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Diskutieren wir den „Green New Deal“ und nicht nur auf eine CO2-Steuer

Foto: Munib Agha (Facebook)

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14. Oktober 2019
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Auf der letzten Klimademo bin ich mit einem „Green New Deal Jetzt“-Schild mitgelaufen. Das habe ich getan, weil ich es sehr bedauerlich finde, dass er im (linken) Diskurs in Deutschland kaum eine Rolle spielt. Dabei müsste solch einer eine zentrale Rolle in der Diskussion zum Klimaschutz einnehmen und nicht eine CO2-Steuer.

Der Name Green New Deal lehnt sich an den New Deal an, mit dem der demokratische US-Präsident Roosevelt in den 30er Jahren die Wirtschaftskrise bekämpfte und damit für Vollbeschäftigung und für eine langanhaltende Phase der Prosperität sorgte.

Der Green New Deal erkennt einerseits an, dass er eine Chance darstellt gesellschaftliche Ungleichheiten zu beseitigen. Zum anderen ist man sich bewusst, dass man notwendige, radikale Maßnahmen nur durchsetzen kann, wenn man dafür einen gesellschaftlichen Konsens erreicht, den es aber z.B. für die geforderte CO2-Steuer nicht gibt.

Die zwei Hauptziele des Green New Deals sind zum einen das Erreichen des 1,5 Grad-Ziels, zum anderen eine Gesellschaft in der jede:r ein Recht auf eine Arbeit hat mit einem auskömmlichen Lohn und dabei Zugang zu allen notwendigen Ressourcen/Dienstleistungen (also bezahlbare Wohnung, ein gutes Gesundheitssystem, usw.) hat. Der Green New Deal stellt aber auch eine Chance für eine sozial-ökologische Transformation dar, der auch die Eigentumsfrage stellt: Welche wirtschaftlichen Bereiche müssen primär dem Allgemeinwohl dienen und nicht der Logik der privaten Aneignung?

Green New Deal mit oder ohne CO2-Steuer?

„Den“ Green New Deal gibt es übrigens nicht. Am bekanntesten ist sicherlich der Green New Deal, den die amerikanische Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez vertritt, der übrigens komplett auf eine CO2-Bepreisung verzichtet oder der Green New Deal for Europe, der von verschiedenen progressiven Bewegungen wie Diem25 Germany und Kampagne für eine 4 Tage Woche verteten wird. Der Green New Deal for Europe sieht dabei die Bepreisung lediglich als eine flankierende Maßnahme, so wie es z.B. auch GreenPeace tut oder die Deutsche Umwelthilfe.

Im Vordergrund des Green New Deals steht ein massives Investitionsprogramm, das insbesondere über die Europäische Investitionsbank finanziert werden soll. Dabei sollen jährlich grüne Anleihen (Green Bonds) in Höhe von 5% des europäischen Bruttoinlandsprodukts emittiert werden. Um Spekulationen zu unterbinden erklärt sich die EZB jederzeit bereit zu intervenieren. Die vorgesehenen Maßnahmen sollen dabei nicht nur durch Anleihen finanziert werden, sondern unter anderem auch durch Abbau klimaschädlicher Subventionen und einer stärkeren Besteuerung von Unternehmen, die in der Produktion besonders klimaschädlich vorgehen.

Green New Deal könnte Vollbeschäftigung für Europa bringen

Die Höhe der Investitionen korreliert positiv mit der Höhe der Beschäftigung. Der Green New Deal bekämpft also nicht nur den Klimawandel, sondern wäre auch wie der New Deal von Roosevelt damals ein Garant für Vollbeschäftigung in Europa. Und um eines klar zu machen: Eine Sozialdemokratie, die den Anspruch verloren hat für Vollbeschäftigung zu sorgen, braucht es nicht. Der Green New Deal Europe macht dabei auch deutlich, dass das Ziel der Vollbeschäftigung ohne Arbeitszeitverkürzungen bei vollem Lohnausgleich nicht erreicht werden kann.

Investitionen sollen dabei so gelenkt werden, dass sie auch für gleichwertige Verhältnisse auf dem Land sorgen. Die Investitionsentscheidungen sollen nicht auf EU-Ebene getroffen werden sondern auf unteren Ebenen, am besten auf regionaler oder kommunaler. Bürger:innen und insbesondere Umweltorganisationen sollen bei den Investitionsentscheidungen beteiligt werden.

Chinas Konjunkturprogramm als Vorbild?

Was für eine relevante Rolle Investitionen spielen, wenn es um die Bewältigung von Krisen geht, wurde erst vor 11 Jahren wieder sehr deutlich. In vielen Ländern wurden Konjunkturpakete aufgelegt und die Folgen der Weltwirtschaftskrise abzumildern. Das von China auferlegte Konjunkturprogramm stellte dabei jedes Konjunkturprogramm der westlichen Staaten in den Schatten. Denn Chinas Konjunkturprogramm betrug 448 Milliarden Euro. Gemessen am chinesischen Bruttoinlandsprodukt des Jahres 2008 waren das satte 12,5%.

Im Vordergrund stand hierbei nicht nur das Abmildern des konjunkturellen Abschwungs, sondern auch das Verhindern von sozialen Unruhen. Deswegen kann man viele (aber sicherlich nicht alle) getroffenen Maßnahmen auch im Sinne eines Green New Deals interpretieren. Die medizinische Versorgung auf dem Land wurde massiv ausgebaut. 7000 Krankenhäuser wurden gebaut. Zwischen 2008 und 2014 ist das Hochgeschwindigkeitsgleisnetz (schneller als 250 km/h) von 1000 auf 11000 km ausgebaut worden. Von Peking nach Shanghai (1300km) kommt man jetzt in 4,5 Stunden. Den Verlauf der Weltwirtschaftskrise und wie verschiedene Staaten und Zentralbanken auf diese reagiert haben beschreibt der Wirtschaftshistoriker Adam Tooze sehr fundiert in seinem Buch, das letztes Jahr erschienen ist.

Aktive grüne Industriepolitik, Ausbau der Infrastruktur usw.

In welchen Bereichen soll nun grüne Anleihen investiert werden? Im Vordergrund steht dabei eine aktive grüne Industriepolitik, am besten auch in Form einer Förderung von Genossenschaften, Kooperativen und Unternehmen in kommunaler Hand. Eine aktive Industriepolitik wurde in Deutschland schon lange nicht mehr betrieben. Das letzte mal unter der rot-grünen Bundesregierung mit dem erfolgreichen Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG). Aber auch Airbus ist durch eine aktive Industriepolitik entstanden. Anfang des Jahres hat Bundeswirtschaftsminister Altmaier eine Debatte zur Industriepolitik entfacht. Dabei ging es ihm aber nicht um eine Industriepolitik im progressiven Sinne, sondern um eine Subventionierung von Großkonzernen, damit diese auf dem internationalen Markt konkurrenzfähig bleiben. Konservative Wirtschaftszeitungen sprachen von Planwirtschaft. SPD, Grüne und Linke wirkten eher planlos, die Gewerkschaften meldeten sich öffentlich nicht zu Wort. In der linken Wirtschaftszeitung OXI erschien ein Beitrag darüber, wie eine progressive Industriepolitik aussehen könnte.

Eine weiterer essenzieller Bereich für den Green New Deal ist der Ausbau der öffentlichen Infrastruktur. Der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs, gemeinnützig betriebenes Carsharing, Highspeed-Zugverbindungen. Smart Cities so gestalten, dass die Daten nicht privaten gehören, sondern der Allgemeinheit. Energetische Gebäudesanierungen, aber auch ein (Rück-)Kaufprogramm von privaten Wohnungen. Der Ausbau des öffentlichen Gesundheitssystem v.a. in strukturschwachen Regionen. Umschulungsprogramme für Menschen, die durch die Transformation der Wirtschaft ihren Arbeitsplatz verloren haben. In eine nachhaltige Landwirtschaft ohne Monokulturen, usw.

CO2 Steuer hatte in der Schweiz nicht die erwarteten Lenkungseffekte

Die Idee einer CO2-Steuer (die ja nur in den Bereichen gelten soll, wo der Zertifikatehandel nicht gilt) finde ich in der Theorie ganz clever, aber sie hat in der Praxis nicht die erwarteten Effekte. Eine CO2-Steuer als Verbrauchersteuer ist auch kein Instrument, das im oben genannten Sinne einer sozial-ökologischen Transformation wirkt und sie wird in den vorgesehenen Bereichen (Verkehr, Gebäude, Konsumgüter usw.) auch nicht die erhofften Wirkungen haben. In der Schweiz liegt die CO2-Steuer schon bei über 90 Schweizer Franken, also so um die 85 Euro. Im Gebäudesektor hat die Schweiz mit der CO2-Steuer aber eine geringere CO2-Reduktion als Deutschland erzielt, das z.B. bei Neubauten auf strengere Energiestandards setzt. Ordnungspolitische Maßnahmen wirken hier also besser als die Bepreisung. Genauso ist es auch im Verkehrssektor. Das 365-Euro-Ticket ist vor allem so erfolgreich, weil Wien gleichzeitig die Infrastruktur massiv ausgebaut hat und das Parken unattraktiv gemacht hat und nicht wegen der Preissenkung. Darauf hat vor einigen Wochen auch der VCD hingewiesen.

Außerdem ist (die aktuelle Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen bestätigt das) eine CO2-Bepreisung in der geforderten Zielhöhe gesellschaftlich momentan nicht durchsetzbar. Sehr polemisch betrachtet könnten SPD und Grüne es so vertreten: „Hey, wir haben den Kundigungsschutz gelockert, den größten Niedriglohnsektor geschaffen, Kommunen so ausgetrocknet, dass diese ihre Wohnungsunternehmen privatisiert haben und mit HartzIV-Sanktionen haben wir dich in einen schlecht bezahlten Job geprügelt, der 50 km von deinem Wohnort entfernt ist und wir möchten, dass du in Zukunft pro Liter Benzin dafür auch noch 40 Cent mehr zahlst“.

Screenshot von www.zdf.de/politik/politbarometer

CO2-Bepreisung regelt eine umweltgerechte Entwicklung nicht von selbst

Bei einem CO2-Preis von 180 Euro je Tonne wird übrigens das iPhone nicht mal 20 Euro teurer. Keiner wechselt deswegen zu einem Fairphone. Man muss sich deswegen auch klar machen, dass man in vielen Bereichen ohne Gebote und Verbote nicht weiterkommt. Was Smartphones angeht braucht es einen Anspruch auf eine längere Lebensdauer und ein Recht auf günstige Reparatur. Der Aspekt der Recyclebarkeit muss bei Elektronikprodukte höheres Gewicht bekommen. Unnötige Verpackungen müssen verboten werden. Fleischprodukte und Billigflüge sind vor allem deswegen so billig, weil Arbeitnehmer:innen entsprechend ausbeuterisch entlohnt werden.

All diese Punkte und viele andere werden aber viel zu wenig debattiert, weil man sich anscheinend erhofft, dass das alles die CO2-Bepreisung schon regeln wird. Aus meiner Sicht macht die politische Linke einen großen Fehler, wenn sie sich auf eine CO2-Steuer beschränkt.

Von Munib Agha

Parlament Das Thema "Klimawandel" im Parlament

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Privatstiftungen sollten ursprünglich einem gemeinnützigen Zweck dienen, etwa in den Bereichen Soziales, Bildung oder Kultur. Doch heute sind sie vor allem ein beliebtes Werkzeug, um Vermögen zu sichern und Steuern zu vermeiden. Sie sind besonders beliebt bei den Reichsten der Reichen – auch weil sie kaum von den Steuerbehörden kontrolliert werden. Zitat: Privatstiftungen sind eine Rechtsform, die beinahe ausschließlich von den Reichsten der Reichen genutzt wird. 40 Prozent aller Privatstiftungen befinden sich im unmittelbaren Umfeld der 60 reichsten Familien. Sie werden von Superreichen benutzt, um ihr Vermögen vor Steuerbehörden zu verschleiern. Auch deshalb weil drei Viertel aller Privatstiftungen überhaupt noch nie von den Steuerbehörden kontrolliert worden sind. Stephan Pühringer

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