, wird nachtelefoniert, und oftmals auch Druck ausgeübt. Sodass der Beitrag geändert wird. Vor kurzem hat Sebastian Kurz bei einem Puls4 Interview eine Journalistin erinnert, dass sie ja ein eigenes Hirn habe. Die Passage wurde rausgeschnitten und nicht ausgestrahlt. Erst im Nachhinein wurde dann das ganze Video veröffentlicht.

Gerald Fleischmann, der langjährige Pressesprecher von Kurz, ist als Mann fürs Grobe bekannt. Er soll besonders hartnäckig und brutal zur Sache gehen und Journalisten einschüchtern. Doch auch der Bundeskanzler greift bekanntlich zum Hörer und äußert Kritik, wenn ihm ein Bericht nicht passt.

Gönn´ dir Millionen-Budgets

Hinter Kurz steht eine PR Maschine, die eben für diese gute Berichterstattung sorgt. Ca. 60 MitarbeiterInnen für Medienarbeit gönnt sich Kurz in seinem Kabinett. Ein vollkommen aufgeblasener Apparat. Geleitet wird die ÖVP Kommunikation innerhalb der Bundesregierung, vom langjährigen Pressesprecher Gerald Fleischmann.

Pikantes Detail am Rande: Neben seinem riesigen PR Stab, hat sich Kanzler Kurz im Jahr 2020 zusätzlich sein Repräsentations-Budget im Bundeskanzleramt verVIERfacht, also um 1 Million € erhöht. Es ist zwar Krise, und 100.000e Menschen stehen an der Armutsgrenze, aber mehr Geld für Repräsentation muss jetzt sein. Das muss dieses Sparen im System sein…

Dreh kritischen Medien den Geldhahn zu und finanziere befreundete Zeitungen

Zeitungen stehen unter großem finanziellen Druck. Sie sind von Inseraten und Fördergeldern abhängig. In Zeiten von Corona gilt das noch viel mehr, weil die Wirtschaft schwächelt und weniger Inserate und Werbung schaltet. Deshalb gab es quasi eine Corona Sonderförderung für Medien, was auch wichtig ist.

Gleichzeitig würden diese Fördergelder dann doch sehr einseitig vergeben und werfen viele Fragen auf. So haben ÖVP-nahe Medien überdurchschnittlich profitiert.

Gleich zwei Magazine des ÖVP Bauernbundes haben mehr bekommen als die Wochenzeitung Falter. Oder die Parteizeitung der ÖVP-OÖ, das „OÖ Volksblatt”, hat dreimal so viel bekommen wie die Wochenzeitung Profil.
Selbst die Kirchen-Zeitung der Diözese Linz kriegt mehr Förderung als Falter und Profil.

Neben dieser absolut parteipolitisch beeinflussten Vergabe von Fördergeldern, sind vor allem auch Inserate wichtig! Regierungsinserate machen nämlich ein vielfaches von der offiziellen Medienförderung aus. Da geht es also um richtig viel Geld, und um Gefälligkeiten natürlich. Unter Türkis-Blau gab es für regierungskritische Zeitungen, ihr werdet es erwarten, weniger Geld, es wurde auch erstmals in „Rechts-außen-Blättern“ inseriert. Außerdem durfte sich der Boulevard über mehr Geld freuen. Gefällige Berichterstattung wird von Kurz und Co belohnt.

Nutze deine Regierungsverantwortung für ÖVP Parteipolitik aus

Die Medien-Agenden sind unter Schwarz- Grün übrigens zum Bundeskanzleramt gewandert. Kanzler Kurz ist also selbst zuständig.

Und noch etwas muss man erwähnen: Wisst ihr wer Medienbeauftragter im Bundeskanzleramt ist? Ja? Ja? Tatsächlich es ist der Mann fürs Grobe Gerald Fleischmann. Er, der langjährige Vertraute und Pressesprecher von Sebastian Kurz, der im übrigen immer noch für die ÖVP-Kommunikation in der Regierung verantwortlich ist. Ja, ihr habt es richtig gehört. Fleischmann soll sich also als Regierungsbeauftragter um Medienthemen kümmern und gleichzeitig die Kommunikation der ÖVP in der Türkis-Grünen Regierung koordinieren. Ja! Sebastian Kurz sieht dabei keinen Interessenskonflikt. Du nicht! Andere schon!

Diese Aufgaben gehören getrennt! Man kann nicht gleichzeitig für Öffentlichkeitsarbeit der ÖVP und Medienpolitik der Bundesregierung verantwortlich sein. Aber genau das passiert leider. Nutze deine Regierungsverantwortung für ÖVP-Parteipolitik aus.

Kauf dich bei Zeitungen ein!

Zeitungen gehören natürlich auch wem. Und wem, ist in Österreich besonders spannend. Die Raiffeisenbank, die katholische Kirche und einige wenige reiche Familien teilen sich den Großteil der hierzulande gelesenen Medien auf. So besitzt die Raiffeisenbank, die ÖVP-Hausbank kann man sagen, 50% des Kuriers. Beim Kurier wurde übrigens der regierungskristische Chefredakteur, durch eine regierungsfreundlichere Chefredakteurin ersetzt. Nur so.

Und ein weiterer Freund von Sebastian Kurz, Rene Benko, der den Bundeskanzler auch in Wirtschaftsfragen berät, hat sich vor zwei Jahren bei “Kronen Zeitung” und “Kurier” eingekauft. Auch spannend.

Resümee

Das waren die 5 Schritte durch die Sebastian Kurz versucht, Medien zu kontrollieren.
Natürlich muss man neidlos anmerken, dass viel am erfolgreichen Auftreten des Kanzlers an einem handwerklich guten Team und teilweise wirklich unglaublich professioneller Arbeit liegt. Natürlich geht´s da auch um klare Botschaften und leicht verständliche Aussagen, die der Kanzler stets wiederholt. All das will ich nicht in Abrede stellen, aber zu viele Linien wurden hier überschritten.

Es geht nicht, dass man JournalistInnen unter Druck setzt, dass man mit kritischen Zeitungen nicht zusammenarbeiten will, dass derjenige für Medienpolitik zuständig ist, der auch für Öffentlichkeitsarbeit für den Kanzler zuständig ist. Und es braucht eine neue Medienförderung, denn wenn wir kritischen Journalismus haben wollen, braucht es eine finanzielle Absicherung für kritischen Journalismus.

Und all das hat Auswirkungen auf die Pressefreiheit in Österreich. Auch dieses Jahr sind wir wieder zwei Plätze im internationalen Vergleich nach hinten gerutscht. Nicht nur in Zeiten von Schwarz-Blau, auch zur Zeit von Schwarz- Grün! Das darf uns nicht egal sein, deshalb hilf mit und teil das Video!

 

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Petrov
Petrov
26. April 2021 15:33

Warum die Wahrheit nicht ans Tageslicht kommen darf, erklärt hier auch die Journalistin Kornelia Kirchweger: https://www.youtube.com/watch?v=AnKX5HJ41zs

Frank
Frank
16. März 2021 19:47

über Ereignisse nicht ehrlich zu berichten eine Sache, über Ereignis nicht zu berichten weil man sie Totschweigt ist die gleiche Sache

Hans
Hans
Reply to  Frank
1. Mai 2021 16:15

Die Frage ist, was das größere Verbrechen an den Menschen ist.

Hugo Rainer
Hugo Rainer
17. Dezember 2020 01:51

Altersheim Bewohner werden einfach aus den Benutzer Konten oder Facebook eliminiert, wenn sie Kurz kritische Beiträge verfassen

Hugo Rainer
Hugo Rainer
24. November 2020 11:35

Man kontrolliert meinen Email account und hat meine Kommentare in den großen österreichischen Tageszeitungen verhindert. Aus Facebook wurde ich eliminiert

rudolf
rudolf
Reply to  Hugo Rainer
11. Januar 2021 10:26

Und warum werden die „GRATIS-ZEITUNGEN“ auf öffentlichen Grund, nicht UNTERSAGT???
Sie haben für die Partei nur ganz wenig bis garnichts im Sinn!
Diese verdienen MILLIONNEN mit der Werbung und sind mehrheitlich „RECHTS“ angesiedelt!!
Wenn jemand diese Zeitungen lesen will, soll er/sie sich in der Trafik KAUFEN!!

Petrov
Petrov
Reply to  rudolf
1. Mai 2021 16:21

Ich bewundere deine -4-Klicker, hehe. Egal: Hauptsache du hast das verstanden, wie sich die sogenannten Gratiszeitungen finanzieren. Und mich kosten sie beim nächsten Einkauf mindestens so viel, wie ich, und das tu ich lieber, weil die unschuldig sind, wie mich die Arbeitslosen kosten. Nein, mehr, die kosten mich derzeit um die 45 Euro im Monat, was ich gerne bezahle, die Werbung kostet mich (bei meinem Einkaufsverhalten und das ist auch ‚verhalten‘!) 90 € pro Monat.
Über diese Zeitschriften muss ich das bezahlen, weil die Schaltkosten in die Produkte rein gerechnet werden, basta.
Leider kapieren das die wenigsten deiner Mitbürger. Und wenn die Masse was nicht kapiert, ist es unmöglich etwas zu ändern. Zeigt der jüngste Versuch in den USA bei Amazon eine Gewerkschaft zu installieren, wobei die Profiteure, die Arbeitnehmer, dagegen gestimmt haben, hehe. Oops!

Korr.:
Korr.:
Reply to  Petrov
1. Mai 2021 16:28

»Und mich kosten sie beim nächsten Einkauf mindestens so viel, wie ich, und das tu ich lieber, weil die unschuldig sind, wie mich die Arbeitslosen kosten.«

1) Und mich kosten sie beim nächsten Einkauf mindestens so viel, wie ich, und das tu ich lieber, weil die unschuldig sind, für die Arbeitslosen aufzuwenden habe.
2) Und mich kosten sie beim nächsten Einkauf mindestens so viel, und das bezahl ich lieber, weil die unschuldig sind, wie mich die Arbeitslosen kosten.

Interessant:
Interessant:
Reply to  rudolf
1. Mai 2021 16:34

Obwohl einen die (versteckte) Werbung doppelt soviel kostet wie die Arbeitslosigkeit, regt sich darüber keiner auf, hehe.
Das nennt man gute Aneignung des Geldes der anderen. Du bezahlst Leute, die dich nicht die Bohne interessieren und du bezahlst für Dinge, von denen du nichts weist. Du bezahlst auch dafür, und das ist kurios, dass ein Konzern seine Produkte an dich los wird und damit Megakohle macht. Die dir zu Gunsten der Konzerne aufgezwungene Werbung trägt dazu bei, dass die Preise der von dir erworbenen Produkte höher sind als sie ohne Werbung sein würden bzw. könnten.

Deshalb hab ich seit
Deshalb hab ich seit
Reply to  Hugo Rainer
1. Mai 2021 16:38

den 90ern über 100 Accounts mit anderen Namen und lösche Cookies und die Datenbenkendateien nicht nur per Klick, sondern werfe diese in den Papierkorb und überschreibe sie mehrmals. Das nützt zwar meine Festplatte stärker ab, aber macht das Verfolgen ungeheuerlich viel schwieriger, aufwändiger.

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