Der sozialdemokratische Ex-Premier Zoran Milanović konnte sich in der Stichwahl gegen die amtierende Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović durchsetzen. Ein Hoffnungsschimmer in einem Land, das von Privatisierungen und Rechtsruck zerrissen ist.
Die Präsidentschaftswahlen in Kroatien sind geschlagen. Nach seinem Sieg im ersten Wahlgang konnte der Sozialdemokrat Zoran Milanović auch in der Stichwahl gegen die amtierende Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović von der rechtskonservativen HDZ mit über 53 Prozent der Stimmen triumphieren. Das ist umso überraschender, als Milanović das linke Lager nahezu alleine abdeckte, während Grabar-Kitarović in der zweiten Runde auch auf die WählerInnen des Rechtspopulisten Miroslav Škoro zählen konnte, der im ersten Wahlgang auf über 24 Prozent gekommen ist. Der sozialdemokratische Sieg ist in Kroatien, dem jüngsten EU-Mitgliedsland, ein Hoffnungsschimmer und geht gegen den rechtsnationalistischen und neoliberalen Trend, der schon längst mehr als besorgniserregend ist.
Kroatien-Wahlen: Gezeichnet von Privatisierungen
Milanovic führte sein Land 2013 als Premierminister in die EU. Zur Wiederwahl hat es damals nicht gereicht. Nach nur einer Amtszeit kam 2016 das Aus für die sozialdemokratisch geführte Regierung. Seitdem stellt mit Andrej Plenković wieder die rechtskonservative HDZ den Regierungschef – wie seit dem Zerfall Jugoslawiens mit zwei kurzen Unterbrechungen fast durchgehend. Das Land ist gezeichnet von einer neoliberalen Politik der Privatisierungen. Darunter leiden vor allem die ArbeiterInnen des einst so starken Industriesektors. Korruptionsaffären sind an der Tagesordnung in Kroatien. Trotz boomendem Tourismus bleibt der wirtschaftliche Aufschwung weitgehend aus. Gekürzt wird bei Sozialleistungen und Pensionen, die oft nicht zum Leben reichen. Massenabwanderung vor allem junger Menschen mit hohem Ausbildungsniveau ist die Folge.
Spürbarer Rechtsruck
Sozialabbau, Arbeitslosigkeit, Altersarmut, Privatisierungen – das sind Fragen, auf die linke Politik Antworten liefern könnte. In Kroatien hat es die Sozialdemokratie dennoch schwer. In den letzten Jahren gab es in dem Land, in dem der Nationalismus immer schon stark ausgeprägt war, ein spürbares Erstarken der extremen Rechten, die die Verbrechen der Ustaša relativiert und mit deren faschistischen Ideologien und Symbolen liebäugelt, gleichzeitig alles Linke verteufelt. Rechtsextreme Tendenzen sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen, die Distanzierung der konservativen Regierung bleibt aus. Zu wichtig sind die Stimmen aus diesem Lager. Auch Grabar-Kitarovićs Umgang mit der Ustaša-Vergangenheit ist problematisch. So ist die jetzt abgewählte Präsidentin nicht nur Fan des rechtsextremen Musikers Marko Perković Thompson, auf dessen Konzerten Ustaša-Symbolik gang und gäbe ist, sie forderte vor einigen Jahren auch die Einrichtung einer Historikerkommission, um die „Wahrheit“ über das Konzentrationslager Jasenovac zu erforschen, in dem nachweislich 80.000 Menschen systematisch ermordet wurden.
Milanović „Niemand soll sich als Mensch zweiter Klasse fühlen“
Doch besser kam in diesem sonst weitgehend inhaltsleeren Wahlkampf Zoran Milanovićs Forderung nach sozialem Zusammenhalt an. Er wolle ein Präsident für alle BürgerInnen sein. Niemand solle sich als Mensch zweiter Klasse fühlen, betonte er im Vorfeld der Stichwahl. Normalität und Vernunft waren Schlagwörter, die immer wieder zu lesen waren. Die Vernunft hat diesmal gewonnen.