Klimawandel Colorado River (unsplash/@astrobound)
Klimawandel

Klima-Inferno von China bis USA: Wo uns schon jetzt das Wasser ausgeht

Der Grundwasserspiegel sinkt, Flüsse und Seen trocknen aus, Felder verdorren. Flüssen wie dem Po, dem Rhein, aber auch der Donau geht das Wasser aus. Das hat auf die Trinkwasserversorgung genauso fatale Auswirkungen wie auf die kommerzielle Schifffahrt. Betroffen sind außerhalb Europas auch Länder wie die USA, China, Mexiko oder Indien. Denn die aktuelle Hitzeperiode und Trockenheit wirkt sich im Jahr 2022 global aus.

Der Klimawandel bringt die Dürre

Entweder es regnet zu wenig oder zu viel. Im Jahr 2022 ist es vor allem zu wenig, was sich im heurigen Sommer an verdorrten Wiesen, Feldern und vertrockneten Flüssen und Seen zeigt. Als grundsätzliche Ursache gilt der globale Klimawandel, dessen Auswirkungen verschiedener Natur sind. So bringt etwa der veränderte Jetstream wochenlange Hochdruckgebiete in Europa. Der fehlende Niederschlag im Winter lässt das Grundwasser sinken, durch den Rückgang der Alpengletscher fehlt vielen Flüssen und Seen das Schmelzwasser im Frühjahr und Sommer. Die Böden sind mittlerweile in vielen Gebieten derartig ausgetrocknet, dass es schon eine Menge Regen benötigen würde, damit das überhaupt einen relevanten Anstieg des Grundwassers oder einen Anstieg der Pegel in den Gewässern bewirken könnte.

Frankreich – Einem Land geht das Wasser aus

Seit Wochen herrscht in Frankreich eine historische Dürre, fast im ganzen Land gelten Wasserbeschränkungen. In einigen Regionen ist die Lage inzwischen so schlimm, dass mehr als 100 Gemeinden auf LKW-Trinkwasserlieferungen angewiesen sind. Aber auch die Stromversorgung des Landes leidet darunter: die beiden Flüsse Rhone und Garonne, die zur Kühlung von Atomreaktoren verwendet werden, sind inzwischen zu stark aufgeheizt. Fünf Atomkraftwerke in Frankreich dürfen weiterhin wärmeres abfließendes Kühlwasser als eigentlich zugelassen in die Flüsse zurückleiten, weil man sonst eine Energieknappheit befürchtet.

Italien sitzt am Trockenen

In Italien hat die extreme und langanhaltende Dürre verheerende Folgen für die Landwirtschaft. Der Fluss Po, der durch eine der fruchtbarsten Regionen Italiens fließt und essenziell für die landwirtschaftliche Produktion vor Ort ist, hat den niedrigsten Wasserspiegel seit 70 Jahren. Die massive Trockenheit führt zu Ernteausfällen und zur Vertrocknung von ganzen Feldern. Auch im Flussdelta südlich von Venedig führt die Austrocknung zum Verfaulen von Algen, wodurch den Muscheln im Meer der lebenswichtige Sauerstoff entzogen wird.

Deutschland: Der Rhein – vom Strom zum Rinnsal

Der Rhein ist nicht nur der längste Fluss in Deutschland, er ist auch eine der meistbefahrenen Wasserstraßen der Welt, von der neben der Bundesrepublik auch die Schweiz und Holland profitieren. Der aktuelle Wassermangel beeinträchtigt mittlerweile die Schifffahrt schwer, wovon unter anderem der Transport von Getreide, Diesel und Kohle beeinträchtigt ist. Und das zu einer Zeit, in der durch den Krieg in der Ukraine ohnedies Preise für die Güter selbst und auch die Transportkosten sehr hoch sind. Apropos volkswirtschaftliche Kosten: als der Rhein 2018 Rekord-Niedrigwasser führte, kostete das Deutschland 5 Milliarden Euro.

 

Dürre in England: Themse ausgetrocknet

Es kommt schon manchmal vor, dass die Themse im Hochsommer hier und da weniger Wasser führt. Doch heuer ist es schlimmer als sonst: In Ashton Keynes –nur wenige Kilometer von der Quelle entfernt – ist die Themse komplett ausgetrocknet. Auch Großbritannien leidet diesen Sommer unter extremer Hitze und Trockenheit. Allein in London wurden Temperaturen jenseits der 40 Grad Celsius gemessen – das erste Mal seit Beginn der Messungen.

Rumänien, Serbien, Bulgarien: Auch der Donau fehlt viel Blau

In Rumänien nähert sich der Pegel der Donau einem neuen historischen Tiefstand. Im Südosten des Landes, in Bazias, liegt die Durchflussmenge der Donau nur noch bei 1.900 Kubikmeter pro Sekunde – nicht mehr weit entfernt vom absoluten Tiefstand 1992. Damals flossen noch knapp 1.580 Kubikmeter Wasser pro Sekunde die Donau entlang.

Das Land leidet unter einer nie dagewesen Dürre. Die Böden sind ausgedorrt, rissig und staubtrocken – im Osten in der Region Moldau ist ein Drittel der Felder und Anbauflächen zerstört. Die Traktoren stehen still, der Mais hat keine Kolben. Laut dem Landwirtschaftsministerium sind 150.000 Hektar in 20 Bezirken von der Trockenheit betroffen.

An der rumänisch-bulgarischen Grenze ist die Lage ähnlich kritisch. Im Gebiet von Zimnicea und weiter flussabwärts in Cernavoda ist der Pegel so niedrig, dass sich riesige Sandbänke bilden und den Schiffsverkehr lahmlegen. Kreuzfahrtschiffe und Frachter stehen still.

Eine ungewöhnliche Schiffsblockade: In Serbien tauchen wegen des niedrigen Wasserstands die Wracks alter deutscher Kriegsschiffe aus der Donau auf und blockieren die Schifffahrt. Die Kriegsschiffe würden während des Zweiten Weltkrieges dort versenkt und treten heute nur noch zutage, wenn der Wasserpegel extrem niedrig ist.

Mit Baggern versucht man in Bulgarien, Rumänien und Serbien die Schifffahrtskanäle wieder freizuschaufeln, um wenigstens die Weiterfahrt des Frachtverkehrs und der Kreuzfahrtschiffe zu gewährleisten.

Österreich: Ersten Gemeinden geht das Wasser aus

Im oberösterreichischen Traunkirchen wird das Wasser knapp, die die Bevölkerung wird zum Sparen aufgerufen. Betroffen sind die Gemeinden, die oberhalb des Traunsees liegen und vom Regenwasser abhängig sind. Der Bürgermeister hat deshalb die Bevölkerung dazu aufgerufen, die Swimmingpools nicht aufzufüllen, Regenwasser für die Gartenbewässerung zu nutzen.

Neusiedlersee: Im Seewinkel droht die letzte Lacke zu verlanden

Der Neusiedlersee hat so wenig Wasser wie noch nie. Normalerweise speist sich der See aus Regenwasser, aber durch die langanhaltende Trockenheit ist bald nur noch Staub und Stein, wo letztes Jahr noch gebadet wurde. Der Neusiedlersee ist Teil des Seewinkel Nationalparks mit mehreren Salzlacken. Die meisten dieser Salzlacken sind bereits verlandet – so etwas die Lange Lacke. Die letzte noch verbleibende Lacke – die Darscho-Lacke bei Apetlon – droht nun auch komplett auszutrocknen. Das zeigt nicht nur die Dringlichkeit der Lage, sondern hat vor allem auch fatale Folgen für die dort lebenden Tiere. Gerade Zugvögel nutzen die Lacken, um sich für die Weiterreise vollzufressen.

Bodensee um 95 Zentimeter niedriger als sonst zu dieser Jahreszeit

Auch in Vorarlberg lassen sich die Folgen der Trockenheit beobachten. Normalerweise steht das Wasser im Bodensees zu dieses Jahreszeit um einiges höher: Jetzt fehlen jedoch 95 Zentimeter zum durchschnittlichen Stand. Zur Verdeutlichung: Soll der Pegel des Bodensees um einen Zentimeter erhöht werden, braucht es 5,4 Millionen Kubikmeter Wasser. Ein durchschnittlicher 4-Personen-Haushalt in Österreich braucht etwa 200 Kubikmeter Wasser pro Jahr.

China: Stärkste Hitzewelle seit Beginn der Messungen vor sechs Jahrzehnten

Laut Meteorologen leidet China unter der stärkste Hitzewelle seit Beginn der Messungen vor sechs Jahrzehnten. Seit Wochen bleiben die Niederschläge aus. Mehrere chinesische Provinzen rufen den Notstand aus: Es ist zu trocken und zu heiß. Temperaturen von mehr als 40 Grad Celsius gefährden die Ernte in Chinas Kornkammer Henan.

Besonders betroffen sind die Regionen, durch die der längste Fluss des Landes fließt – der Jangtsekiang. Diese Regionen sind stark von den Wasserkraftwerken des Flusses abhängig. In der Provinz Sichuan etwa werden 80 Prozent des Stromes aus Wasserkraft bezogen. Auch Shanghais Industriegebiete werden mit der Energie des Flusses versorgt. Doch auch der Jangtsekiang führt inzwischen zu wenig Wasser, denn in den letzten Wochen hat es um mehr als 60 Prozent weniger geregnet. Die Einzugsgebiete und -flüsse führen kaum oder nicht genug Wasser.

Jetzt droht ein Dominoeffekt: Wegen der hohen Hitze werden in den Metropolen wie Shanghai mehr Klimaanlagen betrieben (Stromverbrauch um 38 Prozent gestiegen). Weil der Jangtsekiang aber zu wenig Wasser führt, stockt dort die Stromerzeugung. Chinas Regierung setzt in den betroffenen Regionen jetzt wieder vermehrt auf Kohlekraftwerke, um die Ausfälle der Wasserkraft zu kompensieren. Schlechte Nachrichten für’s Klima: Denn als fossiler Brennstoff ist Kohle einer der Haupttreiber der Erderwärmung.

Indien: 50 Grad plus in Neu-Delhi – die fünfte Hitzewelle seit März

In neun Regionen Indiens wurden heuer bereits Temperaturen über 50 Grad gemessen. Die Ausnahmen sind längst zum Trend geworden. Die Mega-Metropole Neu-Delhi leidet bereits unter der fünften Hitzewelle seit März.

Vielerorts fallen die Temperaturen nicht mehr unter 40 Grad. Seen und Flüsse trocknen aus. Wegen der extremen Hitze und der Trockenheit konnte das Korn nicht ausreifen. Die Weizenproduktion könnte Schätzungen zufolge um 15 Prozent einbrechen. Indien produziert zur Selbstversorgung fast 110 Millionen Tonnen Weizen pro Jahr. Jede Tonne weniger bedeute mehr hungernde Menschen.

Mexiko: Notstand wegen extremer Dürre – 70 Prozent des Landes betroffen

Seit 12. Juli gilt in  Mexiko der Notstand wegen extremer Dürre. Sonora, Chihuahua, Coahuila und Baja California: Laut des staatlichen Dürremonitors mangelt es in 70 Prozent des Landes an Wasser. Der Grund? Wie überall anders auch – Zu wenig oder gar kein Regen.

Bei Albuquerque (New Mexico) ist jetzt zum ersten Mal seit 40 Jahren der Rio Grande ausgetrocknet. Der Fluss fließt auch durch den Norden von Mexiko. Dort nennt man ihn Rio Bravo del Norte.

Mit dem Notstand will die Regierung vorübergehend den Wasserverbrauch der Industrie und industriellen Landwirtschaft einschränken, um Wasserreserven für die Bevölkerung zu speichern.

So verkündigte Präsident Andrés Manuel López Obrador vergangen Montag ein generelles Bierbrauverbot für den Norden des Landes. Corona, Heineken und Co. dürfen wegen des Wassermangels ab sofort nicht mehr produzieren. Die Stadt Monterrey ist nicht nur die Heimat der größten Brauereien, sondern auch die zweitbevölkerungsreichste Stadt Mexikos. Seit Monaten kommt es dort regelmäßig zu Wasserengpässen. Mehrere Stunden am Tag bleiben die Leitungen trocken.

 

USA und der Colorado River: 40 Millionen Menschen könnten das Wasser verlieren

Auch in den USA kündigt sich eine gewaltige Wassermangelkatastrophe an. Der Colorado River versorgt 40 Millionen Menschen in den USA und Mexiko mit Wasser, indem er die zwei Stauseen Lake Mead und Lake Powell füllt. Lag deren Füllungsgrad im Jahr 2000 noch bei 95 %, sind es im Jahr 2022 nur mehr knapp über 20 %. Das zeigen auch die Fotos von den sogenannten „Badewannenrändern“ an den Felswänden. Forscherinnen errechnen aktuell die notwendigen Einschränkungen beim Wasserverbrauch, fraglich ist unter anderem, ob gefüllte Swimmingpools in der Wüste von Las Vegas eine Zukunft haben.

Die Fehler resultieren aber auch aus niederschlagsreichen Zeiten in der Vergangenheit, wo man die Entstehung von Städten und Landwirtschaft in Wüsten und äußerst trockenen Gegenden erlaubt hat.

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Helmut
Helmut
23. August 2022 12:49

Die Weizenmenge die Indien im vergangenen Jahr erzeugte betrug 110 Millionen Tonnen. Da habt ihr in eurem Beitrag die Millionen vergessen.

Claudia Binder-Helnwein
Claudia Binder-Helnwein
Reply to  Helmut
24. August 2022 10:44

Lieber Helmut!

Vielen Dank für deinen Hinweis, ist bereits geändert.

Claudia
für die Kontrast.at-Redaktion

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