Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auszubeuten, wird in Österreich künftig einfacher. ÖVP und Grüne senken die Strafen für Lohndumping und machen Unterbezahlung so billiger. Im Juli hat die Regierung das sogenannte Kumulationsprinzip abgeschafft. Das nützt vor allem Firmen, die im großen Stil zu wenig bezahlen. Denn sie werden nicht mehr pro geschädigtem Arbeitnehmer bestraft, sondern pauschal. Die Mindeststrafen sollen zudem niedriger werden.
Es ist nicht lange her, da wurde ein spektakulärer Fall von systematischem Lohndumping bekannt: Der Maskenerzeuger Hygiene Austria hat nicht nur FFP2-Masken aus China als österreichische Ware verkauft. Das Unternehmen hat seine MitarbeiterInnen großteils nicht sozialversichert und weit unter Kollektivvertrag bezahlt. Hier waren fünf Unternehmen und Sub-Firmen mit unterschiedlicher Unterentlohnung von 130 Betroffenen am Werk. Nach derzeitiger Rechtslage, die sich eben nach der Anzahl der geschädigten Beschäftigten richtet, müssten die Unternehmen insgesamt 260.000 bis 2,6 Millionen Euro bezahlen. Geht es nach der Regierung, läge der Strafrahmen bei 0 bis 750.000 Euro, bei kooperativem Verhalten sogar bei 0 bis 35.000 Euro.
Die Regierungsparteien haben im Juli 2021 die Abschaffung des Kumulationsprinzips beschlossen. Das Prinzip sah die Bestrafung nach Anzahl der Geschädigten vor. Anders als früher gilt jetzt: Wer 100 MitarbeiterInnen zu wenig zahlt, bekommt keine weit höhere Strafe als ein Kleinbetrieb, der zwei Mitarbeiterinnen zu wenig bezahlt. Damit stehen die Strafen nicht mehr im Verhältnis zum Profit, der durch das Lohndumping erzielt wird. Profitieren werden davon vor allem Unternehmen, die ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu wenig bezahlen.
Strafen werden minimiert, Mindeststrafen sogar ganz gestrichen
Anlass war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Fall Andritz (siehe Infobox am Ende des Textes). Laut dieser widerspricht das Kumulationsprinzip der Grundrechtecharta, weil Arbeitgeber zwar wissen, dass etwas verboten ist, aber nicht, wie hoch die Strafe sein wird, wenn sie das Gesetz brechen. Laut EuGH sollte es also vordefinierte Höchststrafen geben. Doch die Regierung geht über die Anordnung weit hinaus.
Künftig sind nicht einmal mehr Mindeststrafen vorgesehen. Das heißt: Verstößt ein Arbeitgeber auf Kosten seiner Beschäftigten gegen das Gesetz, muss er unter Umständen nicht einmal den Schaden ausgleichen, den er verursacht hat.
Sebastian Kurz dürfte all das freuen. Denn die ÖVP hat schon 2017 den Vorstoß gemacht, die Strafen für Unternehmen zu senken und die Kontrollen zur Einhaltung des Arbeits- und Sozialrechts einzuschränken.
Die Regierung hat sich heute darauf geeinigt, das #Kumulationsprinzip für Arbeitgeber bei Lohn- und Sozialdumping abzuschaffen. Das ist ein Rückschritt und für Beschäftigte ein massiver Nachteil! Willi Mernyi, Leitender Sekretär des ÖGB, erklärt was das bedeutet: pic.twitter.com/qvGVRCBl4X
— ÖGB (@oegb_at) June 16, 2021
Unterentlohnung wird zum Bagatelldelikt
Wenn Arbeitgeber ihre Beschäftigten unterentlohnen, also ihnen nicht jenes Entgelt bezahlen, das ihnen per Kollektivvertrag zusteht, müssen sie künftig 50.000 Euro bezahlen. Maximal. Bei kleineren Betrieben mit maximal neun Beschäftigten wird die Maximalstrafe sogar mit 20.000 Euro festgesetzt.
Zum Vergleich: Derzeit liegen die Strafen je nach Schweregrad zwischen 1.000 und 10.000 Euro pro geschädigtem Arbeitnehmer. Wenn mehr als 3 Arbeitnehmer betroffen sind, sind es sogar bis zu 20.000 Euro pro Arbeitnehmer. Im Wiederholungsfall sogar 50.000 Euro pro Arbeitnehmer.
Problem: Nur das vorenthaltene Entgelt wird berücksichtigt – entgangene Lohnnebenkosten nicht
Doch nicht nur diese niedrigen Höchststrafen sind ein Problem, sondern auch die Art der Bemessung. Bei der Bemessung der Strafhöhe soll nur mehr auf das vorenthaltene Entgelt geachtet werden – nicht aber auf die ebenfalls vorenthaltenen Lohnnebenkosten. Obwohl der Entgang an Versicherungsbeiträgen die Beschäftigten genauso schädigt.
Mehr als 50.000 Euro Strafe gibt es künftig nur, wenn auch mehr als 50.000 Euro Entgelt nicht bezahlt wurden. Der reale Schaden für Beschäftigte liegt höher. Für die maximale Strafe sind die Kriterien hoch: Es müssen mehr als 100.000 Euro Entgelt vorenthalten worden sein – und es muss ein Vorsatz nachgewiesen werden. Dann kann ein Arbeitgeber in Summe mit maximal 400.000 Euro belangt werden.
Was bedeuten die neuen Strafmaße in der Praxis? Hier zwei Beispiele:
Beispiel 1: Ein Betrieb bezahlt 20 Beschäftigten zu wenig – insgesamt fallen diese 20 Personen um 40.000 Euro um. Es ist schon das zweite Mal, dass der Betrieb derart negativ auffällt. Nach bisher geltender Rechtslage müsste der Arbeitgeber bis zu 1 Million Euro bezahlen. Nach dem Beschluss von ÖVP und Grünen sind es maximal 50.000 Euro.
Beispiel 2: In einem Betrieb bezahlt man 60 ArbeitnehmerInnen unter Kollektivvertrag. Die vorenthaltene Summe: 90.000 Euro. Heute könnte er mit bis zu 1,2 Millionen Euro bestraft werden. Künftig wird das mit maximal 100.000 Euro deutlich billiger. Wenn der Arbeitgeber bei der Aufklärung mithilft, sinkt die Maximalstrafe auf 50.000 Euro. Trotz Strafe macht der Arbeitgeber immer noch einen Gewinn: 40.000 Euro vorenthaltene Löhne plus ein paar Tausend Euro vorenthaltene Lohnnebenkosten.
Strafen auch in anderen Bereichen massiv eingeschränkt
Verschlechterungen drohen auch für Erntehelferinnen und Erntehelfer. Es ist zwar festgeschrieben, dass für die Arbeitskräfte geeignete Unterkünfte zur Verfügung zu stellen sind. Doch wenn sich der Arbeitgeber nicht daran hält, ist das nur zivilrechtlich relevant.
Im Lohn- und Sozialdumpings-Bekämpfungsgesetz sind weder Kontrolle noch Sanktionen vorgesehen. Das heißt: Es würden nur die Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes greifen. Und dort sind bloß lächerliche Strafen vorgesehen.
Sind die Unterkünfte unzureichend – es schimmelt, es gibt keine Hygiene-Einrichtungen, keine Heizmöglichkeit etc. – wird das nur mit maximal 1.100 Euro bestraft. Kategorisch pro Unterkunft – nicht pro geschädigter Landarbeiterin.
Große Unternehmen profitieren am meisten von der Abschaffung des Kumulationsprinzips
Die Arbeiterkammer kritisiert das geplante Abschaffen des Kumulationsprinzips scharf. Für große Unternehmen wird es ohne dieses Prinzip attraktiver, sich nicht an geltendes Recht zu halten. Sie hätten dadurch auch enorme Wettbewerbsvorteile gegenüber kleinen und mittleren Betrieben – auf Kosten der ArbeitnehmerInnen.
„Es kann nicht sein, dass das Kumulationsprinzip plötzlich für Lohndrückerei nicht mehr gilt und jemand dutzende Arbeitnehmer systematisch unterbezahlt und mit einer einzigen Strafe davonkommt, die er aus der Portokasse bezahlt“, erklärt AK-Direktor Christoph Klein.
Das Kumulationsprinzip und die Folgen seiner Abschaffung werden hier nochmal von der SPÖ-Abgeordneten Julia Herr einfach erklärt:
Worum ging es beim Andritz-Urteil 2019? |
Der Maschinenbauer Andritz beauftragte 2017 eine kroatische Firma mit Sanierungsarbeiten. Diese Firma entsandte daraufhin 217 Arbeitskräfte nach Österreich, um diese vorzunehmen. Andritz hätte sich um die Beschäftigungsbewilligung und Lohnunterlagen dieser 217 Arbeitskräfte kümmern müssen. Hat das Unternehmen aber nicht. Weil so viele Beschäftigte betroffen waren, fiel die Strafe sehr hoch aus: Die vier Vorstände hätten jeweils fünf Millionen Euro bezahlen müssen.
Das zuständige Landesverwaltungsgericht Steiermark wandte sich an den Europäischen Gerichtshof. Und der entschied, dass es die Dienstleistungsfreiheit einschränken würde, müssten sich Firmen um Arbeits- und Sozialunterlagen kümmern, wenn entsendete Arbeitskräfte bei ihnen tätig sind. Die Rechtsprechung wurde geändert, seitdem gibt es bei Fällen von Lohn- und Sozialdumping eine Maximalstrafe, die man ausschöpfen kann – oder auch nicht. Das Kumulationsprinzip wurde aber seit dem Andritz-Urteil 2019 in diesem Bereich nicht mehr angewendet. |
Das seid doch IHR! Auch zumindest.
Menschen endlich die Staatsbürgerschaft. Dann darf er ‚hoffentlich‘ auch nicht mehr Kanzler sein.
dummpt als erstes mal den Kanzlerlohn, nicht was er verdient, sondern was er bekommt! Auf ungefähr die Notstandshilfe! Wie hoch die auch immer sein mag – derzeit.
Das ist prinzipiell typisch ungebildete Regierung: Lohndumping zulassen, Unternehmenssteuern senken, Pensionen hinauf setzen – gilt nicht für Beamte und Staatsangestellte, Einkommensraub fürs Pensionsalter, Einkommensraub während des Arbeitslebens, hohe Steuern für Normalbürger, kaum Steuern für …
… Unternehmen (Lohnräuber), Banken … Hedgefonds … Börsenteilnehmer (Gelddiebe und -vernichter) …
Durch genau diese Gruppen werden die Löhne der normalen Bürger, den sogenannten Massen, nicht nur geschmälert, sondern vernichtet. Während sich die Räuber durch legalisierten Betrug in die selbstge-
machte Sicherheit verabschieden können, unterschreiben diese Regierungsverbrecher noch Räuberverträge, die die Diebe (EZB-Bankster zum Beispiel) auch noch sakrosankt machen.
Während die Pensionsgesetze für den Normalbürger – trotz sinkender Lebenserwartung weltweit – in die Höhe geschraubt werden, gehen die Verbrecher nach nur 10 Jahren im Nationalrat in die gesicherte Überteuerungspension schon ab dem 60. Lebensjahr.
Das sollte Bürgerchen sich mal auf der Zunge zergehen lassen und erklären: „Knast für alle Gewählten, besonders auch rückbezüglich!“ Und zwar für den Rest deren Lebenszeit.
Und schnell noch ein Bildschirmfoto für die Veröffentlichung in den sozialen Netzen, damit einzusehen ist, was so alles gelöscht wird.