Die neuseeländische Labour Party hat mit der Spitzenkandidatin Jacinda Ardern bei den Parlamentswahlen 64 von 120 Sitzen erreicht. Damit hat sie das beste Labour-Ergebnis seit über 50 Jahren erzielt. Für Ardern sind soziale Gerechtigkeit und das Wohlbefinden ebenso wichtig wie das Wirtschaftswachstum, sie geht gegen Immobilienspekulation vor und steht für solides Corona-Management.
Neuseeland hat weltweit betrachtet eine der geringsten Corona-Todesraten. Es war das erste Land, das – zumindest zwischenzeitlich – virusfrei war. Auch die aktuellen Infektionszahlen sind äußerst niedrig. Die Bevölkerung ist zufrieden mit dem Management von Premierministerin Jacinda Ardern.
Solides Covid-Management statt Populismus
Ihre Regierung und sie haben nicht auf eine Kommunikation der Angst gesetzt, sondern auf gegenseitigen Rücksichtnahme, wissenschaftliche Expertise und nachvollziehbare Maßnahmen. Das hat Vertrauen geschaffen und den Zusammenhalt gestärkt.
Insgesamt polarisieren die Corona-Maßnahmen in Neuseeland die Menschen weniger stark als in anderen Ländern: Das kann auch daran liegen, dass es kaum einen rechten Boulevard gibt (die Murdoch-Presse hat es von Australien nie nach Neuseeland geschafft). Mit Advance NZ ist eine populistische Partei mit Corona-Verschwörungsmythen am Einzug ins Parlament gescheitert: Sie konnte nur 0,9 Prozent der Stimmen erreichen.
Christchurch – Empathie statt SpaltungWeltweit bekannt wurde Jacinda Ardern durch ihre Reaktion auf das Christchurch Attentat. Bei dem rechtsextremen Anschlag auf zwei Moscheen wurden 51 Menschen getötet. In den Tagen nach dem rechtsextremen Terroranschlag bewies sie sowohl Stärke als auch Mitgefühl. Sie gab der Trauer und dem Schmerz einer ganzen Nation ein Gesicht.
Erstes “Wohlbefinden-Budget”
Ardern hat sich seit ihrem Amtsantritt 2017 für soziale Gerechtigkeit eingesetzt. Sie trat mit dem Versprechen an, soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz auf dieselbe Stufe zu stellen wie das Wirtschaftswachstum.
“Wirtschaftswachstum ist sinnlos, wenn die Menschen nichts davon haben”, sagt Ardern.
Die neuseeländische Sozialdemokratin ging gleich soweit, die Parameter für den jährlichen Budgetplan komplett neu zu definieren. 2019 erstellte Neuseeland das erste „Wohlbefindens-Budget“. Alle Ausgaben werden danach bewertet, ob sie zum Erreichen der folgenden fünf Ziele beitragen:
- die Verbesserung der psychischen Gesundheit der Bürger
- die Reduzierung von Kinderarmut
- die Bekämpfung der sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheit zwischen der europäischstämmigen Bevölkerungsmehrheit und den Maori-Ureinwohnern
- das Weiterentwickeln des Landes im digitalen Zeitalter
- die Transformation der Wirtschaft für eine emissionsarme, nachhaltige Zukunft.
Gesetz gegen Immobilienspekulation
Auch den Wohnungsmarkt hat Ardern entspannt: In den letzten Jahren hat die Spekulation am Wohnungsmarkt zu enorm hohen Hauskosten und einem Mangel an bezahlbarem Wohnraum geführt. Der Anteil an neuseeländischen Haus- und Wohnungs-Besitzern hat sich binnen 20 Jahren halbiert, weil Superreiche aus dem Ausland mit Immobilien spekulierten. Das hat die Ardern-Regierung beendet: Jetzt ist es per Gesetz nur noch Einheimischen erlaubt, Immobilien zu kaufen.
Ardern will außerdem den Mindestlohn auf 20 Neuseeländische Dollar (11,30 Euro) erhöhen, der aktuelle Mindestlohn liegt bei $18,90. Reinigungs- und Sicherheitskräften im öffentlichen Dienst sollen von der Regierung besser bezahlt werden. Das Einkommen der Menschen soll “nicht nur zum Überleben, sondern zum Gedeihen reichen”, betont Ardern in fast jedem ihrer Auftritte.
Vorstoß zur 4-Tage-Woche
Bereits vor Corona hat Ardern daran gearbeitet, die Arbeitslosenquote auf vier Prozent zu senken. In der Corona-Krise hat sie sich für eine 4-Tage Woche ausgesprochen. Sie will die Arbeitgeber im Land ermuntern, über die Einführung einer Vier-Tage-Woche und andere flexible Arbeitsmodelle nachzudenken. Das würde den Inlandstourismus ankurbeln und könnte dazu beitragen, diesen wichtigen Wirtschaftsbereich aus der Krise zu heben.
Das neuseeländische Parlament war übrigens noch nie so vielfältig wie nach dieser Wahl. Der Anteil von Frauen, Maori, Homosexuellen und Transgender und andere Minderheiten hat sich deutlich erhöht. Zudem sitzen auch mehr junge Menschen im Parlament. Damit ist das Hohe Haus ein stärkeres Abbild der gesellschaftlichen Realität Neuseelands geworden.
Mit dem Wahlergebnis hat Jacinda Ardern die Chance, das Land nachhaltig zu verändern. Das politische Mandat dazu hat die jüngste Regierungschefin der Welt am Wochenende bekommen.
Sebastian Schublach arbeitet am Karl-Renner-Institut zu Globalisierung, Internationaler Politik und Entwicklungszusammenarbeit.
Gut gemacht, sonst folgt die Katastrophe, wie immer durch die Reichgierigen ausgelöst.
Da kommt Neid auf. Was haben wir zu bieten? Korruption, Freunderlwirtschaft, Extrem Rechte und Linke und ganz Aktuell ein nicht Nachvollziehbares Chaos. Aber vielleicht spiegelt sich darin auch nur der Normalzustand.