Greenpeace nahm 664 Produkte der elf bekanntesten Kosmetikhersteller unter die Lupe. Das Ergebnis: Dreiviertel der Kosmetikprodukte enthalten Plastik, ein Viertel enthält Mikroplastik. Im Schnitt nimmt ein Mensch so bis zu fünf Gramm Kunststoff über Haut, Schleimhäute oder die Augen zu sich. Das entspricht einer Kreditkarte – jede Woche.
In Make-up, Puder, Highlighter, Augen-Make-up, Lippenstift und Lipgloss befindet sich Plastik, das der Mensch über die Poren aufnimmt. Das zeigt die neueste Untersuchung von Greenpeace. Die Umweltschutz-Organisation hat die Produkte der elf beliebtesten europäischen Marken Catrice, Essence, L’Oréal, Deborah, Kiko, Lancôme, Lush, Maybelline, Nyx, Sephora und Wycon untersucht und Mikro- oder Nanopartikel von Kunststoff gefunden. Dabei handelt es sich um gel- oder wachsartige, winzig kleine Partikel, wie Lisa Panhuber von Greenpeace Österreich erklärt.
In Peelings befindet sich Mikroplastik, also Teilchen unter 5 Millimeter. Augen-Make-Up, Puder und Lippenstift ist noch kleineres oder flüssiges Plastik beigemischt, um für Glanz oder Mattheit zu sorgen.
Mikroplastik in 76 Prozent der Kosmetikprodukte
Greenpeace untersuchte die Inhaltsstoffe von 664 Make-up-Produkten auf 530 Polymere in Form von festem, flüssigem, halbfestem oder löslichem Plastik. “Aus der Überprüfung der Inhaltsstoffe auf den offiziellen Websites der Unternehmen ging hervor, dass in 76 Prozent der Produkte Kunststoffe enthalten sind”, lautet das Ergebnis der Online-Studie. Davon findet sich in 26 Prozent festes Mikroplastik, im Rest Kunststoff in flüssiger, halbfester oder löslicher Form. Am häufigsten fand die Untersuchung Plastik in Produkten der Marken Maybelline (85 Prozent), Deborah (84 Prozent), Sephora (83 Prozent), Wycon (78 Prozent) und Lancôme (77 Prozent).
Bei einer Labor-Untersuchung von elf ausgewählten Produkten zeigte sich, dass Plastik genau in jenen Produkten besonders häufig auftauchte, die auf empfindliche Stellen wie Augen oder Lippen aufgetragen werden. Der meiste Kunststoff befindet sich in Augen Make-up (90 Prozent), gefolgt von Lippenstift und Lipgloss (73 Prozent), Make-up (71 Prozent), Highlighter (66 Prozent) und Puder (51 Prozent).
Belastung für Mensch und Umwelt
Was Plastik im Körper genau auslöst, ist bisher nicht genügend erforscht. Die Teilchen stehen auf jeden Fall unter Verdacht, Entzündungen auszulösen. Laut Greenpeace bestehe die Gefahr, dass Mikro- oder Nanopartikeln Barrieren wie die Blut-Hirn-Schranke und die menschliche Plazenta überwinden können.
Die nicht abbaubaren Teilchen schaden nicht nur dem Menschen, sondern auch der Umwelt: Die künstlichen Polymere lassen sich im Schnee der Arktis und im Wasser der tiefsten Ozeangräben finden, wohin sie von Meeresströmungen und Luftströmen gebracht werden, nachdem der Mensch sie ausscheidet. Neben Kosmetika sind Reinigungsmittel, Lebensmittel, Tiere und die Atmosphäre selbst bereits kontaminiert. Mikroplastik findet sich in Klärschlamm, der als Düngemittel eingesetzt wird, ebenso wie in Fischen, Meeresfrüchten und Weidetieren.
Greenpeace fordert Verbot
Europas Kosmetikindustrie verzeichnete 2018 einen Umsatz von rund 45 Milliarden Euro. Bereits 2017 ergab eine Studie der Umweltschutz-Organisation Greenpeace eine hohe Belastung von Mikroplastik in Kosmetikprodukten und Reinigungsmitteln. Seit Jahren umgeht der Sektor mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht. Geht es nach der NGO, soll das nun ein Ende haben.
Die freiwillige Selbstverpflichtung reiche nicht aus, um dem Problem beizukommen, sagt Panhuber. Die Kosmetikkonzerne definieren selbst, was für sie als deklarationswürdiges Plastik gilt und was nicht. So können die Marken Greenwashing betreiben, indem sie groß angeben, dass ihr Shampoo frei von Mikroplastik ist. Auch, wenn ihr Puder stark belastet ist.
Um der “schleichenden Kontamination”, wie die NGO die Verbreitung nennt, ein Ende zu bereiten, fordert Greenpeace ein generelles Verbot von Plastik. Das Verbot von Einweg-Plastik der EU und die Verhandlungen zum Plastik-Verbot in Kosmetika und Reinigungsmitteln reichen den Umweltschützerinnen und Umweltschützern nicht. “Umweltministerin Gewessler muss sich für die Gesundheit der Menschen und die Umwelt einsetzen und ein starkes Verbot von Plastik in Kosmetik vorantreiben”, fordert Greenpeace.