Bis 2050 wird Österreichs Grundwasserspiegel um fast ein Viertel schrumpfen – gleichzeitig steigt der Wasserbedarf um 11 bis 15 Prozent. Schon heuer könnte das Wasser in einigen Regionen knapp werden. Seit spätestens 2019 weiß das für die Wasserversorgung zuständige Landwirtschaftsministerium von der Problematik. Ausreichende und wirksame Maßnahmen gibt es bis jetzt jedoch noch nicht. Für die Landwirtschaft gibt es noch nicht einmal Wasserzähler. Laut einer neuen Studie von Greenpeace könnten künftig über 470 Gemeinden in Österreich von Wassermangel betroffen sein.
Es steht nicht gut um Österreichs Wasser – obwohl es dieses Jahr recht viel geregnet hat. Doch der Klimawandel macht sich immer mehr bemerkbar: Zu viele trockene Sommer führen im Gesamten zu weniger Niederschlag und zu einem höheren Bewässerungsbedarf. Vor allem im vergleichsweise wasserarmen Osten Österreichs spitzt sich die Lage zu. Laut einer Studie von Greenpeace gibt es 471 Gemeinden, die künftig von Wasserknappheit betroffen sein könnten. Mehr als die Hälfte davon sind Gemeinden in Niederösterreich (288). Doch auch Gemeinden in der Steiermark (82), Tirol (52), dem Burgenland (38) und Oberösterreich (8) könnte das Wasser knapp werden. Im Nordburgenland ist in den letzten fünf Jahren insgesamt ein Fünftel weniger Regen gefallen. Im burgenländischen Neudörfl war der Grundwasserspiegel 2022 auf dem Tiefststand der letzten 100 Jahre, erklärt Dr. Helmut Herlicska, technischer Leiter des Wasserleitungsverbands Burgenland.
Gleichzeitig führt die steigende Bodenversiegelung dazu, dass immer weniger Wasser einsickern und ins Grundwasser gelangen kann. In den letzten Jahren mussten noch keine Wasser-Sparmaßnahmen ausgerufen werden – obwohl die Lage schon recht knapp war.
Ein Viertel weniger Grundwasser, aber Wasserverbrauch um 15 Prozent höher
In den letzten Jahren kam es im Sommer in einigen Regionen Österreichs bereits zu Wasserknappheit. Wenn sich die Entwicklungen fortsetzen, dann wird bis 2050 der Grundwasserspiegel um 23 Prozent sinken. Gleichzeitig führt die demografische Entwicklung zu einem um elf bis 15 Prozent, in manchen Gemeinden gar 50 Prozent höheren Wasserverbrauch. Eigentlich ist Österreich ein wasserreiches Land, doch das Wasser und vor allem das Grundwasser ist regional sehr unterschiedlich verteilt. Deswegen könnte besonders im Osten Österreichs künftig der Bedarf die verfügbaren Wasserreserven überschreiten, wenn keine Maßnahmen gesetzt werden, erklärt die Grundwasserexpertin Helga Lindinger auf Anfrage des ORF.
Das sieht auch Julia Herr, SPÖ-Umweltsprecherin so:„Wenn wir jetzt nicht eingreifen, sind Nutzungs- und Verteilungskonflikte vorprogrammiert. In Oberösterreich mussten Bürgermeister*innen in den vergangenen heißen Sommern bereits vor Grundwassermangel warnen.” Neben einem klaren Plan zur Sicherung der Wasserversorgung fordert die SPÖ u.a. die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Trinkwasserversorgung. Darin verpflichten sich die EU-Staaten zu einem sorgsamen Umgang und einer fairen Verteilung des Wassers.
Wasserknappheit: Landwirtschaftsministerium steht lange auf der Bremse
Die Zahlen stammen aus der Studie „Wasserschatz Österreich“ des Landwirtschaftsministeriums. Doch dort scheint man sich dem Ernst der Lage nicht bewusst zu sein. Die letzten beiden Sommer haben gezeigt, “dass Dürren immer häufiger unser Land prägen”, so Sebastian Theissing-Matei von Greenpeace Österreich gegenüber dem Standard. Deswegen fordert die NGO von Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) auch, dass die Regierung bis zur Nationalratswahl noch einen “echten Wasserschutzplan auf den Weg bringt”.
In der Vergangenheit wurden mehrere Anträge von Drobits zu dem Thema durch die Regierungsmehrheit vertagt. Schon 2019 gab es eine parlamentarische Enquete, die forderte, die Trinkwasserversorgung für die Bevölkerung in den Verfassungsrang zu heben. Dieser Punkt hat es sogar in das Regierungsprogramm geschafft, doch das Landwirtschaftsministerium hat jahrelang die Umsetzung aufgeschoben. Erst 2023 wurde ein Trinkwassersicherheitsplan präsentiert. Expert:innen bezeichneten ihn trotz Schritt in die richtige Richtung jedoch als unzureichend. So sagte Wolfgang Nöstlinger, Präsident der Österreichischen Vereinigung für da Gas- und Wasserfach, in einer Presse-Aussendung: „Leider sind die Notfallszenarien bei echtem Wassermangel nur unzureichend behandelt. Der Trinkwassersicherungsplan geht davon aus, dass im Falle eines Wassermangels aufgrund sehr niedriger Grundwasserstände die Situation allein durch eine Reduzierung des Trinkwasserbedarfes gelöst werden kann. Dem ist aber nicht so, da oft noch viele andere Nutzer – wie Industrie und Landwirtschaft – ein und denselben Grundwasserkörper nutzen“
Industrie verbraucht 70 Prozent des Wassers – für die Landwirtschaft fehlen Daten
Ein Grund für die Zurückhaltung des ÖVP-Ministers, der sich selbst als „Lobbyist der Bauern“ bezeichnete, dürfte die Schonung seines Klientels sein. Wäre die Wasserversorgung der Bevölkerung im Verfassungsrang, würde bei Wasserknappheit zuerst die Bevölkerung mit Trinkwasser versorgt, alles andere würde nachrangig behandelt. Für 70 Prozent des Wasserverbrauchs in Österreichs ist die Industrie verantwortlich, für 24 Prozent die Wasserversorgung der Bevölkerung und für 4 Prozent die Landwirtschaft. Zwei Prozent entfallen auf „Dienstleistungen“, damit ist vor allem die Beschneiung von Skipisten und Golfplatzbewässerung gemeint. Je nach Jahreszeit und Region gibt es natürlich große Unterschiede beim Wasserbedarf. Am Neusiedlersee zum Beispiel: Denn dort ist die Landwirtschaft zeitweise für 80 Prozent der Grundwassernutzung verantwortlich.
Die Zahlen aus dem Landwirtschaftsministerium sind jedoch verzerrt. Denn es gibt für die Agrar-Industrie keine verpflichtenden Wasserzähler. Die Studie des Ministeriums erfasst deshalb den Wasserverbrauch der Landwirtschaft, der aus öffentlichen Wasserquellen gedeckt wird, schlicht nicht.
Das bedeutet, das Ministerium, das die Wasserversorgung Österreichs verwaltet, weiß nicht, wie hoch der Verbrauch in der Landwirtschaft ist. Bei einer Ressource, die langsam aber sicher knapp wird, ist das fatal.
Landwirtschaft in Österreich muss auf die veränderten Bedingungen vorbereitet werden
Doch nicht nur bei der Datenlage gibt es Aufholbedarf. Im Vergleich zur Industrie ist der Wasserverbrauch der Landwirtschaft noch relativ gering. Doch durch Dürre-Perioden und weniger Regen könnte sich der Wasserbedarf der Landwirtschaft bis 2050 verdoppeln. Die Landwirtschaft müsse auf die veränderten klimatischen Bedingungen vorbereitet werden, fordert SPÖ-Landwirtschaftssprecherin Cornelia Ecker bereits 2022.
„In den Skigebieten gibt es Maßnahmen angesichts des drohenden Schneemangels. Für die Landwirtschaft gibt es angesichts drohender Wasserknappheit keinen Plan“, kritisiert Ecker.
So bräuchten künftig wasserarme Regionen Unterstützung etwa bei der Einführung trockenresistenter Kulturpflanzen inklusive Schulung der Bäuerinnen und Bauern. Ecker denkt auch darüber nach, Agrarförderungen an umwelt- und wasserschonende Landwirtschaft zu knüpfen. Bauern und Bäuerinnen, die die Umwelt weniger mit Pestiziden wie Glyphosat belasten und weniger zur Nitratverunreinigung des Grundwassers beitragen, könnten bevorzugt werden.
Immer mehr Pestizide: 10 Prozent der Wasserproben bedenklich verschmutzt
Wie dringend der Handlungsbedarf ist, zeigt die Datenlage: Der Pestizidverbrauch in Österreich ist zwischen 2011 und 2018 um 53 Prozent gestiegen und stagniert seither auf hohem Niveau. Schon jetzt ist durch den Einsatz von Pflanzengiften und Stickstoff-Dünger das Wasser aus vielen Brunnen nicht mehr genießbar. Im „grünen Bericht“ muss das Landwirtschaftsministerium einräumen, dass durch Pestizid- und Nitratbelastung in rund 10 Prozent aller getesteten Grundgewässer, Schwellenwerte überschritten wurden. Auch bei 23 Prozent der Flüsse kommt es zu einer erhöhten Belastung durch Stickstoff und Phosphor.
Greenpeace: Zehn Konzerne verbrauchen knapp so viel Grundwasser wie halb Österreich
Dieser Artikel erschien am 27. Juni 2022 und wurde am 11. August 2024 aktualisiert.
Es ist abzulehnen das diese Probleme von der Allgemeinheit sozialisiert werden. Die Gemeinden sind dafür Verantwortlich, diese sollen auch die Kosten für eine verfehlte, verantwortungslose Politik tragen.
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Man ist gegen die Renaturierung, man ist gegen Einschränkungen beim Bodenverbrauch, man ist gegen Maßnahmen die Klimaproblematik in den Griff zu bekommen, man ist gegen den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, man ist gegen Windräder und Solarpanels, dann darf man sich auch nicht wundern wenn das Wasser ausgehet, die Böden austrocknen, und Wälder abfackeln oder im starkregen Absaufen.
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Und in vielen Fällen wählt die Bevölkerung aus den Betroffenen Regionen auch noch jene Parteien die sich wenig bis gar nicht für den Umweltschutz einsetzten.
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Jetzt auch noch die Schuld der Industrie in die Schuhe zu schieben, ist ebenso lächerlich, das was die Gemeinden aufführen, dafür kann die Industrie nichts. Im Gegenteil die Industrie bräuchte dringend ökologische Kraftwerke, und entsprechende Stromversorgungen, selbst das verwehrt man ihr.
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Solidarität funktionier auch nicht wenn nichts gegeben und alles genommen wird, das ist Rosinenklauberei.
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Die Versicherungen und die Allgemeinheit kann zwar die finanziellen Folgen ausgleichen, sie kann aber ganz sicher kein einzige Korn Getreide ersetztes. Wenn man nichts mehr zu fressen hat dann wird man es kapieren, nur dann ist es auch zu spät.
der Grundwasserspiegel wird um 1/4 schrumpfen, irgendwie ist diese Formulierung “eigenartig”. Der Grundwasserspiegel kann sinken, steigen aber schrumpfen ? leider ist in den letzten Jahren eine exakte sprachliche Ausdrucksweise auch bei Journalisten abhanden gekommen. Nur mehr Tik Tok Stil
Wie lange weiß das die SPÖ schon?.