Monsanto ist als US-amerikanischer Agrarkonzern weltweit zum Symbol für die dunklen Seiten der Agrarindustrie geworden. Mit genmanipuliertem Saatgut und giftigen Unkrautvernichtungsmitteln verdiente die Firma Milliarden. In hunderten Städten protestierten Menschen unter Slogans wie „Mon$anto is making us $ick“ (Monsanto macht uns krank). Der Name hatte schließlich so ein schlechtes Image, dass er bei der Übernahme des deutschen Chemie-Konzerns Bayer AG 2018 aufgelöst wurde. Dennoch bestehen die Probleme fort.
Der Chemiekonzern Monsanto verschweigt mögliches Krebsrisiko
Monsanto begann Anfang des 20. Jahrhunderts als Chemiekonzern. Schon früh stellte die Firma Substanzen her, die sich später als gefährlich erwiesen. Ein Beispiel sind PCB. Das sind polychlorierte Biphenyle, eine Gruppe giftiger Industriechemikalien. Monsanto war lange Zeit der größte Hersteller von PCB. Diese chemischen Stoffe wurden etwa in Kühlgeräten und Lacken verwendet, bis man entdeckte, dass sie Mensch und Umwelt massiv schaden. 1979 wurden PCB in den USA komplett verboten, weil sie zu schweren Gesundheitsschäden bis hin zu Krebs und Umweltverschmutzungen führten.
Interne Dokumente aus Monsanto zeigen jedoch, dass das Unternehmen schon Jahre zuvor über die Gefahren Bescheid wusste – und dennoch weiter PCB verkaufte, um Profit zu machen.
Gift für den Vietnamkrieg – bis heute bestehen Spätfolgen
Ein dunkles Kapitel in Monsantos Geschichte ist auch die Beteiligung am Entlaubungsmittel Agent Orange. Dieses hochgiftige Mittel wurde im Vietnamkrieg von der US-Armee großflächig versprüht, um Wälder und Ernten zu vernichten. Monsanto produzierte einen der Hauptbestandteile von Agent Orange. Die Folgen waren verheerend: Schätzungen zufolge wurden durch Agent Orange rund 400.000 Menschen getötet oder verstümmelt und etwa 500.000 Kinder kamen mit schweren Fehlbildungen zur Welt. Bis heute leiden in Vietnam wie auch ehemalige US-Soldaten an den Spätfolgen dieses Gifts. Monsanto geriet in die Kritik, nicht nur wegen seiner Produkte, sondern auch wegen der Ignoranz gegenüber menschlichem Leid.
Durch Gentechnik zum Saatgut-Monopol
In den 1990er-Jahren änderte Monsanto seine Strategie und setzte verstärkt auf Gentechnik in der Landwirtschaft. Die Idee: Nutzpflanzen so zu verändern, dass sie gegen Monsantos eigenes Unkrautvernichtungsmittel resistent sind. Ein Monsanto-Chemiker hatte bereits 1970 das Herbizid Glyphosat entdeckt und unter dem Markennamen Roundup ab 1974 verkauft. Nun entwickelte Monsanto gentechnisch verändertes Saatgut – zum Beispiel Sojabohnen und Mais -, das den Einsatz dieses Pflanzengifts unbeschadet übersteht.
1996 kamen die ersten solcher „Roundup-Ready” Pflanzen auf den Markt. Für die Bauern bedeutete das: Sie konnten ihre Felder im großen Stil mit Roundup besprühen, ohne die eigene Ernte zu vernichten. Das ersparte Arbeit und steigerte den Ertrag – zumindest anfangs. Zugleich stieg dadurch der Verkauf von Glyphosat explosionsartig an. In den USA basieren heute über 90 Prozent der Soja- und Maispflanzen auf diesem resistenten Saatgut.
Monsanto verdiente mit diesem Geschäftsmodell doppelt: an den Saatgut-Lizenzen und an dem dazugehörigen Herbizid.
Das Unternehmen ließ seine genveränderten Pflanzen patentieren. Das heißt, Bauern durften die Samen nicht einfach aus der Ernte zurückbehalten und wieder aussäen. Sie mussten jedes Jahr neues Saatgut von Monsanto kaufen oder hohe Strafen befürchten. Monsanto ging aggressiv gegen Landwirte vor, die gegen die Patentregeln verstießen. In den USA verklagte Monsanto hunderte Farmer wegen angeblicher unerlaubter Nutzung seines Saatguts. Laut einem Bericht wurden bis 2013 mindestens 142 Klagen gegen 410 Bauern und kleinere Betriebe angestrengt. Monsanto erstritt insgesamt über 23 Millionen Dollar Schadensersatz. Kritiker:innen warfen der Firma vor, damit die Existenzgrundlage kleiner Bauern zu zerstören und ein Monopol über die Lebensmittelproduktion anzustreben. Ein bekannter Fall war etwa der Rechtsstreit um einen 75-jährigen Farmer, der – erfolglos – bis vor den Obersten Gerichtshof zog, nachdem Monsanto ihn wegen wiederverwendeter Soja-Samen verklagt hatte.

Glyphosat: 125.000 Klagen wegen vermutlich krebserregendem Unkrautgift
Das Herbizid Glyphosat entwickelte sich in den letzten Jahren zu einem der größten Monsanto-Skandale. Glyphosat ist ein Unkrautvernichter, der Pflanzen abtötet und deshalb als „Pflanzengift“ bezeichnet werden kann. Monsanto vermarktete Roundup seit den 1970ern als Wunderwaffe gegen Unkraut. Doch nach Jahrzehnten des massenhaften Einsatzes schlagen Forscher und Umweltschützer Alarm. Glyphosat steht im dringenden Verdacht, gesundheitsschädlich und sogar krebserregend zu sein.
Die Internationale Krebsforschungsagentur der WHO stufte den Stoff bereits 2015 als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ ein.
Hinzu kommt, dass immer mehr Unkräuter resistent gegen das Mittel werden. In den USA sprechen Bauern bereits von „Super-Unkräutern“, die Roundup nichts mehr anhaben können. Umweltschützer:innen machen außerdem den massiven Glyphosat-Einsatz mitverantwortlich für das Artensterben, weil damit viele Wildpflanzen – und indirekt Nahrung für Insekten – von den Feldern verschwinden.
Auch gerichtlich geriet Glyphosat für Monsanto – sowie für den Nachfolge-Konzern Bayer AG zum Desaster. 2018 sprach erstmals ein US-Gericht einem Krebspatienten Schadenersatz zu, weil sein Leiden mit Monsantos Unkrautvernichter in Verbindung gebracht wurde. Der ehemalige Hausmeister Dewayne Johnson, der jahrelang Roundup versprüht hatte, erkrankte an Krebs. Die Geschworenen waren überzeugt, dass Roundup wesentlich dazu beigetragen hatte und dass Monsanto die Risiken kannte, aber verschwieg. Sie verurteilten Monsanto zur Zahlung von 289 Millionen Dollar. In dem Prozess kamen interne E-Mails und Unterlagen ans Licht, die zeigen, dass Monsanto über mögliche Krebsgefahren von Glyphosat seit langer Zeit Bescheid wusste. Das Unternehmen habe „die Wissenschaft bekämpft“ und versucht, kritische Forscher mundtot zu machen, wie die Anwälte des Klägers erklärten.
Dieses Urteil war erst der Anfang: In den USA meldeten sich daraufhin Tausende weitere Betroffene. Mittlerweile klagen über 125.000 Menschen wegen Glyphosat, darunter Krebspatienten oder deren Angehörige.
Der deutsche Bayer-Konzern, der Monsanto 2018 übernommen hat, musste über 10 Milliarden Dollar in Vergleichszahlungen einzuplanen, um einen Großteil dieser Klagen beizulegen. Weitere Prozesse stehen noch aus.
Fragwürdige Methoden: Manipulation von Wissenschaft und Medien
Monsantos schlechter Ruf rührt nicht nur von seinen Produkten her, sondern auch von den Methoden, mit denen die Firma ihr Geschäft verteidigte. Kritiker:innen sprechen von Monsanto als Beispiel für skrupellose PR-Machenschaften. Tatsächlich enthüllten Recherchen in den letzten Jahren, dass Monsanto versucht hat, wissenschaftliche Studien und öffentliche Meinungen zu beeinflussen. Interne Dokumente – die sogenannten Monsanto Papers – zeigen, dass Mitarbeiter:innen des Konzerns teilweise Studien „geghostwritet“ haben. Das heißt, Monsanto-Leute schrieben an fachlichen Artikeln mit, die dann unter dem Namen unabhängiger Wissenschaftler veröffentlicht wurden, um Glyphosat in besserem Licht dastehen zu lassen.
Auch gegenüber Journalist:innen ging Monsanto vor. So finanzierte der Konzern Tarnorganisationen und vermeintlich unabhängige Experten, die in Medien Glyphosat und Gentechnik verteidigten. Gleichzeitig wurden kritische Journalistinnen und Journalisten mit gezielten Kampagnen diskreditiert. Ein Beispiel: Eine PR-Firma im Auftrag von Monsanto schleuste 2018 bei einem Glyphosat-Prozess eine falsche „Reporterin“ ein, die eigentlich dazu da war, andere Reporter mit Monsanto-freundlichen Geschichten zu beeinflussen.
Ein Jahr später wurde in Frankreich publik, dass Monsanto Listen über unbequeme Personen führte – hunderte Politiker:innen, Forscher:innen und Medienleute standen unter Beobachtung, weil sie als glyphosat-kritisch galten.
Solche Enthüllungen verstärkten den Eindruck, dass Monsanto um jeden Preis sein Geschäftsmodell schützen wollte, auch auf Kosten von Transparenz und Glaubwürdigkeit.

Monsanto in Europa und Österreich: Zwischen Lobbyarbeit und Widerstand
In Europa hatte Monsanto einen deutlich schwereren Stand als in den USA. Viele europäische Länder und Konsument:innen sehen Gentechnik in Lebensmitteln kritisch. In der EU sind daher bis heute nur sehr wenige genveränderte Pflanzen zugelassen – und ihr Anbau ist die Ausnahme. Österreich hat zum Beispiel früh klargemacht, dass genmanipulierte Pflanzen auf heimischen Äckern unerwünscht sind. Bereits 1999 verbot Österreich den Anbau von Monsantos Gen-Mais (MON810) und wurde damit zum Vorreiter in der EU. Auch in den folgenden Jahren blieb Österreich faktisch gentechnikfrei in der Landwirtschaft. Diesen Widerstand teilten mehrere EU-Staaten – insgesamt neun Länder untersagten schließlich den Anbau von MON810-Mais. Monsanto scheiterte damit in großen Teilen Europas an strengeren Zulassungsregeln, am Druck von Umweltorganisationen und am Protest der Bevölkerung.
Ähnlich skeptisch ist Europa beim Thema Glyphosat. In der EU ist der Einsatz des Wirkstoffs seit Jahren umstritten. Die Zulassung wurde immer nur befristet verlängert, weil einige Mitgliedstaaten, darunter vor allem Frankreich und Österreich, ein Verbot anstreben. Dennoch hat die EU – auch dank massiver Lobbyarbeit der Chemie- und Agrarindustrie – 2017 die Zulassung von Glyphosat um fünf Jahre verlängert, und 2023 beschloss die EU-Kommission sogar eine weitere Verlängerung um zehn Jahre.
Unterstützung erhält die Agrarlobby meist aus den Reihen konservativer Parteien wie CSU oder ÖVP. So kam etwa das entscheidende Ja zur Verlängerung 2017 durch die deutsche Zustimmung unter Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU). Damals stimmten auch ÖVP und FPÖ gegen ein Verbot auf EU-Ebene. Insbesondere die ÖVP und der ÖVP-nahe Bauernbund setzen sich auch in Österreich gegen ein Verbot ein.
In Österreich beschloss das Parlament bereits im Juli 2019 als erstes EU-Land ein komplettes Glyphosat-Verbot. Die SPÖ, die den Antrag einbrachte, begründete das mit neuen Studien: „Die wissenschaftlichen Beweise für die krebserregende Wirkung des Pflanzengifts mehren sich“, so die damalige SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Umweltorganisationen feierten den Beschluss als historischen Erfolg. Greenpeace sprach von einem „historischen Meilenstein“ im Kampf gegen gefährliche Pestizide. Doch eine Umsetzung fehlt bis heute. Ein Teilverbot kam zwar 2021, nahm jedoch die Landwirtschaft aus, die für 90 Prozent des Pestizid-Einsatzes verantwortlich ist.
Übernahme durch Bayer: Ende des Namens, nicht der Probleme
Im Jahr 2018 wurde Monsanto von dem deutschen Chemie- und Pharmakonzern Bayer übernommen. Für rund 66 Milliarden Dollar kaufte Bayer den US-Saatgutgiganten und wurde dadurch zum weltweit größten Anbieter von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln. Angesichts des miserablen Monsanto-Rufs führte Bayer den Namen nicht fort.
Doch Bayer übernahm nicht nur die Geschäfte, sondern auch die Altlasten des Konzerns. Die großen Glyphosat-Klagen gingen nun auf Bayer über. Bayer musste bis 2020 insgesamt über 10 Milliarden Euro zurückstellen, um die meisten der US-Klagen wegen Roundup außergerichtlich zu regeln. Bayer-Chef Werner Baumann räumte ein, man habe sich mit Monsanto große Rechtsrisiken ins Haus geholt.
Die Übernahme von Monsanto durch Bayer hat die bestehenden Probleme nicht verschwinden lassen – im Gegenteil: Viele der umstrittenen Praktiken und Produkte, die Monsanto in die Kritik gebracht haben, etwa der Einsatz von Glyphosat oder die aggressive Vermarktung gentechnisch veränderter Pflanzen, setzt Bayer fort. Bereits zuvor war das Unternehmen mit Skandalen rund um Umweltbelastungen, riskante Medikamente und problematische Geschäftspraktiken konfrontiert.
Eine belgische Studie von 2024 kommt zu dem Schluss:
“Das Unternehmen behält die monopolistische Kontrolle über den Saatgut- und Pestizidmarkt, wehrt sich gegen regulatorische Herausforderungen für seine giftigen Produkte, versucht, die rechtliche Haftung zu begrenzen und nimmt politischen Einfluss.”
So gab Bayer AG alleine 2023 zwischen 7 und 8 Millionen Euro für Lobbying in der EU aus – die höchste Summe, die je ein einzelner Chemiekonzern angegeben hat.
Filme über Monsanto
- Monsanto, mit Gift und Genen (2008)
Der französische Dokumentarfilm beleuchtet die Produkte und Geschäftspraktiken des Monsanto-Konzerns: gentechnisch veränderte Saaten, Roundup, Umweltfolgen, Patente, Lobbyismus etc. - Into the Weeds (2022)
Diese kanadische Dokumentation zeigt die Geschichte von Dewayne “Lee” Johnson und seine Krebserkrankung, die mutmaßlich durch das Unkrautvernichtungsmittel Roundup von Monsanto ausgelöst wurde. - Percy vs. Goliath (2020)
Der Spielfilm mit Christopher Walken in der Hauptrolle handelt von dem kanadische Landwirt Percy Schmeiser. Monsanto verklagte ihn, weil auf seinen Feldern gentechnisch verändertes Saatgut gefunden wurde – angeblich ohne Lizenz. Der Film schildert den David-gegen-Goliath-Kampf des Bauern gegen den Konzern. - Giftige Saat (2019)
In dem französischen Polit-Thriller (Miniserie) geht es um einen Landwirt, der nach jahrelanger Nutzung von Pestiziden erkrankt. Im Zentrum stehen ein fiktiver Agrarkonzern („Saskia“) und politische Lobbyverflechtungen. Inspiriert ist die Serie allerdings von Monsanto. Laut Co-Produzent war Inspirationsquelle für die Serie u.a. ein Fall eines französischen Landwirts, der den Konzern Monsanto wegen des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat verklagte. - Monsanto (geplant, Netflix)
Für 2025/2026 plant Netflix ein Rechtsdrama, das auf dem echten Fall Dewayne “Lee” Johnson gegen Monsanto wegen Roundup basiert. Mit Glen Powell, Anthony Mackie, Laura Dern.
Sie können maximal 4 Forderungen auswählen und ihre Abstimmung im Nachhinein ändern.
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