Der neue Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) hat eine große Aufgabe vor sich: Er soll das stark belastete Budget sanieren, das die schwarz-grüne Regierung hinterlassen hat. Gleichzeitig muss er die schwächelnde Wirtschaft Österreichs wieder ankurbeln. Im Kontrast-Interview erklärt er, wie Banken und Energiekonzerne zur Sanierung des Budgets beitragen und Investitionen in Bildung, Gesundheit und Arbeitsmarkt möglich werden. Außerdem gibt er Einblicke, welche großen Ökonomen seine wirtschaftspolitischen Ansichten prägen und wieso er sich dafür entschieden hat, das Amt des Finanzministers in einer so herausfordernden Zeit zu übernehmen.
Kontrast: Das Budgetdefizit, das die vorherige Regierung hinterlassen hat, ist wesentlich höher als erwartet. Wie kam es zu diesem hohen Defizit und wie kann es sein, dass die tatsächlichen Zahlen erst jetzt bekannt geworden sind?
Markus Marterbauer: Wir haben vor drei Wochen das Finanzministerium übernommen und mussten bald feststellen, dass die finanzielle Lage deutlich schlechter ist als angenommen. Das hat im Wesentlichen zwei Gründe.
Der eine Grund ist, dass die wirtschaftliche Entwicklung schwächer ist als im vergangenen Jahr noch angenommen. Beschäftigung, Einkommen, Gewinne, aber auch die Konsumnachfrage der Haushalte haben sich schlechter entwickelt als erwartet. Das merken wir dann im Staatshaushalt mit geringeren Einnahmen aus Verbrauchsteuern, Einkommensteuern, Sozialversicherungsbeiträgen. Das ist der eine zentrale Grund.
Der Zweite ist, dass sich mehr und mehr herausstellt, dass die Bundesländer und Gemeinden ein höheres Defizit haben als ursprünglich angenommen. Wir warten hier aber noch auf die Zahlen des Jahres 2024. Auch dort entsteht das höhere Defizit zum einen daraus, dass sich die Einnahmen der Gemeinden und Länder schwächer entwickeln als erwartet, aber es dort zum anderen auch sehr dynamische Ausgabenbereiche gibt. So sind etwa die Kosten für Kinderbetreuung oder Bildung relativ stark gestiegen.
Wir sitzen gewissermaßen alle im selben Boot und müssen gemeinsam das Budget sanieren.
Abgaben für Banken und Energiekonzerne
Kontrast: Wie kann die neue Regierung das Budget sanieren? Wo wird gespart und woher kommen neue Einnahmen?
Markus Marterbauer: Wir haben im Regierungsübereinkommen das Sanierungspaket vereinbart. Da stehen alle drei Parteien dahinter. Das Sanierungsvolumen ist außerordentlich groß: 6,4 Milliarden Euro soll es allein dieses Jahr bringen. Das ist ein enormer Kraftakt.
Es besteht zum einen in Maßnahmen, die schon durchs Parlament gegangen sind und die schon mit 1. April in Kraft treten. Dazu zählt etwa die neue Bankenabgabe. Sie bringt uns immerhin 350 Millionen Euro zusätzlich in diesem Jahr. Auch die neue Abgabe für Energiekonzerne gehört dazu. Sie bringt 200 Millionen in diesem Jahr. Eine Reihe von anderen Maßnahmen zählen auch dazu, etwa die Abschaffung der Mehrwertsteuerbefreiung für Photovoltaikanlagen, die einiges an Geld bringt. Es gibt auch manche Maßnahmen, die vielleicht nicht so angenehm sind. Dazu zählen etwa die Abschaffung der Bildungskarenz, die erst später, in reformierter Version, neu kommen soll. Auch die Abschaffung des Klimabonus zählt dazu.
Es sind durchaus Maßnahmen, die die Bevölkerung merken wird. Ich glaube aber, dass es ein allgemeines Verständnis darüber gibt, dass man das Budget sanieren muss. Insbesondere auch deshalb, weil wenn man das Budget nicht saniert, viel Geld für Zinsausgaben ausgeben muss. Wir sprechen hier von Milliardenbeträgen.
Ich investiere das Geld lieber in Bildung, Forschung, in die Pflege und in ein gutes Gesundheitssystem als Milliardenbeträge für Zinsen zu zahlen.
Die Unterschiede zwischen Budgetsanierung durch Blau-Schwarz und durch roten Finanzminister
Kontrast: Wie unterscheidet sich die Budgetsanierung der neuen Regierung von jener, die Blau-Schwarz durchgeführt hätte?
Markus Marterbauer: Es ist wirklich ein Mythos, der da herumgeistert, dass wir die gleiche Budgetsanierung machen würden, die Blau-Schwarz gemacht hätte. Das ist definitiv nicht so.
Zum Beispiel die erwähnten Abgaben, die Bankenabgabe und der Energiekrisenbeitrag sind neue Steuern. Wir können diese Zusatzeinnahmen für Offensivmaßnahmen am Arbeitsmarkt einsetzen. Es wird mehr Qualifizierungsmaßnahmen für Arbeitskräfte geben, gerade für Zukunftsberufe, die für die sozial-ökologische Transformation notwendig sind. Wir haben mehr Geld im Bildungsbereich zur Verfügung gestellt. Ein wichtiges Beispiel ist hier der Chancenbonus, der ein erster Schritt ist, um Schulen, die besondere Herausforderungen haben, mit mehr finanziellen Mitteln auszustatten. Auch für die Elementarpädagogik gibt es mehr Geld. Genauso investieren wir mehr in den Wirtschaftsstandort Österreich. Das sind alles Maßnahmen, die der breiten Masse zugutekommen.
Unser Programm verteilt die Belastungen stärker auf jene, die wirklich etwas beitragen können, etwa Banken und Energiekonzerne. Sie werden jetzt mehr Steuern und Abgaben zahlen als ursprünglich vorgesehen war.
Zuversicht geben als zentrale Aufgabe der Regierung
Kontrast: Wir befinden uns nicht nur in einer angespannten budgetären Lage, sondern auch in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. In welchen Bereichen müssen jetzt Investitionen getätigt werden, damit die Wirtschaft wieder Fahrt aufnimmt?
Markus Marterbauer: Das Wichtigste ist meiner Meinung nach, Zuversicht zu geben. Denn wir haben eine wirtschaftliche Situation, die durch Verunsicherung geprägt ist. Private Haushalte sparen einen steigenden Teil ihres Einkommens und Unternehmen warten mit geplanten Investitionsprojekten, weil sie sich unsicher sind, wohin die Reise weitergeht.

Es ist eine zentrale wirtschaftspolitische Aufgabe der neuen Bundesregierung, zu zeigen, dass wir auf Basis von Daten, Fakten und wissenschaftlichen Analysen vorgehen, dass wir pragmatisch und im Konsens und im Kompromiss Maßnahmen setzen. So können wir der Bevölkerung zeigen: Wir wissen, wovon wir reden.
Wir haben ein gemeinsames mittelfristiges Programm. Ich hoffe, dass es die Stabilität und die Zuversicht gibt, die wir jetzt dringend brauchen. Es sind vor allem Stimmungsfragen, die gerade für die Wirtschaft wichtig sind. Wir tun alles dafür, die Stimmung so zu verbessern, dass Österreich auch wirtschaftlich wieder auf die Beine kommt.
Wirtschaftliche und soziale Erfolge Österreichs
Kontrast: Wie sehen Sie die langfristige Entwicklung der österreichischen Wirtschaft? Können wir in den nächsten Jahren ein stabiles Budget und einen wirtschaftlichen Aufschwung erreichen? Oder müssen wir uns wirklich auf eine schwierige wirtschaftliche Zukunft einstellen?
Markus Marterbauer: Es ist ganz wichtig zu betonen, dass Österreich eines der wirtschaftlich und sozial erfolgreichsten Länder der Welt ist. Wir haben in den letzten Jahrzehnten eine stark positive Entwicklung gehabt. Jetzt haben wir einiges zu verteidigen: diese gute soziale und wirtschaftliche Entwicklung, den starken Sozialstaat und die große Wirtschaftskraft unseres Landes. Das wollen wir jedoch nicht nur verteidigen, sondern auch weiterentwickeln.
Es ist ohne Zweifel so, dass die Budgetsanierung nicht ohne Kosten und ohne Schmerzen passieren kann. Die Bevölkerung muss sich auch darauf einstellen, dass etwa beim Klimabonus Einkommen verloren geht, mit dem man vielleicht bisher gerechnet hat. Aber ich glaube, wenn es gelingt, das Doppelbudget 2025/26 so wie geplant umzusetzen, dann haben wir damit schon einen großen Teil der Sanierung geschafft.
Außerdem machen wir diese Budgetsanierung ja nicht aus Jux und Tollerei. Wir wollen zum einen hohe Zinszahlungen vermeiden, wir wollen zum anderen aber auch Spielräume für die Maßnahmen schaffen, die der Bundesregierung besonders wichtig sind. Das sind Investitionen ins Gesundheitssystem, ein besseres Bildungssystem und eine Arbeitsmarktpolitik, die Menschen für Zukunftsberufe qualifiziert. Nicht zu vergessen: Der Klimaschutz, der uns allen ein großes Anliegen ist, weil er für das Wohlergehen der Bevölkerung entscheidend ist.
Wir wollen viel umsetzen und dafür brauchen wir die entsprechenden finanziellen Spielräume. Bei knappen Kassen müssen wir die Instrumente einsetzen, die am besten wirken.
EU-Defizitverfahren ist „normale Übung“
Kontrast: Was würde es für die österreichische Bevölkerung und Wirtschaft bedeuten, wenn von der Europäischen Kommission ein Defizitverfahren eingeleitet wird?
Markus Marterbauer: Ich erwarte eigentlich keine negativen Effekte und mich wundert ein bisschen der Versuch, das als Diktat von Brüssel darzustellen. Auch der Bundespräsident, der Universitätsprofessor für Ökonomie war, hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das eigentlich eine normale Übung ist und nichts Außergewöhnliches.
Ein Defizitverfahren würde vor allem einen engeren Austausch des Finanzministeriums mit der Kommission bedeuten, auch die Reaktion der Märkte ist gering, solange die Budgetsanierung ambitioniert weiterverfolgt wird. Österreich war übrigens schon in den Jahren 2009 bis 2014 in so einem Verfahren. Ob wirklich das sogenannte ÜD-Verfahren eröffnet wird, entscheidet Brüssel.
Kontrast: Sie haben das Amt des Finanzministers in einer besonders schwierigen Situation übernommen. Was waren Ihre Motivation und Ihre Hintergedanken bei diesem Schritt?
Markus Marterbauer: Ich habe das Amt übernommen, weil mich Andreas Babler gefragt hat. Ich schätze ihn sehr und habe auch deshalb zugesagt.
Ein zweiter Beweggrund war, dass ich der Meinung bin, dass wir in einer so schwierigen Situation eine Regierung brauchen, die faktenbasiert an Lösungen arbeitet. Da sehe ich für mich – da ich aus der Wissenschaft komme – eine gute Möglichkeit, etwas beizutragen.
Außerdem glaube ich, dass es bei einer so schwierigen politischen, wirtschaftlichen, aber auch sozialen Situation gewissermaßen staatsbürgerliche Pflicht ist, seinen Beitrag zu leisten. Und das möchte ich gerne tun.
Kontrast: Was machen Sie in Ihrer Freizeit, um sich von Ihren Aufgaben als Finanzminister zumindest halbwegs erholen zu können?
Markus Marterbauer: Freizeit gab es nicht so viel in der letzten Zeit. (lacht) Aber ich war zum Beispiel am Sonntag am Kieneck Bergsteigen. Vormittags habe ich eine Tour mit einem Freund von mir gemacht. Sonst versuche ich, die wenige Zeit, die ich habe, mit meiner Frau und meiner Familie zu verbringen. Ich hoffe, dass irgendwann auch wieder ein bisschen mehr Zeit für diese Bereiche meines Lebens da ist.
Schweden als Vorbild für Österreich
Kontrast: Sie sind ja in Schweden geboren. Was kann Österreich von Schweden lernen?
Markus Marterbauer: Österreich hat in der Vergangenheit schon sehr viel von Schweden gelernt. Die Regierung Kreisky hat sich immer auf den schwedischen Wohlfahrtsstaat als Vorbild bezogen. Es war meiner Meinung nach ein gutes Beispiel. Schweden ist es als einem der ersten Länder Europas gelungen, einen solidarischen Wohlfahrtsstaat aufzubauen, in dem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Rechte und Ansprüche haben – Ansprüche an den Sozialstaat, Ansprüche an Kinderbetreuung, Ansprüche auf Ganztagsschulen, ein Land, in dem Frauenrechte und Kinderrechte gewahrt wurden. Ich glaube, es war eine gute Idee von Bruno Kreisky, den österreichischen Sozialstaat nach dem schwedischen Beispiel zu formen.
Auch sehe ich die starke Rolle der Gewerkschaften und der Frauenorganisationen sehr positiv. In Schweden ist es selbstverständlich, die Haus- und Betreuungsarbeit halbe-halbe aufzuteilen. Es ist selbstverständlich, dass Frauen ganztags erwerbstätig sein können.
Ich hoffe, dass im Herbst 2026 die schwedische Sozialdemokratie wieder in die Regierung kommt, um dieses Erfolgsbeispiel fortsetzen zu können.
Beziehungen zu führenden Ökonomen
Kontrast: Gibt es Bücher, die Ihre wirtschaftspolitische Sichtweise besonders geprägt haben?
Markus Marterbauer: Als jemand, der 37 Jahre Erfahrung in der Wissenschaft hat, habe ich wahrscheinlich ein bisschen zu viele Bücher gelesen, um mich auf wenige zu konzentrieren. Ich habe viele Bücher im Zusammenhang mit einer fortschrittlichen Interpretation der keynesianischen Lehren sehr geschätzt, also von Nachfolgern des großen liberalen Ökonomen John Maynard Keynes, wie Joan Robinson oder Michail Kaletzky. Sie haben versucht, eine gesamtwirtschaftliche Sichtweise weiterzuentwickeln.
Ich habe in den letzten Jahren auch mit großem Interesse und Begeisterung die Arbeiten von Thomas Piketty und seinen Schülern und Schülerinnen gelesen. Sie haben das ganze Feld der Verteilung – insbesondere der Vermögensverteilung – mit vielen historischen Daten, Fakten und wirtschaftspolitischen Vorschlägen begleitet. Mir ist es auch gelungen, persönliche Kontakte mit den Autoren und Autorinnen aufzubauen.
Ich bin der Meinung, dass es für eine pragmatische Wirtschaftspolitik zentral ist, die theoretischen und wissenschaftlichen Grundlagen im Hintergrund zu verstehen. Wenn man viel liest, hat man vielleicht auch viele Ideen, wie man Dinge umsetzen möchte.
Kontrast: Die aktuelle globale wirtschaftliche und politische Lage ist sehr instabil. Was wären Bücher, die Sie Menschen empfehlen können, die diese aktuellen wirtschaftlichen und politischen Veränderungen besser verstehen möchten?
Markus Marterbauer: Da möchte ich noch einmal auf die Arbeiten von Thomas Piketty hinweisen, weil er sehr gekonnt historisch darstellt, wie es zur jetzigen Situation gekommen ist und dann auch ableitet, was jetzt zu tun ist. Ein bisschen darf ich in Bezug auf Österreich vielleicht auch meine Bücher ins Spiel bringen. Ich habe immer versucht, konkrete Handlungsanleitungen für die Wirtschaftspolitik darzustellen, auch für die europäische Wirtschaftspolitik. Jetzt habe ich ein bisschen Zeit, manche dieser Dinge umzusetzen.
Sie können maximal 7 Forderungen auswählen und ihre Abstimmung im Nachhinein ändern.
ah roter hot no nie wos zusaoomen braucht ausser das geöd anderer auszugeben
Frage was haben rote schon jemals zusammengebracht ,sie bringen es fertig die Pensionistin zu berauben die Gewerkschaften schauen zu wenn die Arbeite und Angestellten um ihr Löhne betrogen werden deshalb nie wieder linkse