Corona Tote
Coronavirus

Menschen sterben „an Corona“, nicht „mit Corona“

Foto: Unsplash/Veit Hammer

Die Corona-Pandemie hat die Lebenserwartung der österreichischen Bevölkerung so stark verkürzt wie noch nie seit dem Beginn der Aufzeichnungen 1951. 2020 starben rund 10 Prozent mehr Menschen als im Durchschnitt der letzten 5 Jahre. Dennoch liest man ständig Sätze wie: „Wer weiß, woran die Menschen wirklich gestorben sind…“ „Die hatten ja eh alle andere schlimme Krankheiten!“ „Die wären sowieso gestorben, warum regen sich jetzt alle auf?“ Solchen Aussagen liegt der Glaube zugrunde, dass Leute „halt mit Corona“ versterben. Corona als kleine Zusatzkrankheit. Doch das ist falsch: Bei 4 von 5 Corona-Toten ist der Virus die Todesursache – und keine Nebenerscheinung.

Über 7.000 Menschen sind in Österreich am Corona-Virus verstorben. Liest man Kommentare zum Thema Tod in der Pandemie, gewinnt man den Eindruck, diese Menschen seien vernachlässigbar. Ihre Tode erwartbar. Man soll sich nicht so anstellen.

Sie seien halt „mit“ Corona verstorben. Und überhaupt: Es sterben ohnehin immer Menschen, daran ändert auch Corona nichts. Doch das ist falsch.

Die Pandemie raubt uns mehr Mitmenschen als ein normales Jahr. Die Todesfälle sind gestiegen. 2020 sind über  90.000 Menschen gestorben. Das sind 10 Prozent mehr als im Schnitt der letzten 5 Jahre. Auch in anderen Ländern ist die sogenannte Übersterblichkeit traurige Realität. Und wie Obduktionen zeigen, ist Corona die Ursache – nicht bloß eine Nebenerscheinung dieser Entwicklung.

Corona tötet: Bei 4 von 5 Corona-Toten war Virus die Ursache

Wie findet man heraus, woran ein Mensch gestorben ist? Es sind Obduktionen, also Untersuchungen von Leichen, die hier Antworten geben. In einer deutschlandweiten Studie wurden 154 solcher Obduktionen an Verstorbenen durchgeführt, die an Corona erkrankt waren. Man hat verschiedene Schäden im Körper festgestellt.

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Corona-Patienten im Spital haben zwar meist Vorerkrankungen, doch tödlich ist der Virus.

Auch Vorerkrankungen wie Herz-Kreislauferkrankungen, Übergewicht und Ähnliches wurden festgehalten. Aber dennoch: Was herausstach, waren die Schäden an Blutgefäßen, Leber, Herz und Gerinnsel in der Lunge – hervorgerufen durch Corona.

In der Obduktionsstudie fand man das Virus außerdem bei etwa jedem 3. Verstorbenen im Gehirn. Das Virus schafft es, in unser zentrales Nervensystem einzudringen – und richtet dort Schäden an.

Das Ergebnis der Obduktions-Studie: Bei 82 Prozent der untersuchten Verstorbenen war Corona die wesentliche oder alleinige Todesursache.

Das Fazit von Dr. Johannes Friemann vom Institut für Pathologie der Universität Köln: Diese Patienten starben nicht mit, sondern an COVID-19.

Zum fast identen Ergebnis kommt eine Analyse aus Italien. Dort wurden rund 5.000 Todesfälle untersucht. Die oberste italienische Gesundheitsbehörde ISS und das Nationale Institut für Statistik kamen zum Ergebnis, dass 89 Prozent der offiziellen Corona-Toten direkt an den Auswirkungen der Virus-Infektion gestorben sind.

Vorerkrankungen sind weit verbreitet – und behandelbar

Schwere Verläufe einer Corona Infektion gehen oft mit Vorerkrankungen einher. So mancher denkt dann vielleicht an Krankheiten wie Krebs, vorangegangene Schlaganfälle oder schwere Herz-Kreislauferkrankungen. An Krankheiten, die selbst schon tödlich sein können. Dabei sind Vorerkrankungen, von denen die Rede ist, mitunter weit verbreitete Zivilisationskrankheiten: Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht. Sie erhöhen zwar das Risiko eines schweren Verlaufs der Corona-Erkrankung. Aber sie sind es nicht, die zum Tode führen.

Wenn COVID-19-Patientinnen und -Patienten sterben, dann zumeist an den Folgen von COVID-19 und nicht an ihren Vorerkrankungen“, erklärt Dr. Walter Hasibeder, Präsident der Österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin.

Vorerkrankungen wie Diabetes und Co. sind zudem gut medikamentös oder durch andere Therapien behandelbar. Betroffene können ihrem Alltag nachgehen und ihr Leben führen, wie sie es möchten. Sie fühlen sich fit und treiben Sport. Erst die Corona-Erkrankung verschlechtert den Zustand.

Vorerkrankungen in Zahlen

Laut einer Untersuchung in Deutschland mit über 10.000 Corona-Patienten hat der Großteil der Corona-Erkrankten, die in Spitälern behandelt werden müssen, Vorerkrankungen:

56 Prozent leiden an Bluthochdruck

27 Prozent leiden an Herz-Rhythmus-Störungen

20 Prozent leiden an einer Herzschwäche

14 Prozent leiden an der Lungenkrankheit COPD

6 Prozent leiden an Adipositas.

Zwar lag das durchschnittliche Alter der untersuchten Patienten bei 72 Jahren. Aber jeder 4. Erkrankte war nur zwischen 18 und 59 Jahre alt.

10 Prozent mehr Tote im Jahr 2020

Die Corona-Pandemie hat die Lebenserwartung der österreichischen Bevölkerung so stark verkürzt wie noch nie seit dem Beginn der Aufzeichnungen 1951. 2020 starben rund 10 Prozent mehr Menschen als im Durchschnitt der letzten 5 Jahre. Bei Männern betrug der Anstieg +13,7 Prozent, bei Frauen +8,2 Prozent. Primär liegt das an den hohen Sterblichkeitsraten am Ende des Jahres – jener Zeit, als die Corona-Todeszahlen in die Höhe schossen.

Entwicklung der Sterblichkeit 2020 im Vergleich mit den letzten 4 Jahren:

Österreich kam bis in den Herbst gut durch die Corona-Krise. Die zweite Welle wurde massiv unterschätzt, aber Mitte Oktober stieg die Todesrate steil an.

„Aber an der normalen Grippe sterben genauso viele Leute!“

Diese Aussage tätigen Menschen, die aktuelle Maßnahmen gegen das Ausbreiten des Corona-Virus für übertrieben halten. Egal ob es jetzt um Schulschließungen, zugesperrte Gasthäuser oder Abstandsregeln geht. Man findet: Diese Einschränkungen, die gehen zu weit, die hatten wir die letzten Jahre ja auch nicht.

Was ist dran am Grippe-Vergleich? Schauen wir uns die verfügbaren Zahlen zu den an der Grippe Verstorbenen der letzten Jahre an. Die AGES führt diese als Schätzungen auf ihrer Website an.

In den hier angeführten Grippe-Saisonen – also den Kalenderwochen 40 bis 20 des Folgejahres – sind zwischen 260 und 4.450 Menschen an der Influenza gestorben. Die Saison 2016/17 war in Österreich besonders heftig. Sehr wenige Menschen ließen sich impfen. Die Durchimpfungsrate in dieser Saison betrug gerade einmal 5,3 Prozent. So etwas wie Kontaktbeschränkungen oder besondere Hygienemaßnahmen waren in Jahren allesamt nicht vorgeschrieben. Das hat die Infektionen beflügelt.

Wie ist es jetzt? Seit fast einem Jahr kämpft die Welt gegen das Corona-Virus. In Österreich und vielen anderen Ländern gab und gibt es verschiedene Maßnahmen zur Eindämmung. Die Folge: Es gibt derzeit so gut wie keine Influenza-Infektionen in Europa. Aber knapp 400.000 Corona-Fälle alleine in Österreich – trotz drastischer Einschränkungen.

Im Jahr 2020 sind 840 Menschen an der Grippe verstorben – dass die Zahl so niedrig ist, hat damit zu tun, dass es Lockdowns, Kontakt-Beschränkungen, Mund-Nasen-Schutz und Reisebeschränkungen gibt. Außerdem haben sich 25 Prozent der Bevölkerung impfen lassen – im Vergleich zu den Vorjahren ein sehr hoher Wert.

840 Grippe-Tote im Jahr 2020. Und bei Corona? Zum 31.12.2020 sind 6.329 am Corona-Virus verstorben.

Ein direkter Vergleich zweier verschiedener Viren und ihrer Folgen ist schwierig. Auch, weil wir es bei der Influenza mit geschätzten Zahlen zu tun haben und bei Corona mit Labor-Werten (bei Infektionen) und genauen Daten bei Todesfällen. Aber dennoch zeigt die Gegenüberstellung aus 2020: der Corona-Virus breitet sich rascher aus und forderte – bei gleichen Voraussetzungen der Influenza-Virus sie hatte – 7,5 Mal mehr Todesopfer.

Todesursache anerkennen ist wichtig für die Hinterbliebenen

Tausende Corona-Todesopfer bedeutet auch Tausende trauernde Familien. Für die Hinterbliebenen ist es wichtig, zu wissen und benennen zu können, woran ihre Eltern, Großeltern oder Geschwister verstorben sind.

„Ich glaube, es ist wichtig, dass die Angehörigen sagen können, ganz explizit: Mein Vater, meine Mutter ist an dieser Krankheit verstorben. Es ist ein anderer Verlust. Bei Krebs geht meist ein langer Leidensweg voraus. Aber bei Corona? Das schlägt zu und dann sind Menschen binnen Tagen tot. Das ist ein Schlag, ein Schicksalsschlag“, erklärt Veronika Hummer, Hospiz- und Trauerbegleiterin aus Hartberg in der Steiermark.

Erst so eine Klarheit ermöglicht es, sich mit anderen Betroffenen austauschen zu können. „Damit man spürt: Man ist nicht alleine mit diesem Schicksal. Anderen passiert das auch! Gemeinsam könnte man das anders wahrnehmen. Es wäre sozusagen geteiltes Leid.“

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JoLu
JoLu
17. Februar 2021 08:15

Danke für diesen informativen Artikel, der ohne ideologische Verblendung auskommt. Ein Muss für alle Coronaleugner.

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