Am 16. Oktober hat die Europäische Arbeitsbehörde (ELA) ihre Arbeit aufgenommen. Ihre Aufgabe: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am selben Ort. Denn gerade wenn Arbeiter von ihren Firmen in anderen Länder geschickt werden, steht Unterbezahlung oft auf der Tagesordnung. Das ist nicht nur schlecht für den individuellen Arbeiter, sondern drückt die Löhne für alle. Die europäischen Gewerkschaften legen der ELA gleich zum Start eine ganze Reihe von Fällen vor. Auch Österreich ist betroffen.
Die Fälle betreffen ausgebeutete Arbeitnehmer aus Polen, Tschechien, Bulgarien, Slowenien und der Slowakei. Sie wurden nach Österreich nach Deutschland und Dänemark „entsendet“. Das bedeutet: Von ihrer Firma im Heimatland in ein anderes Land geschickt, um dort Aufträge zu erfüllen. Dafür gibt es Regeln – und die wurden in vielen Fällen nicht eingehalten. Die europäischen Gewerkschaften werfen den Unternehmen mehrere Fehler vor.
So wurden die entsendeten Arbeitnehmer deutlich schlechter bezahlt als lokale Beschäftigte und auch Urlaubs- und Krankengeld wurde ihnen vorenthalten. Auch an der Sozialversicherung wurde „gespart”. Die Unternehmen haben die Bezahlung umgangen und die Beschäftigten nicht korrekt angemeldet.
Scheinfirmen haben Scheinentsendungen vorgenommen. Diese Unternehmen hatten keine wirtschaftliche Aktivität in den Herkunftsländern, und nutzten die Koordinierungsschwierigkeiten zwischen den nationalen Arbeitsbehörden, um Kontrollen zu entgehen.
„Wir brauchen ein hartes Durchgreifen gegen jene Schurken unter den Arbeitgebern, die riesige Gewinne mit Sozialdumping machen.”
sagt Per Hilmersson, der stellvertrende Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes.
Die in Bratislava stationierte Behörde ist ein Instrument, mit dem das geltende Recht auch Wirklichkeit wird. Denn all Fälle von Sozialdumping und Lohnausbeutung sind bereits jetzt illegal, doch scheiterten an der schwierigen Durchsetzbarkeit und Kontrollierbarkeit. Die Arbeitsmarktagentur soll mit der europäischen Bankenaufsicht mithalten können, heißt es aus der EU-Kommission. Ihr stehen 50 Millionen Euro sowie 140 Mitarbeiter zur Verfügung.
Erste Fälle in Österreich
So hat eine slowenische Firma etwa 31 bosnische und kroatische Bauarbeiter nach Österreich entsendet. Sie sollten alle am selben Standort in Österreich arbeiten, aber tatsächlich wurden sie auf verschiedene Baustellen im ganzen Land geschickt. Das Unternehmen hat das slowenische Gesetz gebrochen: Sie haben die Arbeiter nicht registriert. Schwerwiegende Auswirkungen auf ihre Sozialversicherungs- und Pensionsbeiträge sind die Folge.
Die ELA als neues Werkzeug gegen Sozialdumping
Laut der Europäischen Kommission arbeiten 17 Millionen EU-Bürger in einem anderen EU-Land. Weitere 1,4 Millionen pendeln täglich über die Grenze zu ihrem Job. Das ist für sich genommen kein Problem. Zu einem Problem wird es dann, wenn die Sozialstandards der Länder nicht eingehalten werden und die ausländischen Arbeitskräfte mit Tricks (längeren Arbeitszeiten oder willkürliche Lohnabzüge) ausgebeutet werden.
Den nationalen Behörden sind bei solchen Praktiken nicht befugt einzuschreiten. Ihre Macht endet an der „Grenze“. Die Europäische Arbeitsbehörde soll diese Lücke schließen, auch in dem sie den Informationsaustausch zwischen den Behörden der einzelnen Länder koordiniert und verbessert.
Die Regierung Kurz wollte Arbeitsbehörde verhindern
Es war die jahrelange Arbeit der europäischen Gewerkschaften, die zur Einführung der EU-Arbeitsbehörde geführt hat. Dabei haben sich rechte und neoliberale Regierung dagegen gestemmt. So auch die österreichische Regierung unter Sebastian Kurz: Sie hat gemeinsam mit Ungarn im EU-Rat gegen die ELA gestimmt.