Ob im Zusammenhang mit Religion, Meinungen oder Entscheidungen, wir verwenden und verteidigen oft den Begriff Freiheit. Doch was bedeutet er eigentlich? Wann ist ein Mensch tatsächlich frei? Und warum verstehen so viele von uns oft ganz verschiedene Dinge darunter? Begeben wir uns gemeinsam auf die Suche nach Antworten.
Es mag überraschen, doch für den Begriff – und die Vorstellungen – von Freiheit gibt es keine einfache, direkte und zufriedenstellende Definition.
Im freien Wörterbuch “Wiktionary” wird Freiheit als Zustand definiert, “bei dem jemand von allen Zwängen und Pflichten frei ist.“ Der Duden liefert eine präzisere Definition: Freiheit ist ein “Zustand, in dem jemand von bestimmten persönlichen oder gesellschaftlichen, als Zwang oder Last empfundenen (…) Verpflichtungen frei ist und sich in seinen Entscheidungen nicht eingeschränkt fühlt.“
Warum ist Freiheit so schwierig zu definieren? Schließlich verwenden wir den Begriff häufig – in politischen Debatten ist er allgegenwärtig.
Die Schwierigkeit hat wohl zwei Gründe: Einerseits ist Freiheit an sehr viele Bedingungen gekoppelt: Frei ist man, wenn x, y und z gegeben sind. Andererseits passen Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten die Freiheits-Definition ihren Interessen oder ihrer politischen Ausrichtung an. Kurz gesagt, Freiheit ist nicht gleich Freiheit. Und die Freiheit des einen kann die Einschränkung des anderen sein.
„Die Welt hat nie eine gute Definition für das Wort Freiheit gefunden.“ (Abraham Lincoln)
Freiheit durch Zwang: Rechte und Gesetze
Aufgrund der Tragweite und der Komplexität des Freiheitsbegriffs beschäftigen sich PhilosophInnen seit Jahrtausenden mit der Frage: Was bedeutet Freiheit? Thomas Hobbes, Immanuel Kant, John Locke oder Karl Marx sind nur einige Beispiele.
Grundsätzlich ist man in der politischen Philosophie zum Schluss gekommen, dass Freiheit, wenn sie nach gesellschaftlichen Normen ausgerichtet ist, bis zu einem gewissen Grad mit „Zwängen“ einhergehen muss. Das bedeutet: Es gibt Regeln, die für alle gelten und sie dementsprechend einschränken. Man darf deshalb nicht alles tun, weil bestimmte Handlungen anderen schaden können. Und: Es gibt Instanzen, diese Regeln durchzusetzen.
Man unterscheidet – mit Fachbegriffen – zwischen „primärem“, also „verbotenem“ und „sekundärem“, also „erlaubtem Zwang“. Bei ersterem handelt es sich um unerlaubte, gegen Gesetze verstoßende, illegitime Zwangsausübung, beispielsweise Raub oder Diebstahl, Gewaltanwendung gegenüber Menschen bis hin zu Folter und Mord. Erlaubter Zwang betrifft die gesetzlichen Befugnisse des Staates, gegen verbotenen Zwang vorzugehen. Dafür sind in Österreich die “drei Gewalten” zuständig, die Gesetzgebung, die Verwaltung und die Rechtssprechung.
Wenn jemand unerlaubt Leben, und damit die Freiheit, anderer Menschen bedroht, ist es dem Rechtsstaat erlaubt, diese zu schützen. Welche Freiheiten jedes Individuum in der Gesellschaft hat, wird von Gesetzen und Rechten bestimmt.
Wo ist wie viel Freiheit sinnvoll? Liberalistische und sozialdemokratische Freiheitsdebatte im Vergleich
„Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will.“ (Jean-Jacques Rousseau)
Verschafft man sich einen Überblick über die kulturellen, wirtschaftlichen, politischen und sozialen Strukturen der Welt, wird offensichtlich, dass die Freiheitsdebatte nicht abgeschlossen ist. Insbesondere in Krisenzeiten, in denen Grundrechte eingeschränkt werden, um das Wohl und die Gesundheit aller Mitmenschen zu schützen. In solchen Situationen geraten die unterschiedlichen Freiheits-Definitionen in Konflikt miteinander.
Aus einer liberalen Perspektive soll der Staat in erster Linie jedem Bürger die gleiche Freiheit garantieren, über sich selbst und sein Eigentum verfügen zu können. Nur um verbotenen Zwang zu verhindern, dürfe der Staat zusätzlich eingreifen. Jegliche andere Form der Regulierung lehnt der klassische Liberalismus größtenteils, der Neoliberalismus vollständig ab. Freiheit durch möglichst geringe Einmischung des Staates kann jedoch täuschen.
Die Sozialdemokratie sieht es folgendermaßen: Eine Freie Marktwirtschaft mag MarktteilnehmerInnen zwar mehr Wirtschaftsfreiheiten gewähren, doch die Freiheit aller Menschen wird dann vom Einkommen oder dem Mangel dessen abhängig gemacht und damit um ein Vielfaches mehr eingeschränkt:
Wer Existenzängste hat, ist nicht frei. Ein nicht-regulierter Markt macht Freiheit nur für wenige leistbar.
An dieser Schnittstelle schlägt man deshalb in der politischen Philosophie den Sozialstaat als Erweiterung des Rechtsstaates vor. Zusätzlich zu den liberalen Freiheiten will man auch besseren Schutz vor Arbeitslosigkeit, Krankheit, Unfällen, Ausbeutung, Not, Diskriminierung und Unsicherheit ermöglichen. Um die Freiheit eines erfüllten Lebens für möglichst alle Menschen zu gewährleisten, ist aus sozialdemokratischer Perspektive die Einschränkung bestimmter individueller Freiheiten unumgänglich. Der Schutzbedürftigkeit einer Vielzahl von Menschen wird eine höhere Priorität zugesprochen als dem Reichtum weniger.
Was bedeutet Freiheit als Recht? Grundrechte, soziale Rechte und Menschenrechte
„Wer sagt: hier herrscht Freiheit, der lügt, denn Freiheit herrscht nicht.“ (Erich Fried)
Mit Grundrechten, sozialen Rechten und Menschenrechten stehen der Menschheit heutzutage sehr wichtige, grundlegende Instrumente für mehr Freiheit und Gerechtigkeit zur Verfügung. Diese entwickelten sich jedoch erst nach langsamer, Jahrtausende andauernder und hart erkämpfter Auflösung alter Herrschafts- und Gesellschaftsstrukturen.
Österreichs Grundrechte sind nicht in einem bestimmten Gesetzbuch aufgelistet, sondern auf mehrere Gesetze verteilt. Beispiele sind das Gleichheitsrecht, die Versammlungsfreiheit, die Freiheit der Kunst, die Religionsfreiheit, die Pressefreiheit und viele mehr. Die Grundrechtecharta der Europäischen Union erweiterte diese.
Soziale Rechte wurden in der Europäischen Sozialcharta (ESC) festgehalten. Zu diesen gehören beispielsweise das Recht aller ArbeitnehmerInnen auf gesunde, gerechte und sichere Arbeitsbedingungen sowie das Recht auf soziale Sicherheit für Beschäftigte und ihre Angehörigen. Menschen, die nicht über ausreichend Mittel verfügen, wird das Recht auf Fürsorge zugesprochen. Für neue Mitgliedsstaaten des Europarates ist die Ratifizierung der Europäischen Sozialcharta allerdings kein Aufnahmekriterium.
Die wichtigsten Menschenrechtsabkommen in Europa sind die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) sowie die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK).