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Größter Insolvenzfall seit 10 Jahren – aber René Benko ist fein raus

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Die Möbelkette Kika/Leiner hat am 12. Juni offiziell die Insolvenz beantragt. Es ist, angesichts der Größe des Unternehmens, der größte Pleitefall der letzten zehn Jahre. Etwa jeder zweite Beschäftigte verliert seinen Job. Auf die Republik kommen horrende Kosten zu: Sie ist Gläubigerin und verantwortet den Insolvenzentgeldfonds. Während die Steuerzahler:innen also mit etwa 100 Millionen Euro für den Schaden aufkommen müssen, kann René Benko sein Milliardenvermögen weiter ausbauen.

Ein Mega-Deal im Jahr 2018 – mit Hilfe aus der Politik

Im Juni 2018 hat René Benko mit seiner Immobilien-Holding Signa den kriselnden Möbelhändler vom südafrikanischen Konzern Steinhoff übernommen. Benko hatte seit Jahren geplant, in den österreichischen Möbelmarkt einzusteigen.

Als Kika-Leiner 2017 in die Krise schlittert, wittert der Milliardär seine Chance und übernimmt zunächst den großen Leiner-Flagshipstore auf der Mariahilfer Straße – um 60 Millionen Euro. Dass es höhere Angebote gegeben hatte, erfuhr die Öffentlichkeit erst später. Ende Juni 2018 übernimmt Benkos Signa schließlich alle 68 Filialen der Kika-Leiner-Kette.

Für alle Immobilien legte die Signa rund 430 Millionen Euro auf den Tisch und verpflichtete sich, 100 Millionen Euro Sanierungsbetrag zu zahlen. Sowohl beim Kauf des Leiner-Hauses auf der Mariahilfer Straße wie auch bei der Übernahme der gesamten Möbelhaus-Kette hatte Benko einen wichtigen Unterstützer: Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz soll beide Male in engem Kontakt mit Benko gestanden sein und sich für den Einstieg des Milliardärs in den österreichischen Möbelmarkt eingesetzt haben. „Serviceorientierte Verwaltung“ nannte es später ein Kanzlersprecher. Benko zählt zum Umfeld von Kurz und hat diesen auch in Wirtschaftsfragen beraten.

 

„Während die Profite des Unternehmens gesichert wurden, müssen viele unserer Leute jetzt schlaflose Nächte leiden, weil mit ihren Existenzen brutal gespielt wird. Diese 1.900 Beschäftigten bei Kika und Leiner sind keine Bittsteller:innen.”
Andreas Babler, SPÖ-Vorsitzender

Immobilien ins Töpfchen, das Möbelgeschäft ins Kröpfchen

Der Deal 2018, so hieß es damals, „sichere den Erhalt von etwa 5.000 Arbeitsplätzen im Land“. Nicht mal zwei Monate später wurde bekannt, dass der neue Eigentümer jeden 5. Mitarbeiter kündigen würde. Man stieß das Osteuropa-Geschäft ab – Signa bekam 200 Millionen dafür.

Benkos Signa kaufte das gesplittete Kika-Leiner-Geschäft: Auf der einen Seite sind da die Immobilien, die im Wert gesichert sind – und die er später auch teuer verkaufen wird. Auf der anderen Seite das operative Möbelgeschäft, das Verluste macht – aber gleichzeitig hohe Mietzahlungen für die Gebäude leistet.

René Benko ging und geht es nur um Immobilien. Nicht um die Geschäfte in den Häusern, nicht um die Mitarbeiter:innen. Er kauft und verkauft lukrative Hüllen, macht damit Profite. Den Rest lässt er fallen und der Staat soll es richten.

Bis zum Totalverkauf vor wenigen Tagen sollen weitere 200 Millionen Euro an die Signa über Verkäufe geflossen sein.

Bei der Möbelkette wuchs unterdessen der Schuldenberg und steht bei etwa 132 Millionen Euro. Nimmt man die Gutscheinforderungen und Anzahlungen, die man rückerstatten muss, hinzu, sind es 200 Millionen Euro Schulden. Einer der größten Gläubiger ist die Republik Österreich.

In Summe war es für Benko und seine Holding ein lukratives Geschäft. Für die Beschäftigten führt es jetzt zur Katastrophe.

Gesplitteter Verkauf an „Supernova“-Gruppe

Nun hat Benko Kika-Leiner vollständig verkauft: Die Immobilien gehen an die „Supernova“-Gruppe des deutschen Unternehmers Frank Albert. 2017 hat Frank Albert über seine Firma „BM 454 GRA GmbH“ 40.000 Euro für den Wahlkampf von Sebastian Kurz (ÖVP) gespendet, weitere 20.000 Euro über die „Supernova Baumärkte“.

Das operative Geschäft und die Möbelkette gehen an eine Gesellschaft rund um Hermann Wieser, Ex-Geschäftsführer von Kika/Leiner.

René Benko beriet Sebastian Kurz (ÖVP) in Wirtschaftsfragen, Kurz wiederum soll bei der Kaufabwicklung von Kika/Leiner 2018 unterstütz haben. (Foto: Helmut Fohringer/ APA Picturedesk)

Republik könnte Kosten bis zu 100 Millionen Euro tragen müssen

Wie hoch die Kosten für die Republik genau sein werden, lässt sich noch nicht genau sagen. Während der Corona-Krise hat der Staat der Kika-Leiner-Kette Steuerstundungen in Höhe von etwa 40 Millionen Euro gewährt – die jetzt nicht bezahlt werden können. Hinzu kommen die Kosten aus dem Insolvenzentgeltfonds – einer Art Versicherung für Beschäftigte zahlungsunfähiger Unternehmen, in den Arbeitgeber:innen einzahlen.

@kontrast.at #stitch mit @Kontrast  Rene Benko wird noch reicher, gleichzeitig verlieren 1.900 Kika/Leiner-Mitarbeiter:innen ihre jobs. Warum? #österreich #vermögenssteuer #politik #immobilien #signa ♬ Originalton – Kontrast

Besonders bitter: Durch Insolvenz kann Gewerkschaft keinen Sozialplan für Beschäftigte verhandeln

In den Filialen der von Kündigung betroffenen Mitarbeiter:innen finden in diesen Tagen Betriebsversammlungen statt. Dort wird über Ansprüche informiert. Das Problem: Die Insolvenz mindert das Geld, das die Mitarbeiter:innen erhalten können. „Die Insolvenz bedeutet, dass wir keinen Sozialplan verhandeln können“, macht Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, in der „ZIB 2“ als Problem aus.

Es gebe zwar ein Angebot für die entlassenen Mitarbeiter:innen, heißt es vonseiten der neuen Geschäftsführung. Demnach sollen sie über eine Jobplattform bei anderen Einzelhandelsketten angestellt werden. Auch ein Fonds für Härtefälle soll eingerichtet werden. Doch die Gewerkschaft warnt die Beschäftigten eindringlich davor, bestehende Arbeitsverträge vorschnell zu beenden:

„Einvernehmliche Auflösungen des Dienstverhältnisses können oft stark nachteilige Wirkungen für Beschäftigte haben. Ich appelliere daher an alle Betroffenen: Lassen Sie sich bei Ihrer Gewerkschaft beraten, bevor Sie irgendetwas unterschreiben!“, heißt es von der GPA.

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Josef Sebastian Köni
Josef Sebastian Köni
14. Juni 2023 18:31

2018 übernahm Benko, unter Tatkräftiger Unterdtützung von Freund Kurz Kika/Leiner zum Schnäppchenpreis. HURRA schrien ÖVP-Kurz und FPÖ-Strache, wir haben 5000 Arbeitsplätze gerettet. Von wegen, 2 Monate später verlor jede/r 5te MitarbeiterIn ihren Arbeitsplatz! 2023 verkauft Benko die Immobilien mit einem super Gewinn an Albrecht. Den Möbel Handel um 3 Euro an Wieser der sich um die „Entsorgung weiterer 1.900 Mitarbeiterinnen kümmert! Und schickt Kika/Leiner in die Insolvenz=KEIN Sozialplan für die betroffenen MA + rd. 40 Mio. offener gestundeter Steuerschuld futsch!
“ Kann es sein dass wir von Hohlkopfnieten regiert WURDEN, KURZ – keinenen Berufsabschluss und nie gearbeitet, BLÜMEL- der Mann ders Budget falsch berechnet u. keinen Laptop besitzt?“
Jedes Bankinstitut verlangt Sicherheiten für einen Kredit. Diese Herren waren anscheinend zu bequem Immobilien des Hr. Benko als Sicherheit zu fordern!
KOSTE ES WAS ES WOLLE – Zahlen e alles die steuerzahlenden ArbeitnehmerInnen!

Chris
Chris
Reply to  Josef Sebastian Köni
20. Juni 2023 14:48

ich glaube das ist ein Missverständnis: die wissen GANZ genau was sie tun! Nur ist das halt nicht in unserem Interesse, sondern in derer…

saloo
saloo
13. Juni 2023 20:09

Das ganze erinnert an das Desaster um den Konsum,oder

Pfarrer Braun
Pfarrer Braun
Reply to  saloo
14. Juni 2023 13:12

Nur beim Konsum hat sich kein Sozi die Taschen mit Millionen gefüllt und die Steuerzahler gelinkt.

Ingrid J.
Ingrid J.
13. Juni 2023 19:34

Bitte könnte mir irgendwer etwas erklären? Abseits der Gebäude, warum kauft jemand eine Möbelkette, die schwerst angeschlagen ist? Ich dachte immer, bei solch großen Kaufgeschäften werden Bilanzen vorgelegt, anhand derer man den tatsächlichen Wert erkennen kann. Vom Großen zum Kleinen: Ich kaufe mir doch auch nicht ein Auto, dessen Motor kaputt ist. Ich verstehe das wirklich nicht. Wieso wird hier keine Rückabwicklung angestrebt?

Ingrid J.
Ingrid J.
Reply to  Ingrid J.
13. Juni 2023 20:53

Jetzt bin ich wohl doch etwas klüger geworden. Die Möbelkette wurde um 3 (in Worten: drei) Euro verkauft! Habe ich vorhin in den Nachrichten gehört. Wäre ich eine Angestellte dieses Möbelhauses, würde ich mich ärgstens verar…t fühlen. Das ist ja wohl an Respektlosigkeit aller beteiligten Agierenden nicht mehr zu überbieten.
Ginge es um Gerechtigkeit, müsste es hier entsprechende Gesetze geben. Gibt es aber scheinbar nicht. Wir können hier also erkennen, was wir „der Obrigkeit“ wert sind. Wir sind nicht mehr als Kreuzerlspender:innen auf Wahllisten und Geld schei.ende Esel-streck-dich.

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