285 Klassen sind alleine in Wien in Quarantäne, österreichweit sind bereits 8.000 Kinder sind betroffen – doch den Eltern fehlt der Anspruch auf Sonderbetreuungszeit. Denn die Regierung hat die Regelung nicht verlängert, die Eltern bei der Betreuung von Kindern in Corona-Notfällen unterstützt. Sie müssen jetzt eine Betreuung organisieren oder Urlaub nehmen, wenn der Arbeitgeber das genehmigt.
Die Schulschließungen der letzten beiden Schuljahre haben den Eltern zugesetzt. Wochenlang die Kinder zuhause betreuen und beim Lernen unterstützen, nebenbei arbeiten – das brachte nicht wenige an die Belastungsgrenze. Auf Druck von Gewerkschaft, Arbeiterkammer und SPÖ hat das Parlament im November 2020 einen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit für Eltern beschlossen, seit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 galt eine Sozialpartnereinigung dazu. Die Regierung schränkte das Recht auf Sonderbetreuung auf den Fall der Quarantäne ein, die normalen Lockdowns waren ausgenommen – weil es da eine Notbetreuung an Schulen gab, wie die Regierungsparteien argumentierten.
Doch mit dem neuen Schuljahr gibt es nicht einmal mehr das. Im Juli ließ die Regierung die Sonderbetreuungszeit für Eltern auslaufen, für das neue Schuljahr war keine bezahlte Freistellung für Eltern von Quarantäne-Kindern geplant. Wieder machten die Arbeitnehmervertreter Druck und die Regierung lenkte ein, mit einem Haken: Die Sonderbetreuungszeit tritt erst im Oktober in Kraft. Bis dahin müssen Eltern Urlaub nehmen, wenn ihre Kinder in Quarantäne geschickt werden – sofern das der Arbeitgeber erlaubt.
400 Klassen in Corona-Quarantäne – bis zu 7.000 Kinder betroffen
Schon in der ersten Schulwoche gab es in Ostösterreich rund 450 positiv getestete Schüler:innen. In Wien sind 285 Klassen in Quarantäne geschickt worden. Inzwischen sind österreichweit bereits über 400 Schulklassen mit 8.000 Kindern betroffen. Dementsprechend viele Eltern stehen aktuell unter Stress, jemanden zum Aufpassen für ihre Kinder zu organisieren. Auch am Beispiel zweier Wiener Kindergruppen wird deutlich, unter welchen Druck mehr und mehr Eltern geraten. Die beiden Gruppen einer privaten Einrichtung mussten in eine zweiwöchige Quarantäne, nachdem ein Zivildiener positiv auf das Corona-Virus getestet worden war. Die Eltern der 47 Kinder sind zu Recht verzweifelt. Derzeit haben sie keinerlei Möglichkeit auf Sonderbetreuungszeit, sondern müssen Urlaub nehmen oder Pflegeurlaub beantragen. Letzterer gilt allerdings nur eine Woche lang. Ein Problem, denn die Quarantäne beläuft sich – ohne Freitestung durch einen PCR-Test – auf 14 Tage. Selbst mit Freitestung müssen Kinder aktuell mindestens 10 Tage daheim bleiben.
Die SPÖ hat bereits vor dem Sommer darauf gedrängt, die Sonderbetreuungszeit zu verlängern. Dass die Regierung die Regelung erst im Oktober wieder einführen will, kommt für SPÖ-Vorsitzenden Dr. Pamela Rendi-Wagner zu spät. Sie plädiert für eine rückwirkende Regelung ab 1. September: „Viele Eltern werden sonst nicht wissen, wie sie die Betreuung ihrer Kinder in der Quarantäne organisieren sollen. Die Eltern dürfen nicht im Stich gelassen werden.“
Eltern stehen ohne Sonderbetreuungszeit da
Seit ihrer Einführung wurde die Sonderbetreuungszeit stetig weiterentwickelt. Lag der Kostenersatz anfangs noch bei 33 Prozent, wurde er in den Folgemonaten über 50 Prozent bis hin zu 100 Prozent erhöht. Der Arbeitgeber bekommt die entstehenden Kosten bei einer vorübergehenden Freistellung vollständig ersetzt. Seit November 2020 ist zudem ein Rechtsanspruch auf die Sonderbetreuungszeit gesichert. Das heißt, Eltern müssen die Arbeitgeber:innen nicht mehr um Erlaubnis bitten, sondern erhalten die Sonderbetreuungszeit automatisch. Derzeit ist noch unklar, ob die Regierung auch den Rechtsanspruch verlängern wird.