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Pilotprojekt: Schulfach „Mentale Gesundheit“ macht Schüler:innen rücksichtsvoller und motivierter

Neues Schulfach macht Kinder rücksichtsvoller und motivierter (Foto: Unsplash)

Neues Schulfach macht Kinder rücksichtsvoller und motivierter (Foto: Unsplash)

Kontrast Redaktion Kontrast Redaktion
in Bildung & Wissenschaft, Good News
Lesezeit:4 Minuten
10. September 2025
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Die NGO „GET – Global Educational Transformation“ hat im Schuljahr 2024/25 erstmals das Fach „Selbstentwicklung & mentale Gesundheit“ in Österreich getestet. Acht Schulen in Wien und Graz nahmen an dem Pilotprojekt teil. Die Uni Graz begleitete das Projekt mit einer wissenschaftlichen Studie. Das Ergebnis des Berichts, der Kontrast vorliegt: Schüler:innen, die das Schulfach ein Jahr lang einmal pro Woche hatten, wurden rücksichtsvoller und hatten mehr Motivation zum Lernen. Im kommenden Schuljahr startet das Fach in 48 österreichischen und deutschen Klassen. 

Die psychische Gesundheit von österreichischen Schüler:innen hat sich laut der letzten Kinder- und Jugendgesundheitsstudie HBSC „Health Behaviour in School-aged Children“ in den Jahren zwischen 2010 und 2022 stetig verschlechtert. Es ist die größte europäische Studie über die Gesundheit von Schüler:innen. Dabei ging es um die Faktoren Einschlafschwierigkeiten, Gereiztheit, Nervosität und Niedergeschlagenheit. Das Ergebnis zeigt, dass der Anteil an diesen psychischen Beschwerden innerhalb von zwölf Jahren stark angestiegen ist. Fühlten sich im Jahr 2010 unter 10 % der Schüler:innen niedergeschlagen, stieg die Anzahl im Jahr 2022 auf über 20 %. Die Studie wird alle vier Jahre durchgeführt. 

Erhebung psychische Gesundheit (Screenshot Bericht Bundesministerium)
Erhebung psychische Gesundheit (Grafik: „Psychische Gesundheit von österreichischen Jugendlichen“, HBSC Factsheet 01 aus Erhebung 2021/22, Sozialministerium)

Die Vision, Kinder glücklicher zu machen

Die Idee für ein neues Schulfach entsprang bei einem Gespräch zwischen den beiden jetzigen Vorsitzenden der NGO, Elias Renner und Marie Hummel. Die ehemaligen Psychologie-Studierenden hatten beide eine schwierige Schulzeit und stellten sich die Frage:

„Warum müssen wir und so viele andere diesen Schmerz erst durchleben und uns dann erst mühselig das Wissen und die Tools für ein glückliches Leben aneignen?“

Also gründeten sie die NGO „GET“ (Global Educational Transformation) mit dem Ziel, die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Schulen zu verbessern. Denn ihre Vision ist: Jedes Kind sollte unabhängig von Herkunft oder sozialem Status ein selbstbestimmtes und glückliches Leben führen. Sie sammelten Unterrichtsmaterialien, sprachen mit Expert:innen und durchsuchten wissenschaftliche Studien zum Thema – und entwickelten das Schulfach „Selbstentwicklung & Mentale Gesundheit“. Es gibt auch bereits ein eigenes Schulbuch und einen Lehrplan für das Fach. Grundsätzlich darf jede Schule selbst entscheiden, welche Lehrpersonen das Fach unterrichten dürfen, eine Fortbildung wird aber empfohlen.

Beziehung zu sich selbst und anderen stärken, mit Fehlern umgehen und Konflikte lösen

Das Fach besteht aus fünf Säulen, die die psychische Gesundheit der Schüler:innen verbessern sollten:

 

  1. Gemeinschaft stärken: Freundschaften aufbauen, Konflikte lösen und die Perspektiven von Mitmenschen übernehmen.
  2. Ich-Beziehung stärken: Selbstwert stärken und Selbstvertrauen aufbauen.
  3. Herausforderungen meistern: Fehler als Chancen sehen und Lösungen für Probleme finden.
  4. Gefühle verstehen und damit umgehen: Emotionen benennen und damit umgehen, Stress regulieren und Ängste überwinden.
  5. Glücklichsein: Selbstfürsorge üben und Lebenszufriedenheit steigern.

Die Schülerin Ramona (14. J.) beschreibt das neue Schulfach so:

„Ich habe im Schulfach Selbstentwicklung gelernt, besser mit Stress umzugehen. Jetzt kann ich den Stress kontrollieren, statt auszurasten. Ich bin zwar noch immer ein ungeduldiger Mensch, aber ich versuche, besser damit umzugehen.“

Schüler:innen werden rücksichtsvoller und haben mehr Motivation zum Lernen

In der Pilotstudie wurden unter anderem das psychologische Wohlbefinden, die Selbstwirksamkeit, Empathie und der Notenschnitt der Kinder und Jugendlichen getestet. 400 Schüler:innen nahmen daran teil und füllten jeweils zu Beginn und am Ende des Schuljahres einen Fragebogen zu ihrem Wohlbefinden aus. Das Ergebnis zeigt, dass Schüler:innen, die das Schulfach „Selbstentwicklung & Mentale Gesundheit“ besucht haben, eine höhere Empathie hatten, sich also viel besser in die Situationen ihrer Mitschüler:innen hineinversetzen konnten. Außerdem waren die Schüler:innen motivierter zum Lernen. Eine Lehrperson, die das Schulfach letztes Jahr unterrichtet hat, berichtet:

„Das Schönste für mich war die Realisation, dass die Kids wirklich etwas mitnehmen. Dass ich als Lehrperson irgendwo einen Platz in ihrer Gefühlswelt bekommen habe und sie wirklich vertrauen auf das, was ich sage.“

Das Ziel: Schulfach in ganz Österreich einführen

Im kommenden Schuljahr 2025/26 wird das Fach in 48 Klassen in Österreich und Deutschland getestet. Das langfristige Ziel der NGO ist, das Schulfach in ganz Österreich einzuführen. Sie will eng mit pädagogischen Hochschulen zusammenarbeiten, das Fach mit Langzeitstudien begleiten, um die Ergebnisse klar darzustellen sowie eine Online-Lernplattform aufbauen.

In der Musisch-Kreativen Mittelschule Spallartgasse in Wien steht das Schulfach – nach einjährigem Pilotversuch – im kommenden Schuljahr 2025/26 für alle ersten und zweiten Klassen fix im Stundenplan. Schuldirektor Andreas Feirer wünscht sich, dass die Entwicklung von jungen Menschen im Vordergrund steht und möchte das in Form eines Schulfachs im Curriculum verankern. Es gehe vor allem darum, dass die Schüler:innen mit mehr Gelassenheit ins Berufsleben starten können und wissen, wo ihre Stärken liegen:

„Wichtig für mich ist, dass die Kinder von sich selbst überzeugt sind und mit Selbstvertrauen da raus gehen. Jede:r kann ja irgendetwas total gut und es ist unser Job, das herauszufinden.“

Momentan zu wenig Angebot zu psychischer Gesundheit für Lehrpersonal

Laut einer durchgeführten Umfrage in 91 Schulen in acht Bundesländern gibt es an österreichischen Schulen momentan kaum Unterstützung für psychische Gesundheit – sowohl für Schüler:innen als auch für Lehrpersonal. Pädagog:innen leiden besonders unter Zeitdruck, der Notengebung und den hohen Erwartungen von Eltern. Bei Kindern und Jugendlichen werden Handysucht, Leistungsdruck, Mobbing sowie Ängste, Panikattacken und Depressionen als häufige Probleme genannt. Zwar fühlen sich die meisten Lehrkräfte von ihrem Kollegium und der Schulleitung unterstützt, doch 94 Prozent wünschen sich regelmäßige professionelle Hilfe durch Psychologinnen oder Psychotherapeuten – ein Angebot, das derzeit kaum vorhanden ist.

Kritik richtet sich auch an die Bildungsdirektionen, die nach Ansicht von zwei Drittel der Befragten zu wenig zum Thema beitragen. Fachleute betonen, dass Verbesserungen nicht unbedingt viel Geld erfordern, sondern vor allem bessere Organisation, mehr Austausch und gezielte Information. Insgesamt wird deutlich, dass es einen großen Bedarf an systematischer Unterstützung für die psychische Gesundheit an Schulen gibt.

Empathie wurde Schulfach in Dänemark: Mobbing seitdem stark gesunken

Parlament Das Thema "Schule" im Parlament

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