Fakten-Checks

Die „Wahlzuckerl” aus 2008 waren billiger und sinnvoller als das ÖVP-Steuergeschenk für Konzerne

Industriellen-Vereinigung, Wirtschaftskammer und ÖVP haben einen Feind: Die Beschlüsse vor der Nationalratswahl 2008, von denen fast jeder Österreicher und jede Österreicherin profitiert hat. Die Verbesserungen für Pensionisten, Pflegebedürftige, chronisch Kranke, Arbeiter und Familien seien „viel zu teuer“ gewesen. Tatsächlich haben sie in Summe weniger gekostet als die von der ÖVP geplante Steuersenkung für Konzerne. die sich die Wahlkampfspender gewünscht haben.  

So großzügig die ÖVP bei Erben, Vermögensbesitzern und Konzernen ist, so sparsam ist sie bei allen anderen: „Wahlzuckerln“ nennt das konservative und neoliberale Österreich die Beschlüsse, die 2008 vor der Wahl im Parlament getroffen wurden. Die ÖVP will ähnliche Reformen jetzt sogar per Verfassungsbeschluss verhindern. Denn damals sei „unsinnig“ Geld aus dem Fenster geworfen worden. Kontrast.at hat sich angeschaut, was damals beschlossen wurde und wie viel das gekostet hat: Es waren Verbesserungen für Pensionisten, Pflegebedürftige, chronisch Kranke, Arbeiter und Familien. Die Kosten liegen bei 1,4 Mrd. Euro – um 200 Millionen weniger, als die ÖVP in die Hand nimmt, um Konzernen Steuern zu schenken.

In Bezug auf die Parlamentsbeschlüsse im Sommer 2008 geistern wilde Zahlen umher: Schon Finanzminister Hans-Jörg Schelling phantasierte von 30 Milliarden. So teuer, behauptete er, waren die „Wahlzuckerl“ der Parteien im Parlament. Die Schätzung taucht auch jetzt wieder auf – doch sie stimmt nicht.

  1. Die Kosten für alle Reformen zusammen beliefen sich auf 1,4 Milliarden. Das heißt: 10 Reformen für so gut wie alle Österreicherinnen und Österreicher waren billiger als das Steuerzuckerl, das ÖVP und FPÖ in diesem Jahr den Konzernen geschenkt hätte: Denn die KöSt-Senkung hätte den Steuerzahler 1,6 Milliarden gekostet.
  2. Bei den Beschlüssen handelte es sich nicht um „Zuckerl“, um Spaß-Vorhaben oder dergleichen. Es waren Reformen, die das Leben für Pensionisten, Arbeiter, Pflegebedürftige und arme Haushalte verbessert haben. Die SPÖ hat damals die Möglichkeit genutzt, Reformen zu schließen, die in der Koalition an der ÖVP gescheitert sind.

Hier die wichtigsten Beschlüsse aus dem Sommer 2008 im Überblick:

Erhöhung des Pflege-Geldes (Kosten: 120 Millionen)

Je nach Bezugshöhe wurde das Pflegegeld um 4 bis 6 Prozent erhöht. Dazu gab es noch Verbesserungen für Demenzkranke sowie für Kinder und Jugendliche mit schweren Behinderungen.

Heizkostenzuschuss für Pensionisten (Kosten: 52 Millionen)

In Österreich leiden 300.000 Haushalte an Energiearmut. Sie können ihre Wohnung nicht so heizen, dass es warm genug ist. 2008 wollte man speziell betroffenen Pensionisten helfen: Jene, die so wenig Pension bekommen, dass sie auf die Ausgleichszulage angewiesen sind, erhalten zwischen Oktober und April einen Heizkostenzuschuss.

Halbierung der Mehrwertsteuer auf Medikamente (Kosten: 300 Millionen)

2008 hat das Parlament beschlossen, die Mehrwertsteuer auf Medikamente von 20 auf 10 Prozent zu halbieren.

Pensionserhöhung (Kosten: 271 Millionen)

Pensionen stiegen um 3,4 Prozent. Pensionisten mit hohen Bezügen bekamen nur einen Fixbetrag, um den sich ihre Pension erhöhte. Darüber hinaus gab es sozial gestaffelte Einmalzahlungen zwischen 50 und 150 Euro. Die Pensionserhöhung federt die gestiegenen Lebenshaltungskosten für Pensionsten ab.

Verlängerung der „Hacklerregelung“ (Kosten: 270 Millionen)

Die „Hacklerregelung“ ist eine Sonderregelung für Männer und Frauen, die 45 bzw. 40 Jahre lang schwer gearbeitet haben – die können bereits mit 60 bzw. 55 Jahren in Pension gehen. Die „Hacklerregelung“ hätte 2010 auslaufen sollen, wurde aber per Beschluss bis zum Jahr 2013 verlängert.

Einführung einer 13. Familienbeihilfe (Kosten: 250 Millionen)

Die Familienbeihilfe ist eine monatliche Geldleistung für Familien mit Kindern. Sie dient dazu, die Ausgaben für Kinder zu decken. 2008 wurde beschlossen, dass diese Leistung nicht 12, sondern 13 Mal im Jahr ausbezahlt wird, um Familien stärker zu entlasten.

Im Unterschied zum Familienbonus der Bundesregierung, der 1,5 Mrd. Euro kostet, kam die 13. Familienbeihilfe allen Kindern zugute – und nicht wohlhabenden Kindern mehr als armen.

Abschaffung der Studiengebühren (Kosten: 150 Millionen)

Als die ÖVP-FPÖ-Regierung im Jahr 2000 Studiengebühren einführte, brachen 45.000 StudentInnen ihr Studium ab – das waren 21 Prozent aller Studierenden. Sie konnten sich ihren Lebensunterhalt nicht mehr leisten. Auch die Zahl der DoktorandInnen ging zurück und der Frauenanteil in dieser Gruppe sank stark. 2008 beschlossen SPÖ, Grüne und FPÖ eine Abschaffung der Studiengebühren für österreichische Studierende und ihre KollegInnen aus dem EU-Ausland in der Mindeststudienzeit.

Erhöhung der Unfallrenten (Kosten: 2 Millionen)

Neben den Pensionen wurden auch die Unfallrenten erhöht – also die Leistung, die Beschäftigten nach einem Unfall zusteht, wenn sie nicht mehr arbeiten können.

Erhöhung der Renten für Kriegs- und Verbrechensopfer  (Kosten: 1 Million)

Wer im Zweiten Weltkrieg kämpfen musste und dabei verletzt wurde, wer allgemein Opfer von Gewalthandlungen geworden ist und Heeresangehörige, die im Zuge von Ausbildung oder Berufsausübung einen Unfall erlitten haben, haben in Österreich Anspruch auf eine eigene Rente. 2008 wurden all diese Renten erhöht.

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Dr. Mauricio Barrientos
Dr. Mauricio Barrientos
8. Juni 2019 18:26

Jetzt ist er endlich mal nicht mehr im Rampenlicht und Ihr Dolme postet Fotos von ihm? Geht’s nicht auch ohne das Konterfei des aalglatten 3-Wetter-Taft-Candy-Crush-Champions? Ihr macht ihn damit größer als er ist.

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