Die Politik der Bundesregierung produziert Probleme, die wir in 10 Jahren nur mehr schwer bändigen können: Die Folgen von Armut und Perspektivenlosigkeit werden unsere Großstädte erfassen, die bislang von Bandenkriminalität und No-Go-Gebieten verschont blieben. Denn statt Migration zu steuern, was ein legitimes Anliegen jedes Staates ist, hat sich die Regierung einer Aufgabe verschrieben: Den hier lebenden Migranten das Leben so schwer wie möglich zu machen. Statt sie so schnell wie möglich zu integrieren. Dabei verwirft sie Werte wie Mitgefühl und Vernunft und bereitet den Boden für gefährliche Phänomene. Ein paar besinnliche Gedanken für die Schwarzen unter den Türkisen.
Als „Mutter aller Probleme“ bezeichnete der deutsche Innenminister Hort Seehofer die Migration. Die durchsichtige aber effektive Strategie hinter dieser Darstellung besteht darin, sämtliche gesellschaftliche Herausforderungen auf eine Ursache zurückzuführen. In Österreich ist die Seehofer-These unter der türkis-blauen Regierung zur Staatsdoktrin geworden. Für die Betroffenen sind die offen schikanösen Maßnahmen der Regierung zunehmend existenziell bedrohend:
- Die „Mindestsicherung“, wurde ab dem zweiten Kind drastisch gekürzt. Bei mangelnder „Integration“ – definiert als geringe Deutschkenntnisse sowie fehlender Pflichtschulabschluss – wird die Sozialleistung um 300 Euro monatlich reduziert (pikantes Detail: die zahlreichen nicht-migrantischen Opfer dieser „Anti-Ausländer“-Maßnahme werden offenbar als eine Art Kollateralschaden in Kauf genommen).
- Obwohl die Mindestsicherung nun an die „Integration“ (Deutschkenntnisse z.B.) gekoppelt ist, werden im Schulbereich Mittel zur Förderung der Integration (z.B. Deutschförderlehrer) drastisch zusammengestrichen. Die Mittel für die Arbeitsmarktqualifikation von Flüchtlingen („Integrationsjahr“) wurden ebenfalls gekürzt.
- Jungen AsylwerberInnen wurde verboten, eine Lehre zu absolvieren, damit im Falle eines negativen Asylbescheids lokale Widerstände gegen die Abschiebung geringer ausfallen. Gleichzeitig erweitert die Regierung die Mangelberufsliste, um der Knappheit von Arbeitskräften in gewissen Branchen, allen voran im Tourismus, entgegenzuwirken. Auf der einen Seite werden Lehrlinge unter großem Getöse des Landes verwiesen, während andererseits ausländische Arbeitskräfte ins Land geholt werden.
Die Regierung nimmt schlechtere Lebens-Chancen tausender Kinder in Kauf
Die Verschlechterung der Lebens-Chancen von tausenden Kindern und Jugendlichen – mit und ohne Migrationshintergrund – wird in Kauf genommen. Diese Politik führt zu mehr Armutsanfälligkeit, Verwahrlosung und lokaler Verelendung. Aus sozialer Segregation wird Ghettoisierung. Das bereitet den Boden für Drogenmissbrauch, Glücksspielsucht, Kriminalität sowie ideologische und religiöse Irrwege. Werden Integrationsmaßnahmen eingeschränkt und Sozialleistungen an Herkunft und Deutschkenntnis gekoppelt, sind MigrantInnen von diesem sozialen Zerfall überdurchschnittlich betroffen. Das erleichtert es Rechtspopulisten und Boulevardmedien, soziale Problem in ethnische Konflikte umzudeuten. Das wiederum zieht eine Politik sozialer Kürzungen nach sich.
Geht die Abwärtsspirale so weiter, wird es innerhalb von ein bis zwei Jahrzehnten in österreichischen Städten verwahrloste Straßenzüge, soziale und ethnische Ghettos, hohe Obdachlosigkeit, Bandenkriminalität und No-go-Areas geben – Phänomene des sozialen Zerfalls, vor denen wir bisher verschont waren. Wir hätten Verhältnisse, die wir nur aus der Berichterstattung über Metropolen an anderen Orten der Welt kennen.
Die Mär vom “Pull-Faktor” Wohlfahrtsstaat
Die Schlechterstellung von Neuankömmlingen wird oftmals damit argumentiert, dass großzügige Integrationsmaßnahmen einen Pull-Effekt darstellen, das heißt gute Bedingungen – vor allem Bereich sozialer Leistungen – würden die Migration ins Land befördern. Doch wer Geflüchtete persönlich kennt, weiß: die Rolle von Sozialleistungen wird überschätzt. Vielen fehlt das institutionelle Verständnis für einen Wohlfahrtsstaat, er bietet keinen zusätzlichen Anreiz. Frieden und Sicherheit, gute Infrastruktur, eine prosperierende Wirtschaft, gute Chancen am Arbeitsmarkt (dank des kontinuierlichen Beschäftigungswachstums) und das wohl höchstmögliche Maß an persönlicher Freiheit sprechen für Österreich. Da braucht es keine „Werbung“ durch Sozialleistungen.
Mitgefühls ist Grundlage aller Kulturen und Religionen
Es gibt nachvollziehbare Gründe, darüber zu diskutieren, wie man Migration steuert und einschränkt. Das erreicht man aber nicht damit, dass man den Menschen und ihren Kindern, die hier bei uns sind, das Leben schwer macht. Und damit unsere eigenen Werte mit Füßen tritt, die Grundlagen unserer Kultur, die alle Eltern ihren Kindern mit auf den Weg geben wollen: Nicht auf Schwache losgehen und nicht mitmachen, wenn andere es tun. Die Grundlage dafür ist Mitgefühl. Diese einfache Gefühlsregung ist Kernbestandteil sämtlicher Weltreligionen, philosophische Grundlage der Aufklärung sowie der Spirit der Erklärung der Menschenrechte. Mitgefühl ist nicht ausreichend, um Probleme zu lösen, aber bei jeder Lösung sollte eine Portion Mitgefühl im Spiel sein.
Wenn Mitgefühl fehlt, muss man auf die Vernunft hören
Es soll ja Menschen geben, die nie sonderlich empathisch waren, oder denen ihr Mitgefühl im Laufe ihrer Karriere abhanden gekommen ist. Dann bleibt aber immer noch die eigennützige Vernunft, die auch kein schlechter Ratgeber ist. Sie ist der rationale Kern der Aufklärung und funktioniert vereinfachten nach dem Motto: „Behandle mich so, wie du von mir behandelt werden möchtest“. Was sagt die eigennützige Vernunft in Bezug auf Integration? Sie besagt, dass es besser ist, Probleme präventiv zu verhindern, als im Nachhinein den entstandenen Schaden zu lindern.
Das bedeutet, als Gesellschaft Neuankömmlinge nicht mit Desinteresse und Ablehnung, sondern mit Zeit, Ressourcen und Aufmerksamkeit zu bedenken. So lernen diese rascher Deutsch, werden besser qualifiziert für den Arbeitsmarkt (der wichtigsten Integrationsmaschine in einer Arbeitsgesellschaft) und fühlen sich anerkannt und akzeptiert. Das immunisiert gegen Segregation, Verarmung, Abschottung sowie ideologische und religiöse Irrwege.
Eine Politik, die Integration behindert statt sie zu befördern, zeigt nicht nur kein Mitgefühl, sondern sabotiert auch die eigennützige Vernunft. Sie produziert erst viele jener Probleme, die sie zu bekämpfen vorgibt.
Das ist gewissenlos und unvernünftig gleichzeitig. Es gefährdet den langfristigen sozialen und gesellschaftlichen Frieden in Österreich. Wenn eine ehrwürdige Traditions- und Staatspartei wie die österreichische Christdemokratie Lösungen sucht, sollte man erwarten dürfen, dass Mitgefühl und Vernunft zumindest im Spiel sind.
Lieber Herr Kowall, Sie schreiben doch selber: ” Denn statt Migration zu steuern, was ein legitimes Anliegen jedes Staates ist, …”. Das ganze Übel hat dort begonnen, wo von vielen Seiten einer undifferenzierten Willkommenskultur das Wort geredet wurde, ohne an das Nachher zu denken. Nicht nur bei uns in Österreich, sondern auch im nördlichen Nachbarland, womit Mitteleuropa zum Immigrantionsmagneten ersten Ranges avancierte. Als dann sehr zögerlich, von rechts nach links, allmäglich durchsickerte, wohin der uneingeschränkte Zuzug führen würde, lag das Kind schon im Brunnen. Es ist für die bereits hier gelandeten Menschen traurig zu sehen, dass die “Linken” und “Rechten” jedes konstruktive Gespräch über dieses Thema verweigern, die Einen, weil sie damit implizit zugeben müssten, an der Misere selber schuld zu sein, die anderen, weil sie auf dem Standpunkt stehen, “wir hätten das ja ohnedies nicht zugelassen, warum sollen wir uns jetzt anstrenngen, die Fehler anderer, vor denen wir gewarnt haben, gutzumachen”. Leider gibt es sehr viele einfache Menschen, die diese Ansicht teilen und keinen Grund sehen, ihre Ansicht zu ändern. (Eine Parallele zum Palästinenser-Problem).
Wie aus diesem Dilemma herauskommen? Es bedarf eines Dialoges entscheidungsfähiger Personen, der ehrlich ohnd ohne Schielen auf Parteitaktik geführt werden müsste und der profunde Kenntnisse vieler Matereien voraussetzte. Der Jammer: erst nach den Wahlen werden wir sehen, ob es so jemanden bei der ÖVP noch und bei der SPÖ schon geben wird, kann ich nicht beurteilen. Trotz geringer Fundchancen würde ich aber auch bei der FPÖ, den NEOS und den Grünen kompetente Partnerinnen oder Partner suchen. Jeder, der sich einem solchen Dialog verweigert, macht sich nämlich an der wenig menschenfreundlichen Umgangsweise mit den Menschen, die nun einmal hier in unserer Obhut sind, mitschuldig. Die unserer Hilfe bedürfen und diese guten Glaubens gesucht haben, wird man dabei von jenen Trittbrettfahrern zu trennen haben, die diese Aufnahme nicht verdient haben und auch nicht verdienen wollen. Und über solche heiklen Fälle können sich nur die einigen, die den guten Willen dafür mitbringen, statt sich in ideologischen Grabenkämpfen zu ergehen.
Momentan wird das Mitgefühl durch Neid als Grundlage der Gesellschaft ersetzt. Das beunruhigt mich wirklich.
Ja wie Weitsichtig Herr Kowall!!!
Genau wie Sie schreiben. Hätte man dem Asylsuchenden anständig Mindestsicherung oä. bezahlt dann hätte er den Sozialarbeiter in Vorarlberg nicht abstechen müssen. So musste ein armer Mensch sterben. Schade dass nicht solche wie Sie an der Macht sind.
Rechte Regierungen sichern ihren Machtanspruch, indem sie temporäre Krisen wie strukturelle Missstände vorerst proklamieren und diese dann anschließend tatsächlich befördern. Missstände und Krisen zu dämpfen, gar versuchen, diese zu lösen, würde ihrem politischen Geschäftsmodell zuwiderlaufen.
Unglaublich mit welcher Scheinheiligkeit hier hellseherische Verschwörungstheorien konstruiert werden. Immer nach demselben Schema. Nur Falschinformation wird nicht richtiger, wenn sie dauernd wiederholt werden.
Was genau ist denn die Verschwörungstheorie?