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„Das hat Steyr nicht verdient“: Aktionäre gönnen sich 500 Mio. Dividende und wollen 2.400 MAN-Mitarbeiter kündigen

Foto: Kurt Prinz

Patricia Huber Patricia Huber
in Arbeit & Freizeit
Lesezeit:4 Minuten
15. Oktober 2020
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Tausende gingen auf die Straße, um gegen die geplante Abwanderung der MAN aus Steyr zu demonstrieren. 2.400 Menschen würden dann bei MAN direkt den Job verlieren, mehr als 4.000 Menschen in der gesamten Region sind betroffen. Die Aktionäre des Mutterkonzerns zahlten sich im September eine halbe Milliarde an Dividende aus und die Manager verdienten 11 Mio. Euro. Noch verhandelt der Betriebsrat, um den Standort zu erhalten – die Gewerkschaft hat die Unterstützung des Streiks bereits beschlossen.

4.000 Menschen ziehen durch Steyr, viele von ihnen tragen die MAN-Arbeitskluft. Alle sind fassungslos darüber, dass man so mit ihnen umgehen kann. Im September hat das Management von MAN plötzlich angekündigt, das Werk in Steyr schließen zu wollen. Der Standort hat eine hundertjährige Tradition, jetzt soll er nach Polen und in die Türkei verlagert werden. 2.400 Beschäftigte würden unmittelbar ihre Arbeit verlieren, rechnet man die Zulieferbetriebe mit, sind es sogar mehr als 4.000 in der Region.

Foto: Kurt Prinz

Halbe Milliarde Dividende an Aktionäre ausbezahlt

Dabei geht es MAN wirtschaftlich nicht schlecht: Der Umsatz der Konzernmutter Traton in München liegt bei elf Milliarden Euro. Die Aktionäre beschlossen am 23. September, sich 2020 eine halbe Milliarde Euro Dividende auszuschütten. Die Vorstände kassieren Bezüge von 11 Mio. Euro. Auch das Werk in Steyr schrieb bisher immer Gewinne und lieferte sie nach München ab. Nur im ersten Halbjahr 2020 rutschte MAN kurzfristig ins Minus.

 

„Sie haben uns angelogen“, sagen viele MAN-Beschäftigte in Steyr. Denn erst Anfang des Jahres hat der Konzern eine Standortgarantie bis 2030 unterschrieben, die Beschäftigte haben dafür Zugeständnisse gemacht: Auf Überstundenzulagen verzichtet, Pausen gestrichen und mehr produziert. Zwei LKWs mehr pro Tag werden jetzt in Steyr gebaut, ohne dass die Beschäftigten einen Euro mehr Lohn dafür bekommen.

„Wir haben immer Wort gehalten. Jeden Tag, wenn wir in die Arbeit gekommen sind, haben wir Wort gehalten, aber sie haben uns angelogen“, sagt Arbeiter-Betriebsrat  Erich Schwarz.

Foto: Kurt Prinz

MAN ist mehrheitlich im Besitz der Milliardärsfamilie Porsche-Piech

Bis 2023 will der Konzern den Standort schließen. Die Schließung in Steyr ist Teil eines Mega-Sparprogramm. „Was sagen eigentlich die österreichischen Eigentümerfamilien Porsche und Piech dazu?“, fragt der Betriebsrat. Denn MAN gehört zu 94,36% der Volkswagen AG, die wiederum mehrheitlich im Besitz der Milliardärsfamilie Porsche-Piech steht. Sie sind 37 Mrd. Euro schwer.

„Was ist das für ein Wirtschaftssystem, in der nur noch Profitgier herrscht? Es kann nicht sein, dass sich ein paar Wenige bereichern mit Millionen-Boni und Dividenden – und diejenigen, die täglich hart im Konzern arbeiten, draufzahlen müssen!“ sagt SPÖ-Vorsitzende Rendi-Wagner bei der Protestkundgebung.

Foto: Kurt Prinz

11 Millionen Staatshilfen und Förderungen

Dazu kommt, dass MAN Corona-Staatshilfen von rund 11 Mio. Euro bekommen hat, die Mitarbeiter waren in Kurzarbeit. Auch sonst flossen in den letzten fünf Jahren rund vier Mio. Euro an öffentlichen Förderungen an den Konzern, vor allem für die E-Mobilität.

„Es kann nicht sein, dass Konzerne Förderungen und Staatshilfen einkassieren und dann in Billiglohn-Länder abwandern. Wenn die Spitzenmanager nur die Sprache des Geldes verstehen, dann muss man ihnen sagen: Wenn ihr Förderungen einkassiert und dann trotzdem Mitarbeiter kündigt, dann zahlt ihr diese Förderungen zurück!“, forderte Rendi-Wagner.


Die Beschäftigten sind kampfbereit. Viele von ihnen sind seit über 20 Jahren im Betrieb und fürchten sich vor der Kündigung. „Ich bin 52, das ist ein wirklich blödes Alter, um arbeitslos zu werden“, sagt ein Kfz-Mechaniker. „Warum müssen wir für das Managementversagen bezahlen?“, fragen zwei IT-Mitarbeiter. Seit fünf Jahren habe es ständige Richtungswechsel in der MAN-Strategie gegeben, das Management sei dabei immer weiter aufgeblasen worden. „Die Manager denken emotionslos, denen geht es nur ums Abcashen“, sagt ein MAN-Mechaniker. Da sei aber auch die Politik gefordert, das zu verhindern.

„Wo ist Schramböck?“

Von der Regierung ist man hier überhaupt enttäuscht. Während der Landesregierung ein Bemühen um den Standort zugestanden wird, fühlt man sich von der Regierung im Stich gelassen. Als der Name der Wirtschaftsministerin Schramböck fällt, rufen Demo-Teilnehmer „Wo ist sie?“


MAN ist einer der größten Arbeitgeber in Steyr, hier kennt fast jeder jemanden, der im LKW-Werk arbeitet. An der Demonstration nahmen nicht nur MAN-Mitarbeiter teil, sondern auch Beschäftigte bei BMW, SKF und aus dem Chemiepark in Linz. „Wir halten zusammen“, sagen sie. Der ÖGB hat letzte Woche den Streikbeschluss gefällt, wie Pro-Ge Gewerkschafter Rainer Wimmer in Steyr bekannt gab. „Wir sind bereit zu streiken, um das Werk zu erhalten“, sagt jeder, den man fragt.

Parlament Das Thema "Betriebsabwanderung" im Parlament

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Martin Mair
Martin Mair
16. Oktober 2020 16:06

Wie wäre es einmal mit wirklich kämpferischen Gewerkschaften die Fabriksbesetzungen und Arbeiter*innenselbstverwaltung unterstützen? Wer nicht das scheinbar unmögliche fordert wird nicht einmal die Hälfte des Erreichbaren bekommen. Auf der Uni Linz gibt es mit Prof. Dario Azzellini einen Experten für konsequente Arbeiter*innenkämpfe und für Arbeiter*innenselbstverwaltung! –> http://www.azzellini.net/

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rudolf
rudolf
Reply to  Martin Mair
9. April 2021 09:48

Schmida: „Die Arbeiterinnen und Arbeiter von MAN Steyr haben damit gezeigt, dass sie sich nicht einschüchtern lassen und auch nicht der Spielball von Investoreninteressen werden wollen.“ Die Interessen der Belegschaft sind klar: Sie wollen sichere und gute Jobs.

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rudolf
rudolf
Reply to  rudolf
9. April 2021 09:48

Das kann ihnen eine allein auf kurze Profite ausgerichtete Wirtschaft, egal ob das nun der dem Porsche-Piech-Clan gehörende MAN-Konzern oder ein anderer Investor ist, nicht bieten.

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Askme
Askme
16. Oktober 2020 12:42

Man möchte seinen Ärger und seine Wut über diese Manager und Politiker herraus schreien aber es geht nicht weil es einem den Hals zu schnürt. Und die Manager und Verantwortlichen, was machen die? Sie lachen und alle aus, denn wir sind das Volk, jene die nichts Wert sind. Nur Nutztiere die für Ihre Spielchen Missbraucht werden.
Wie lange sollen wir uns das noch gefallen lassen? Was wäre, wenn das Volk die Straßen und Bahnen blockiert, die Arbeit nieder legt und das fordert was Ihnen zusteht?
z.B. Transparent und Gerechtigkeit. Gebt den Menschen die WÜRDE zurück!

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rudolf
rudolf
Reply to  Askme
9. April 2021 09:44

Wo bleibt die GEWERKSCHAFT mit KAMPFMAßNAHMEN, auf der Straße und auch auf die GW- VIDA- BAHN ausdehnen??Aber NICHT nur auf einen Tag beschräncken!! Wie es schon so oft gemacht wurde!!

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rudolf
rudolf
Reply to  rudolf
9. April 2021 09:55

Gemeinsam mit der MAN-Belegschaft muss nun eine Lösung gefunden werden, die Sicherheit und Zuversicht für die Beschäftigten in einer im Wandel befindlichen Branche beinhaltet. Ein zukunftsgewandter, sozialökologisch verträglicher Umbau der Automobilindustrie ist dabei

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rudolf
rudolf
Reply to  rudolf
9. April 2021 09:56

nur mit Unterstützung und unter Einbeziehung der Beschäftigten zu realisieren – nicht gegen sie!“

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In keinem Land der Eurozone ist Vermögen so ungleich verteilt wie in Österreich. Die reichsten 1 Prozent besitzen 41 Prozent des gesamten Vermögens, während die ärmere Hälfte Österreichs zusammen nur 3 Prozent des Vermögens besitzt. Der Großteil der Superreichen ist nicht durch harte Arbeit oder kluge Geschäftsideen zu Reichtum gekommen, sondern hat sein Vermögen geerbt. Auf diese gigantischen Erbschaften zahlen sie außerdem keinen Cent Steuern. Der Sozialökonom Stephan Pühringer argumentiert, dass diese Ungleichheit Gift für unsere Gesellschaft ist. Immer mehr Geld und Macht sind in der Hand von einigen wenigen konzentriert, während der Rest der Bevölkerung durch eigene Arbeit kaum mehr zu bescheidenem Wohlstand kommt. Zitat: Das Verhältnis zwischen Superreichen und dem Rest der Bevölkerung ist komplett aus dem Lot geraten. Gigantische Vermögen werden ohne jegliche Leistung oder Besteuerung vererbt. Das gefährdet den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Stephan Pühringer

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In keinem Land der Eurozone ist Vermögen so ungleich verteilt wie in Österreich. Die reichsten 1 Prozent besitzen 41 Prozent des gesamten Vermögens, während die ärmere Hälfte Österreichs zusammen nur 3 Prozent des Vermögens besitzt. Der Großteil der Superreichen ist nicht durch harte Arbeit oder kluge Geschäftsideen zu Reichtum gekommen, sondern hat sein Vermögen geerbt. Auf diese gigantischen Erbschaften zahlen sie außerdem keinen Cent Steuern. Der Sozialökonom Stephan Pühringer argumentiert, dass diese Ungleichheit Gift für unsere Gesellschaft ist. Immer mehr Geld und Macht sind in der Hand von einigen wenigen konzentriert, während der Rest der Bevölkerung durch eigene Arbeit kaum mehr zu bescheidenem Wohlstand kommt. Zitat: Das Verhältnis zwischen Superreichen und dem Rest der Bevölkerung ist komplett aus dem Lot geraten. Gigantische Vermögen werden ohne jegliche Leistung oder Besteuerung vererbt. Das gefährdet den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Stephan Pühringer

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