Daniel war flau im Magen als er seinen kleinen Sohn im Kindergarten eingewöhnt hat. Ist es zu früh? Wird er sich wohlfühlen? Aber wie erhofft hat Leo viel Tolles erlebt, der Kindergarten macht ihm Spaß. Daniel findet deshalb: Jedes kleine Kind soll das Recht auf einen Kindergarten-Platz haben.
Als ich meinen Sohn mit knapp einem Jahr im Kindergarten eingewöhnt habe, hat sich das für mich schrecklich angefühlt. Heute weiß ich, dass diese Entscheidung richtig war – weil sein Recht wichtiger ist als mein Bauchgefühl.
Die Angst, ein Rabenvater zu sein
Das erste Monat im Kindergarten, die so genannte „Eingewöhnung“, ist eine emotionale Herausforderung. Mein älterer Sohn Leo war zu dieser Zeit knapp ein Jahr alt. Jeden Tag blieb er ein bisschen länger alleine in der Gruppe als am Tag davor. Und jeden Tag tat mir das ein bisschen mehr in der Seele weh. Manchmal war es besonders schlimm, wenn er mir mit großen Augen nachgeschaut oder sogar geweint hat. Da stand ich dann im Vorraum des Kindergartens und wurde das Gefühl nicht los, dass das einfach nicht richtig ist. Dass er noch zu klein dafür ist. Dass er sich dort nicht zurechtfinden wird. Und natürlich: Dass wir Rabeneltern sind, weil wir ihn so früh in den Kindergarten stecken.
„Leo bekommt im Kindergarten mehr als wir ihm bieten könnten“
Es war schwer, doch wir haben es durchgezogen. Heute, 2,5 Jahre später, kann ich voller Überzeugung sagen: Unsere Entscheidung war richtig. Leo profitiert jeden Tag davon. Was er im Kindergarten gelernt hat, hätten wir ihm zuhause niemals bieten können:
Leo hat wunderbare Pädagoginnen, die seinen Lernerfolg im Blick haben und ihn mit Empathie und Fachwissen unterstützen. Er hat Freundinnen und Freunde gefunden, die ihn vielleicht sein Leben lang begleiten. Er hat Speisen gegessen, die wir nie gekocht hätten. Er hat gebastelt, was ich nie basteln könnte. Er hat Lieder gesungen, die ich nicht kenne.
Ich bin froh, dass ich ihm diese Chance nicht verbaut habe, nur weil ich Probleme hatte, mit der Trennung klar zu kommen. Denn genau darum geht es.
Das unangenehme Bauchgefühl im Kindergarten-Vorzimmer, das waren meine eigenen Trennungsängste.
Es waren meine eigenen Zweifel und zu einem gewissen Grad mein eigener Egoismus. Es waren meine Befindlichkeiten und sie werden in dieser Geschichte von etwas viel wichtigerem ausgestochen: Vom Recht auf Bildung, das jedes Kind hat. Das ist wichtiger als das Bauchgefühl der zweifelnden Eltern. Wichtiger als die verurteilenden Blicke der konservativen Großeltern. Oder politisch argumentiert: Es ist auch wichtiger als das Gemeindebudget.
Kindergarten heißt: Lernen, Freunde finden, Spielen
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass es für Kinder und ihren Bildungsweg positiv ist, wenn es schon früh in gute Kinderbetreuung kommt. Trotzdem fehlt es im Bereich der Kleinkinder-Betreuung an allen Ecken und Enden. Es gibt zu wenig Plätze für die 0-3-Jährigen. Es gibt zu wenige Pädagoginnen und Pädagogen. Es gibt bis heute keine österreichweiten Qualitätsstandards und viele Probleme, die politisch gelöst werden müssen. Es hat aber auch niemand gesagt, dass es einfach ist, für die Rechte der Kinder zu kämpfen.
Ein Kindergartenplatz darf kein Privileg, sondern muss ein Recht sein
Am 20. November feiert die Kinderrechts-Konvention ihren 30. Geburtstag. Obwohl der Tag auf einen Mittwoch fällt, wird er für ausgiebige Sonntagsreden genutzt werden. Vor allem von PolitikerInnen, die hoffen, auf der Welle dieses Themas reiten zu können. Ob sie es ernst meinen, erkennt man schnell daran, was sie in der Elementarbildung weitergebracht haben. Denn für sonntagsredende PolitikerInnen gilt ebenso wie für zweifelnde Eltern im Kindergarten-Vorraum:
Wenn man es mit den Kinderrechten ernst meint, sorgt man dafür, dass jedes Kind einen Kindergartenplatz bekommt. Einen, der mit guter Betreuung, viel Spielen und Freude am Lernen verbunden ist. Was mein Sohn alles erlebt hat, darf kein Privileg sein. Es muss das Recht jedes einzelnen Kindes sein.
Die frühkindlichen Bindungen sind ausreichend wissenschaftlich erforscht und belegen das Gefühl, welches wir als Eltern sowieso haben: kleine Kinder brauchen stabile und liebevolle Beziehungen um emotional gesunde Erwachsene zu werden. Und wer sollte das besser erfüllen, als die Eltern?
Es soll jeder frei und ehrlich entscheiden können, ob er bei den Kindern zu Hause bleibt oder lieber arbeiten geht – viele haben jedoch gar nicht die Wahl.
Was jedoch nicht verdreht werden darf, ist die Tatsache, dass die natürlichsten Bezugsmenschen die Eltern sind und die Bindung, welche in den ersten Lebensjahren des Kindes zwischen Eltern und Kind entsteht, wesentlich für das ganze Leben ist.
Wir Eltern haben dadurch eine verantwortungsvolle und wunderbare Aufgabe und das Bild von Mutter und Vater sollte in der Gesellschaft wieder klarer sichtbar werden.