Portugal war neben Spanien und Griechenland Jahre lang das Sorgenkind der EU. Doch seit das Land unter der neuen Linksregierung das Spar-Diktat über Bord geworfen hat, wächst die Wirtschaft und die Arbeitslosigkeit sinkt. Das Budgetdefizit ist so niedrig wie seit 40 Jahren nicht – und das, obwohl Portugal seine Schulden beim IWF vorzeitig zurückzahlt.
Die Wirtschaftskrise hat Portugal schwer getroffen: Die Arbeitslosigkeit stieg auf weit über 15%, die Wirtschaft schrumpfte und das Defizit explodierte. Portugal steckte noch tiefer in der Krise als Spanien – die EU, der Internationale Währungsfonds und die Europäische Zentralbank mussten schließlich einen Milliarden-Kredit gewähren.
Sparpolitik verschärfte die Krise
In Folge setzte die konservative Regierung ein von EU und IWF vorgeschlagenes Kürzungsprogramm um: Der Mindestlohn wurde gesenkt, Pensionen eingefroren, der Beamtenapparat verkleinert und Sozialausgaben gekürzt. Darauf hin brach der Binnenmarkt ein: Die Menschen hatten kein Geld mehr, kauften weniger und die Wirtschaft wurde schwächer. Schlussendlich musste selbst der IWF zugeben, dass die von ihm empfohlenen Programme das Land in eine „Negativspirale“ getrieben habe – die Krise hat sich verschärft.
Auch eine Studie des National Bureau of Economic Research kommt zu dem Schluss, dass die Sparpolitik in Portugal und Spanien durchwegs negative Wirkungen hatte: Die sinkenden Löhne schwächten Konsum und Wirtschaft und ließen die Arbeitslosigkeit deutlich ansteigen. Die fehlenden Steuereinnahmen erhöhten dann das Budgetdefizit zusätzlich.
Ein neue Linksregierung: Sozialprogramme haben die Wirtschaft stabilisiert
Als Portugal im Herbst 2015 dann links wählte, überschlugen sich europäische Politiker mit Warnungen. Die Linksregierung von António Costa hat nämlich angekündigt, mit der Sparpolitik Schluss zu machen. Vor allem der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble warnte: „Portugal macht einen schweren Fehler“ und werde bald wieder Hilfe von der EU brauchen.
Eingetreten ist nun das Gegenteil: Die Einsparungen wurden gestoppt und Sozialprogramme haben die Wirtschaft stabilisiert. Die Menschen haben wieder mehr Geld und konsumieren auch mehr. Und das kommt der Wirtschaft zugute.
So beschloss man nach dem Regierungsantritt beispielsweise
- den Mindestlohn auf 557 Euro anzuheben.
- niedrige Pensionen wieder der Inflation anzupassen.
- Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst schrittweise zurückzunehmen.
- 4 zusätzliche freie Tage für ArbeitnehmerInnen.
- Steuerschulden nicht mehr als Kavaliersdelikt zu betrachten, sondern konsequent einzutreiben.
Gleichzeitig ist das Budgetdefizit auf den niedrigsten Stand seit 40 Jahren gesunken: auf 2,1%. Und Portugal konnte gerade einen Kredit von 1,7 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen – frühzeitig, das Geld wäre erst in zwei Jahren fällig geworden. Damit hat das Land bereits die Hälfte der 26,3 Milliarden aus dem Euro-Rettungsprogramm zurückgegeben. Trotzdem hat Portugal auch das Defizit-Ziel von 3% der jährlichen Wirtschaftsleistung eingehalten.
Spanien scheitert im Sparen
Die konservative Regierung in Spanien setzt in einer vergleichbaren Situation auf Kürzungsprogramme von IWF und EU-Kommission. Und das Land kommt nicht vom Fleck. Die Arbeitslosenquote liegt bei fast 20% , Lohnkürzungen und prekären Arbeitsverhältnisse führen dazu, dass immer weniger Geld in die Staatskassen kommt. Innerhalb von 5 Jahren wurden 67 Milliarden Rücklagen in den Rentenkassen zu einem Defizit von 18 Mrd. Euro.
Portugal hingegen hat einen Bruch mit der Sparpolitik vollzogen. Nun tritt genau das ein, was Wirtschaftswissenschaftler schon lange erwartet haben. Die Investitionen greifen, der Markt belebt sich und die Arbeitslosigkeit geht zurück – und die Wirtschaft wächst wie in kaum einem Land in Europa.
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Politico: European left wants piece of Portugal’s ‘contraption’
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