Das Burgenland deckt seinen gesamten Strombedarf aus erneuerbaren Energien. Doch nicht nur das: Im Burgenland wird so viel Strom erzeugt, dass auch andere Regionen mitversorgt werden. Damit ist das Burgenland ein Vorbild für ganz Europa, denn Studien zeigen: Eine stromautarke EU wäre möglich – es braucht nur den politischen Willen.
Auf den ersten Blick haben das Burgenland und Island nicht viel gemeinsam. Flache Ebenen dort – schroffe Klippen da. Ruhige Gewässer wie der Neusiedlersee und dampfende Geysire auf der kleinen Insel im Norden Europas. Doch so unterschiedlich die Regionen auch sind, beide haben es geschafft, ihre Geografie optimal auszunutzen und daraus Energie zu erzeugen. Während Island dafür hauptsächlich geothermale Quellen verwendet, baut unser östlichstes Bundesland auf Windkraft.
Das Burgenland und Island zeigen: Europa kann den Weg aus fossilen Energieträgern und Atomkraft schaffen. Das bestätigt auch eine Studie des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS). Dazu müsste nur jede Region ihre Potenziale zur Stromgewinnung erkennen und nützen – wie es das Burgenland und Island tun.
Auch Europa könnte sich zu 100 Prozent selbst versorgen: Ohne Kohle, Öl und Atomkraft
Das IASS berechnete, dass Europa 14.560,4 Terawattstunden (TWh) Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen könnte. Dem steht ein Gesamtverbrauch von 3.204,2 TWh gegenüber. Europa könnte also seinen Verbrauch gleich viereinhalb Mal decken – nur aus erneuerbaren Quellen. Um das zu verdeutlichen, hat das IASS eine interaktive Karte erstellt, auf der einsehbar ist, wie hoch der Energieverbrauch in einer Region ist und wie viel Strom aus erneuerbaren Energien dort erzeugt werden könnte.
Regionen die ihren eigenen Bedarf leicht decken können, wurden grün eingefärbt – Gebiete, bei denen es schwer möglich ist, rot. Was auffällt: Bis auf die großen Ballungsgebiete wie Wien, Prag, Budapest oder Berlin ist die ganze EU grün. Doch auch die wenigen roten Flecken könnten durch die umliegenden Regionen mitversorgt werden.
Durch die landschaftliche und klimatische Vielfalt Europas könnte man auch leicht Produktionsengpässe vermeiden. Weht im Burgenland kein Wind, kann der fehlende Strom von Solarkraftwerken aus Italien kommen und umgekehrt. Das unterstreicht auch Tim Tröndle vom IASS:
„Grundsätzlich ist ein stromautarkes, komplett erneuerbares Europa möglich, vor allem wenn zwischen den Regionen und Ländern ein Handel auf den Weg gebracht wird.“
Das Burgenland hält, was es verspricht
Nur schöpfen viele Regionen Europas dieses Potenzial nicht aus. Die Politik fürchtet sich, der Kohleindustrie auf die Zehen zu steigen. Anders ist das im Burgenland: 2006 beschloss der dortige Landtag bis 2013 seinen gesamten Strombedarf aus erneuerbaren Energien zu beziehen. Das Versprechen wurde nicht nur gehalten, sondern sogar übertroffen: Das Burgenland deckt 150 % seines Strom Verbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen und kann damit zur Versorgung anderer Regionen beitragen. Das ist das Ergebnis eines kontinuierlichen Ausbaus – im Jahr 2000 lag der Anteil erneuerbarer Energien noch bei drei Prozent.
419 Millionen mehr für Öko Strom im Burgenland, um Klimanwandel zu bekämpfen
Das Burgenland gibt sich damit aber noch nicht zufrieden und baut die Windkraft weiter aus. Das landeseigene Energieunternehmen „Energie Burgenland“ plant bis 2025 Investitionen in erneuerbare Energie im Ausmaß von 419 Millionen Euro. Dadurch wird die Stromerzeugung durch Wind um 25 Prozent gesteigert, aber auch die Netzkapazität ausgebaut und die Stromproduktion aus Photovoltaik verzehnfacht. Damit soll die Solarenergie zum zweiten Standbein der burgenländischen Energiestrategie werden. Zusätzlich wird mit dem Geld zu einem Gemeinschaftsprojekt vom Land Burgenland und der „ÖBB Postbus“ beigetragen.
29 Wasserstoff-Busse für das Burgenland
Das Projekt sieht vor, wasserstoffbetriebene Autobusse in das burgenländische Verkehrsnetz zu integrieren. Den Anfang machen 15 derartige Busse, die ab 2021 im Bezirk Neusiedl zum Einsatz kommen. Im nächsten Schritt wird der Verkehr mit 14 weiteren Bussen auf den Bezirk Eisenstadt ausgedehnt. Auch der Wasserstoff, der für dieses Projekt benötigt wird, soll made in Burgenland sein.
„Die Energie Burgenland wird bei diesem Projekt die Elektrolyse-Anlage errichten und damit den Wasserstoff für den Betrieb der Busse erzeugen“,
erklärt Energie Burgenland Chef Michael Gerbavsits.
BIO wird zum Standard
Das Burgenland ist aber nicht nur bei der klimaneutralen Stromgewinnung Vorreiter, auch was Nachhaltigkeit und den Erhalt der Landschaft angeht, macht so schnell niemand dem östlichsten Bundesland etwas vor. So steht über ein Drittel der Landesfläche unter Naturschutz und die Landwirtschaft setzt besonders stark auf Bio.
Die Landesregierung von Hans-Peter Doskozil (SPÖ) möchte Bio-Produkte zum Standard machen und hat sich deshalb einen ehrgeizigen 12-Punkte-Plan gesetzt. So werden beispielsweise nur noch Genehmigungen für neue Ställe erteilt, wenn diese bio-zertifiziert sind. Das Land ist sich aber auch seiner Verantwortung als Großkunde bewusst und will in Landes- und landesnahen Küchen und Buffets den Bioanteil sukzessive erhöhen: 2021 soll er bei 50 Prozent liegen, 2024 bei 100 Prozent. Dasselbe soll auch in Kindergärten umgesetzt werden.