Wohnen & Miete

Wohnexperte Ritt: „Mieten sind in den letzten 10 Jahren doppelt so stark gestiegen wie die Inflation“

Foto: Screenshot ORF/Zeit im Bild

Ab April steigen die Mieten schon wieder – nur wenige Monate nach der letzten Erhöhung. Die ungebremste Inflationsanpassung ist ein Problem. Die SPÖ wollte eine Mietpreis-Bremse. Im heutigen Bauten-Ausschuss gab es jedoch keine Zustimmung von den Regierungsparteien.

In 400.000 Altbauwohnungen steigen ab April die Mieten um 8,6 Prozent

Bei fast 400.000 Mietverträgen im Altbau steigen die Mieten ab April – und zwar um satte 8,6 Prozent. So hoch ist offiziell die Inflation im letzten Jahr. Seit 2008 werden die Richtwertmieten alle zwei Jahre an die Inflation angepasst. Davor war das jährlich der Fall. Nun kommt es – mitten in der Teuerungskrise – zum Problem, dass die Erhöhung der Mieten mit fast 9 Prozent in diesem Jahr nicht nur sehr groß ist, sondern dass sie nur wenige Monate nach der letzten Erhöhung oben drauf kommt.

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Denn: Wegen der Corona-Krise hat man die Erhöhung im Jahr 2021 auf das Folgejahr verschoben. 2022 hat man die Mieten gleich mehrmals erhöht. Die Bindung an die Inflation – bzw. an den sogenannten Verbraucherpreisindex (VPI) – automatisiert die Erhöhungen. Doch das ist kein Naturgesetz, sondern politisch gewollt – und man könnte es ändern.

SPÖ fordert Einfrieren der Mieten bis 2025 – und danach Deckel bei Mieterhöhung mit  2 Prozent

Die SPÖ hat am 25. Jänner 2023 sogar eine Sondersitzung im Nationalrat einberufen. Ziel war es, wirksame und vor allem preisdämpfende Eingriffe zu beschließen. Denn bloße Einmalzahlungen sind teuer, landen oft nicht dort, wo sie sollen – und die Steuerzahler:innen bezahlten sich all das ohnehin selbst.

Um die Mietpreise in den Griff zu bekommen, forderte die SPÖ das Einfrieren der Richtwert- und Kategorie-Mieten bis zum Jahr 2025. Das bedeutet, es soll weder heuer noch nächstes Jahr Mieterhöhungen geben. Danach soll es, geht es nach den Sozialdemokrat:innen, einen Deckel beim Preisanstieg geben: Er soll sich am EZB-Leitzinssatz orientieren und maximal 2 Prozent betragen.

Rückenwind hat die SPÖ mit ihrer Forderung nicht nur von der Arbeiterkammer, sondern indirekt auch vom WIFO. Gabriel Felbermayr stellte in der ORF-„Pressestunde“ infrage, dass man die Mieten derart an die Inflation koppelt: „Warum sollen die Mieten mit dem Verbraucherpreisindex steigen? Das kann man diskutieren, das ist nicht naturgesetzlich so gegeben.“ So, wie die Preise bei den Mieten jetzt steigen, „ist das für viele unerträglich, weil das Wohnen schon sehr teuer war“, sagt Felbermayr.

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Im Bautenausschuss des Parlaments am 23. März war der Mietendeckel abermals als Antrag auf der Tagesordnung. SPÖ und FPÖ stimmten dafür, ÖVP und Grüne haben vertagt. Das bedeutet: Der Mietendeckel kann nicht vor April beschlossen werden, die Mieterhöhungen kommen also.

„Mieten sind in den letzten 10 Jahren doppelt so stark gestiegen wie die Inflation“, sagt Thomas Ritt von der AK

Die steigenden Preise bringen aber nicht nur Verlierer hervor, in dem Fall die Mieter:innen, sondern auch Gewinner. Thomas Ritt, Mietexperte bei der Arbeiterkammer, rechnete in der ZIB2 vor:

„Die Mieten sind in den letzten zehn Jahren doppelt so stark gestiegen wie die Inflationsrate. Die Einnahmen auf Vermieterseite sind seit 2018 um 123 Prozent gestiegen – bei einem BIP-Wachstum von 51 Prozent. Wir sehen hier enorme Sondergewinne, die gemacht wurden.“ – Thomas Ritt, Arbeiterkammer

In diesen zehn Jahren sind vor allem die privaten Mieten gestiegen: und zwar um satte 50 Prozent. Und jetzt kommen noch fast 9 Prozent oben drauf. Ritt und die AK wollen, dass die Politik Mietpreise stärker reglementiert. Wie die SPÖ wollen auch sie die Mietpreiserhöhungen bei 2 Prozent deckeln. Zudem sollen befristete Mietverträge abgeschafft werden – denn diese machen Mieter:innen erpressbar. Sie zahlen mehr Miete als das Mietgesetz erlaubt, weil sie die Wohnung nicht verlieren wollen. Das kann man dann zwar einklagen und Geld zurückfordern – doch der Vertrag ist danach sicher weg, erklärt Ritt. Derzeit ist jeder zweite bestehende Mietvertrag in Österreich befristet. Bei den neu abgeschlossenen im privaten Bereich sind es sogar 3 von 4. Bei jeder Neuvermietung schnalzen für gewöhnlich die Mietpreise in die Höhe – das wiederum schadet dem Wohnungsmarkt als Ganzem.

Geht es nach Ritt und der AK, müsste man in Österreich auch eine Leerstandsabgabe einführen und Airbnb eindämmen. Denn derzeit wird viel Wohnraum vom eigentlichen Markt ferngehalten. Eine künstliche Verknappung und steigende Preise sind die Folge.

Die Interessensvertreter der Vermieterseite wollen von all dem freilich nichts wissen. Martin Prunbauer, Präsident des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbunds, ist der Meinung, dass man eher bei Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen ansetzen muss, wenn man Mietpreise dämpfen möchte.

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