Die durchschnittlichen Mieten sind in Österreich in den letzten 10 Jahren um rund 34 Prozent gestiegen, doppelt so schnell wie die allgemeine Inflation. Gleichzeitig stehen in Österreich zehntausende Wohnungen leer, weil Eigentümer lieber auf eine Wertsteigerung spekulieren statt die Wohnungen zu vermieten. In der Steiermark soll sich das jetzt ändern. Mit einer Leerstandsabgabe sollen Wohnungseigentümer dazu gebracht werden, ihren Wohnraum zur Verfügung zu stellen.
Als erstes Bundesland hat die Steiermark die Möglichkeit einer Abgabe auf leerstehende Wohnungen sowie Zweitwohnsitze beschlossen. Gemeinden können jetzt jährlich bis zu 10 Euro pro Quadratmeter leerstehender Wohnfläche einheben. Für eine 100-Quadratmeter-Wohnung werden damit 1.000 Euro pro Jahr fällig. Zahlreiche Gemeinden planen eine ähnliche Abgabe. Graz hat sie als erste steirische Stadt auf Basis eines dringlichen Antrags der SPÖ beschlossen.
Wohnungen in Graz leer stehen zu lassen, kostet zukünftig
Die Stadtregierung aus KPÖ, SPÖ und Grüne wollen mit dieser Maßnahme dafür sorgen, dass Immobilien-Spekulanten absichtlich leerstehende Wohnungen vermieten und damit wieder mehr Wohnungen für die Bewohner:innen frei werden. In Graz stehen zwischen 5.000 und 15.000 Wohnungen leer, das sind bis zu 7 Prozent des Wohnraums. Der steirische Landtagsabgeordnete Wolfang Dolesch (SPÖ) schätzt, dass „mindestens 8.000 Wohnungen in der Stadt bewusst nicht vermietet oder privaten Käufer:innen nicht angeboten werden“. Große Pensionsfonds kaufen zunehmend Immobilien als Anlage- oder Spekulationsobjekt, ohne sie anschließend zu vermieten.
Dazu kommen noch 37.000 Zweitwohnsitze, das ist der höchste Wert in der Steiermark. So wie in anderen Tourismusgemeinden sorgen sie dafür, dass Wohnraum fast das ganze Jahr leer steht – und damit der eigentlichen Wohnbevölkerung entzogen wird.
„In Tourismusgemeinden wie im Salzkammergut oder Schladming ist das ein großes Problem. Viele Einheimische können sich keine Wohnung mehr leisten, weil sich Reiche hier ihre Zweitwohnungen mieten“, sagt Wolfgang Moitzi, SPÖ-Landtagsabgeordneter in der Steiermark.
Auch Wohnbau-Experte Michael Klien vom WIFO hält es für „sehr sinnvoll“, dass leerstehende Wohnungen und Zweitwohnsitze einheitlich behandelt werden, da eine Trennung in der Praxis gar nicht möglich wäre, wie er im Ö1-Morgenjournal erklärt. Ausnahmen bei der Abgabe in Graz gibt es allerdings, etwa wenn die Wohnung für die eigenen Kinder verwendet wird, es sich um eine Dienstwohnung handelt oder nachweislich Gründe bestehen, warum sie unvermietbar ist.
Die Bundesregierung müsste Rahmen führ höhere Abgaben-Höhe schaffen
Aufgrund der geringen Höhe von 10 Euro pro Quadratmeter und Jahr bezweifeln einige Expert:innen einen großen Lenkungseffekt. Denn die meisten Immobilien-Besitzer werden wegen ein paar hundert Euro im Jahr ihre Wohnung nicht auf den Markt bringen. Dass die steirische Landesregierung den Betrag so niedrig angesetzt hat, liegt an einem Verfassungsurteil von 1985. Damals kippte das Verfassungsgericht die Wiener Leerstandsabgabe, weil einzelne Bundesländer nicht die Gesetzgeberkompetenz dazu hätten, Leerstandsabgaben über 1.000 Euro einzuheben. Das müsste also die Bundesregierung für ganz Österreich ändern. SPÖ und Grüne sprechen sich für eine solche Änderung aus. Der Druck steigt so stark, dass sogar Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) dafür ist, höhere Leerstandsabgaben durch eine Änderung der Verfassung zu ermöglichen. Auch andere Landeshauptleute ziehen nach.
In Tirol und Salzburg wurden bereits ähnliche Regelungen wie in der Steiermark auf den Weg gebracht, die nächstes Jahr in Kraft treten sollen.
Auch Wien begrüßt den Vorstoß. Die Wiener Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál und der Finanzstadtrat Peter Hanke (beide SPÖ) haben sich bereits im November vergangenen Jahres mit dem Anliegen, eine bundesweite Leerstandsabgabe einzuführen, an die zuständigen Ministerien gewandt. Immerhin ist im Regierungsprogramm ÖVP-Grüne die Bekämpfung von Leerstand als Schwerpunkt der bundesweiten Wohnbaupolitik definiert.
Eine Abgabe könnte bis zu 1,9 Milliarden Euro oder 198.000 zusätzliche Wohnungen bringen
Das Momentum Institut hat errechnet, dass eine bundesweite Abgabe von nur 10 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche pro Jahr 111 bis 178 Millionen Euro Einnahmen bringen würde. Bei 100 Euro pro Quadratmeter und Jahr – womit ein tatsächlicher Lenkungseffekt erzielt werden könnte – würde der Staat bis zu 1,9 Milliarden Euro einnehmen. Oder aber bis zu 198.000 zusätzliche Wohnungen für Mieter auf den Markt bringen.
Trotz der geringen Höhe der Abgabe ist die Entscheidung in der Steiermark ein wichtiger Schritt, wie Landtagsabgeordnete Moitzi betont.: „Damit haben wir jetzt einen Fuß in der Tür. Einerseits bekommen wir zum ersten Mal alle Daten darüber, wie viel Leerstand es überhaupt gibt. Und zweitens ist es wichtig, weil wir damit eine Debatte ausgelöst haben, die dringend notwendig ist. Damit der Nationalrat eine Leerstandsabgabe beschließen kann, die wirklich einen großen Lenkungseffekt hätte“, sagt er gegenüber Kontrast.at.
Weniger Leerstand könnte zu niedrigeren Mieten führen
Vertreter der Immobilienbranche und Kritiker einer Leerstandsabgabe bezweifeln oftmals, dass Eigentümer ihre Wohnungen absichtlich leer stehen lassen. Es stimme zwar zum Teil, dass den Vermietern dadurch Mieteinnahmen entgehen, wie der grüne Grazer Gemeinderat Karl Dreisiebner gegenüber Moment erklärt. Aber gerade die Besitzer von kleinen Wohnungen – die immer mehr gebaut werden und sich gut als Anlagewohnungen eignen – verlangen häufig eine zu hohe Miete und finden deshalb keine Mieter:innen. Eine Abgabe könne sie dazu bringen, den Qudaratmeterpreis zu senken, um Wohnungen statt um 10 auch für 8 Euro pro Quadratmeter zu vermieten. „Denn das ist für sie besser, als sie leer zu lassen und die Abgabe draufzuzahlen“, so der Gemeinderat.
Auch aus ökologischer Sicht wäre eine Leerstandsabgabe sinnvoll
Eine Leerstandsabgabe könnte nicht nur dazu beitragen, dass die Mieten sinken, sondern wäre auch aus ökologischen Gründen sinnvoll. Denn der Flächenverbrauch ist in Österreich im internationalen Durchschnitt besonders hoch – mit fatalen Folgen für die Umwelt, wie Raumforschungs-Professorin Gerlind Weber erklärt. Anstatt neu zu bauen, müsste der bereits bestehende Raum, und damit leerer Wohnraum, genutzt werden.
„Es wäre wichtig, die Frage nach einer Leerstandsabgabe heute neu zu diskutieren, nämlich auch aus sozio-ökologischen Gründen“, so Prof. Weber im Kontrast-Interview. Und damit dem Bodenschutz und dem Flächenverbrauch in Österreich aus ökologischen Gründen mehr Bedeutung beizumessen.
Mit diesem Bagatell Betrag wird sich nix ändern.
Ausreden wie “Mietnomaden nicht mehr loswerden ” kann man einfach mit einem “Mieter Zeugnis ” entgegen, wo der vorige Vermieter Eintragungen machen kann ( Mietrückstände, Schäden, Umfeld…)