Deutschland gefährdet mit der Schuldenbremse die Zukunft und Wirtschaft ganz Europas. Denn sie verhindert dringend nötige Investitionen, wodurch die europäische Wirtschaft langfristig abgehängt werden könnte. Konkurrenten wie die USA oder China investieren hingegen längst in grüne Technologien und den Ausbau ihrer Infrastruktur, um ihre Volkswirtschaften zukunftsfit zu machen.
Es ist das wahrscheinlich bedeutendste Gerichtsurteil der letzten Jahre: Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat am 15. November die Haushaltspolitik der Ampel-Regierung für verfassungswidrig erklärt. Denn eigentlich wollte die Koalition aus SPD, Grüne und FDP 60 Milliarden Euro in den grünen Umbau ihrer Wirtschaft investieren, um Deutschland zukunftsfit zu machen. Das Problem: In Deutschland gilt die Schuldenbremse. Sie verbietet es der deutschen Regierung, sich mit mehr als 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr zu verschulden.
Um die strengen Schuldenregeln zu umgehen, bastelte Bundeskanzler Olaf Scholz einen eigenen Fonds, den „Klima- und Transformationsfonds” (KTF), und leitete darin 60 Milliarden Euro an ungenutzten Corona-Krediten um. Mit diesem Geld wollte Scholz die marode Infrastruktur erneuern und die Energiewende finanzieren. Friedrich Merz, Parteichef der konservativen CDU, legte gegen dieses Vorgehen jedoch Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein – und bekam Recht. Das Gericht hat entschieden, dass die Umleitung der 60 Milliarden in den KTF mit der Schuldenbremse nicht vereinbar ist. Damit haben die Höchstrichter dem Land einen harten Sparkurs verordnet.
Schuldenbremse lässt Strompreise steigen: Das trifft vor allem Verbraucher:innen
Die Folgen bekommen zuallererst die Verbraucherinnen und Verbraucher zu spüren. Denn als ersten Schritt hat Scholz die Preisbremsen für Strom und Gas auslaufen lassen. Eigentlich sollten sie verlängert werden. Doch wegen der Schuldenbremse müssen manche Verbraucher ab diesem Jahr fast doppelt so viel für Energie zahlen wie bisher. Außerdem hat Scholz angekündigt, die Mehrwertsteuer auf Gas- und Fernwärme von sieben auf 19 Prozent zu erhöhen. Das wird die Energiepreise zusätzlich in die Höhe treiben.
Diese Preisanstiege treffen vor allem Konsumentinnen und Konsumenten. Aber auch Unternehmen müssen ab sofort mehr für Energie zahlen. Das wiederum wird die Rezession vertiefen, in der Deutschland noch immer steckt. Denn wenn Preise steigen, die Löhne aber nicht mitziehen, können die Menschen weniger Geld ausgeben. Unternehmen machen folglich weniger Umsatz und müssen ihre Angestellten schlechter bezahlen oder sogar entlassen. Die unmittelbaren Auswirkungen der Schuldenbremse sind also fürs Erste höhere Preise und mehr Arbeitslosigkeit.
Deutschlands Schuldenbremse vernichtet Wohlstand & Arbeitsplätze in ganz Europa
Zum anderen verhindert die Schuldenbremse die geplanten Investitionen in die Infrastruktur und die Energiewende. Ohne diese Investitionen wird Deutschland seine Klimaziele verfehlen und wirtschaftlich abgehängt werden. Andere Staaten haben nämlich längst erkannt, dass die Wirtschaft der Zukunft klimaneutral sein wird: Die USA, China und Südkorea investieren bereits Milliarden in ihre Volkswirtschaften und schrecken dabei auch vor hohen Schulden nicht zurück.
Wenn Deutschland derartige Investitionen wegen der Schuldenbremse nicht tätigen kann, hat das nicht nur Folgen für das Klima, sondern auch für die deutsche Wirtschaft: Die Arbeitsplätze der Zukunft werden erst gar nicht entstehen und das Lohnniveau wird sinken. Viele Ökonominnen und Ökonomen sprechen deshalb von einer “Zukunftsbremse”.
Das hat Auswirkungen auf ganz Europa: Denn Deutschland ist die mit Abstand stärkste Volkswirtschaft in der EU. Eine deutsche Wirtschaftskrise würde somit ganz Europa mitreißen. Ex-Bundeskanzler Christian Kern formulierte es in einem Gastbeitrag für die deutsche Bild-Zeitung folgendermaßen:
Das deutsche Problem ist ein Europa-Problem. Deutschland ist die Lokomotive, die nicht ausfallen darf!
Österreich würde eine deutsche Wirtschaftskrise besonders hart treffen. Denn Deutschland ist mit Abstand unser wichtigster Handelspartner.
Man hätte über mehr als ein Jahrzehnt zu besten Zinskonditionen das Land und seine Infrastruktur bei Verkehr, Bahn, Telekommunikation und Bildung zukunftsfähig machen können. Das ist nicht geschehen und sollte nun auf einen Schlag nachgeholt werden. Offensichtlich scheitert das gerade grandios. Es scheint, als seien alle Sicherungen durchgebrannt: Die Zukunftschancen und Zukunftsjobs werden verspielt.” Kern in der Bild-Zeitung
Konservative und Liberale halten an der Schuldenbremse fest – und zerstören damit die europäische Wirtschaft
Man könnte das Problem einfach lösen, indem man die Schuldenbremse abschafft. Doch dafür braucht es eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Und die gibt es nur mit den Stimmen der konservativen CDU und der liberalen FDP. Beide Parteien halten jedoch an der Schuldenbremse fest. Sie klammern sich nach wie vor an die neoliberale Ideologie des „schlanken Staates“, der keine Schulden machen und sich aus der Wirtschaft heraushalten sollte. Mit ihrer Sturheit setzen CDU und FDP die Zukunft und den Wohlstand aller Menschen in Europa aufs Spiel.
Vor allem die FDP verhindert dringend notwendige Investitionen in die deutsche und europäische Wirtschaft. Sie stellt mit Christian Lindner aktuell den deutschen Finanzminister. Er setzt sich auch auf EU-Ebene für strengere Schuldenregeln ein. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz warnte deshalb schon 2021 davor, Lindner zum Finanzminister zu ernennen. Er vertrete eine „vorsintflutliche haushaltspolitische Agenda“. Diese sei eine „Anhäufung konservativer Klischees“ aus einer vergangenen Ära.
Wie kam es zur Schuldenbremse?
Die damalige Regierung aus CDU und SPD hat die Schuldenbremse 2009 in das deutsche Grundgesetz geschrieben. Wie es dazu kam, ist bemerkenswert: Während der Finanzkrise 2008 rettete die deutsche Regierung genau die strauchelnden Banken, die die Krise mit ihren Spekulationen verursacht hatten. Dafür nahm sie große Summen an Staatsschulden auf. Anschließend schaffte es die CDU, die Finanzkrise, die eigentlich eine Bankenkrise war, in eine Schuldenkrise umzudeuten. Plötzlich waren die Staatsschulden das Problem und nicht mehr die Banken. Statt diese stärker zu regulieren, hat sich der Staat mit der Schuldenbremse selbst Fesseln angelegt. Diese Ideologie könnte nun dazu führen, dass die deutsche Wirtschaft, und in ihrem Schlepptau die europäische, den Bach runtergeht.
Die Sache erinnert an das Wörgler Experiment des sozialdemokratischen Bürgermeisters, dem Lokführer Alois Unterguggenberger, von Wörgl Anno 1932 (s. ORF-Film), der mit seinem Notgeld der Arbeitslosigkeit in seiner Gemeinde und darüber hinaus zu Leib rücke wollte, und das dann von der österreichischen Nationalbank via Verfassungsgericht verboten wurde. Ich habe auf dem aufbauend schon vor Jahren einen Vorschlag verfasst, der unter dem Stichwort “taxos dorfner ” im Internet zu finden ist. Ich habe das auch in der Zeitscrhrift “Südwind” das beschrieben.
Dieser Vorschlag über die Einführung eines zweiten “Geld”kreislaufes könnte auch in Deutschland von SPD und Grünen dikutiert werden, geht es doch darum, dass damit die von den Neoklassikern Lindner & Merz vertretene Lehre von der Marktwirtschaft und dem Geld als reines Tauschmittel, das eben nicht durch Verschuldung entsteht, sondern vom Staat schuldenfrei als Tauschmittel bereitgestellt wird, und mit dem dann auch von den Verkäufern der täglichen Güter die Nachweis der erfüllten Steuerleistungen iin Form von Naturalsien auch nachgwiesen werden kann.