Die drei Finanzgiganten Blackrock, Vanguard und State Street verwalten zusammen ein Vermögen von 15 Billionen Dollar – das entspricht fast dem gesamten Bruttoinlandsprodukt der Europäischen Union. Trotzdem sind sie weitgehend unbekannt. Doch ihre Macht reicht weit: Durch ihre zahlreichen Unternehmensanteile beeinflussen sie die globale Politik und Wirtschaft – und das stärker als manche Staaten.
Neben Blackrock, Vanguard und State Street gibt es noch Finanzgrößen wie JP Morgan und Goldman Sachs, die ebenfalls als globale Supermächte agieren. Diese Institute haben unter anderem die Finanzkrise von 2008 genutzt, um ihre Macht weiter auszubauen. Wir stellen die fünf größten Finanzkonzerne vor.
Blackrock – Der globale Schattenherrscher
Blackrock verwaltet heute über 10 Billionen US-Dollar und ist damit nicht nur der größte Vermögensverwalter der Welt, sondern auch eines der einflussreichsten Unternehmen überhaupt. Blackrock verwaltet und investiert das Vermögen seiner Kund:innen – möglichst gewinnbringend. Der Finanzverwalter hat Einfluss auf Unternehmen vieler Wirtschaftszweige und auf Regierungen. Die Öffentlichkeit bekommt davon kaum etwas mit. Blackrock besitzt Anteile an fast jedem bedeutenden Unternehmen weltweit. Beteiligt ist es z.B. an Apple, Microsoft, Amazon, Tesla und Johnson & Johnson.
Der deutsche Journalist und Autor Jens Berger beschreibt Blackrock als die „größte Schattenbank der Welt“. Als Schattenbank bezeichnet man ein Unternehmen, das bankähnliche Dienstleistungen anbietet, jedoch nicht den gleichen strengen Regeln unterliegt wie traditionelle Banken. So sind Schattenbanken keinen gesetzlichen Anforderungen für Transparenz, Eigenkapital oder Einlagensicherung unterworfen.
Ein besonderes Merkmal von Blackrock ist das System Aladdin. Dieses Programm wurde entwickelt, um Risiken zu analysieren und zu bewerten. Während der Finanzkrise 2008 gewann Aladdin an Bedeutung, weil es Staaten und Unternehmen dabei half, sich in der komplizierten Welt der Finanzen zurechtzufinden.
Viele Banken und Versicherungen nutzen Aladdin. Damit hat Blackrock eine einzigartige Stellung. Denn viele Marktteilnehmer und sogar Regierungen sind auf Aladdins Analysen angewiesen. Das verschafft dem Unternehmen einen Vorteil gegenüber anderen und macht es fast unverzichtbar. Das kann problematisch werden, weil diese Abhängigkeit die Macht von Blackrock stärkt.
Zusätzlich übernimmt Blackrock eine weitere Rolle: Einerseits berät es Regierungen und Unternehmen, andererseits verwaltet es selbst riesige Vermögen, zum Beispiel Rentenfonds. Diese Kombination birgt Risiken. Obwohl Blackrock behauptet, eine klare Trennung zwischen Beratung und Investmentgeschäft zu ziehen, sehen Kritiker wie Jens Berger diese „Schutzmauer“ als unsicher an. Denn es könnte zu Interessenkonflikten kommen, bei denen Blackrock Entscheidungen trifft, die nicht neutral, sondern zum eigenen Vorteil sind.
Ein Beispiel: Blackrock berät die Regierung eines Landes, wie diese ihr Staatsvermögen am besten anlegen soll. Blackrock könnte der Regierung empfehlen, in Firmen zu investieren, an denen Blackrock selbst Anteile besitzt. Wenn die Regierung in diese Firmen investiert, könnte das deren Wert steigern, wovon dann auch Blackrock profitiert.
In einem solchen Szenario wäre es schwierig zu beurteilen, ob die Empfehlung wirklich im Interesse der Regierung und ihrer Bürger:innen ist – oder ob sie vor allem Blackrock selbst zugute kommt.
Die Machtkonzentration großer Vermögensverwalter wie Blackrock könnte also dazu führen, dass wichtige Entscheidungen am Finanzmarkt und bei der Altersvorsorge von wenigen Akteuren kontrolliert werden, was den Wettbewerb einschränkt und den Markt weniger transparent macht. Zudem besteht die Gefahr, dass demokratische Prozesse beeinträchtigt werden, wenn ein privates Unternehmen so viel Einfluss auf Wirtschaft und Politik hat.
Vanguard – Die stille Macht im Hintergrund
Vanguard ist der zweitgrößte Vermögensverwalter mit mehreren Billionen Dollar an verwaltetem Vermögen. Der Konzern hält sich aus den Schlagzeilen heraus und tritt im Vergleich zu Blackrock seltener in den Vordergrund. Dennoch besitzt auch dieser Finanzverwalter Anteile an fast allen großen Unternehmen der Welt.
Zusammen mit Blackrock ist Vanguard ein Hauptakteur im sogenannten „Common Ownership“-Problem, bei dem dieselben Investoren gleichzeitig Anteile an konkurrierenden Unternehmen halten. Dieser gemeinsame Besitz führt zu einer kartellartigen Struktur, die den Wettbewerb verzerrt.
In der klassischen Marktwirtschaft konkurrieren Unternehmen, um Marktanteile zu gewinnen, Preise zu senken und innovative Produkte zu entwickeln. Doch durch den „Common Ownership“-Effekt verlieren sie diesen Anreiz: Wenn Vanguard Anteile zweier konkurrierender Firmen besitzt und somit Investor beider Unternehmen ist, ist es im Interesse des Finanzkonzerns, dass beide Unternehmen ihre Gewinne maximieren – oft auf Kosten des Wettbewerbs und der Innovation. Das Ergebnis sind unfair hohe Preise für Verbraucher:innen.
State Street – Der unterschätzte Riese
State Street ist weniger bekannt, gehört aber mit über drei Billionen US-Dollar verwaltetem Vermögen zu den drei Giganten der Finanzwirtschaft. Der Konzern ist ein bedeutender Akteur im ETF-Bereich. ETFs (Exchange Traded Funds) sind eine Art Fonds, die nicht von einem Manager verwaltet werden wie herkömmliche Fonds. Stattdessen folgen sie automatisch einem sogenannten Börsenindex, zum Beispiel dem DAX.
Ein Index ist eine Liste, die zeigt, wie sich eine bestimmte Gruppe von Unternehmen an der Börse entwickelt. Der DAX zum Beispiel umfasst die 40 größten Unternehmen in Deutschland wie Siemens oder BMW. Ein ETF kauft die Aktien aller Unternehmen aus dieser Liste – unabhängig davon, ob es diesen Firmen wirtschaftlich gerade gut oder schlecht geht.
Das Besondere an ETFs ist, dass sie einfacher und günstiger sind als viele andere Anlageformen. Sie haben niedrigere Gebühren und Anleger:innen können mit einem ETF ihr Geld automatisch auf viele Unternehmen verteilen, ohne sich selbst kümmern zu müssen, welche Aktien sie kaufen. Deshalb sind ETFs besonders beliebt. Vor allem bei Menschen, die mit wenig Aufwand und Risiko in den Markt einsteigen wollen.
Dieser Vorteil birgt jedoch auch Risiken: Da ETFs immer alle Unternehmen eines Index kaufen, fließt oft mehr Geld in die Aktien, als es deren tatsächliche Leistung rechtfertigen würde. Das führt dazu, dass die Preise dieser Aktien steigen können, obwohl die Unternehmen nicht besser wirtschaften. Wenn viele Anleger in ETFs investieren, kann das die Aktienpreise „künstlich“ hochtreiben und von der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage der Unternehmen entkoppeln.
Dieses „blinde“ Investieren in ETFs kann langfristig gefährlich sein. Wenn die Preise zu stark von der Realität abweichen, kann sich eine Finanzblase (also eine Spekulationsblase) bilden. Platzt diese Blase – beispielsweise bei einem Börsencrash – könnten ETFs die Krise sogar verschärfen. Der Grund dafür ist, dass ETFs dann viele Aktien gleichzeitig verkaufen müssen, um die Anleger:innen auszuzahlen. Diese Massenverkäufe könnten die Kurse noch schneller und stärker fallen lassen, als es ohne ETFs der Fall wäre.
State Street, einer der größten Anbieter von ETFs, profitiert zwar stark von diesem Geschäftsmodell, kümmert sich jedoch wenig um die Nachteile. Kleinere, aktiv gemanagte Fonds könnten solche Risiken verringern, da sie gezielt in wirtschaftlich starke Unternehmen investieren und nicht einfach jeden Index nachbilden.
JP Morgan – Der Krisengewinner
JP Morgan ist nicht nur die größte Bank in den USA, sondern spielt auch in der Weltwirtschaft eine große Rolle.
Während der Finanzkrise 2008 konnte JP Morgan seine Macht ausbauen. Das Unternehmen spielte eine zentrale Rolle bei der Stabilisierung des Finanzsystems, indem es Regierungen und andere Banken unterstützte. Etwa durch den Ankauf von notleidenden Vermögenswerten und durch die Übernahme angeschlagener Institute wie Bear Stearns und Washington Mutual.
Diese Maßnahmen waren jedoch nicht uneigennützig: JP Morgan profitierte infolge von den Krisenmaßnahmen, da es die übernommenen Unternehmen zu stark reduzierten Preisen kaufen konnte, oft mit staatlicher Unterstützung oder Garantien.
Ein konkretes Beispiel ist der Kauf von Bear Stearns, der zu einem symbolischen Preis von 2 Dollar pro Aktie erfolgte – ein Bruchteil des vorherigen Wertes – wobei die US-Notenbank einen Großteil der Risiken übernahm. Dadurch konnte JP Morgan Vermögenswerte und Marktanteile sichern, die in normalen Zeiten wesentlich teurer gewesen wären.
Diese Geschäfte trugen dazu bei, dass JP Morgan in den Jahren nach der Krise zu einem der mächtigsten Akteure im globalen Finanzsystem wurde. Allein in den fünf Jahren nach der Krise stieg der Gewinn des Unternehmens um mehrere Milliarden Dollar.
In der Zeit nach der Finanzkrise arbeitete JP Morgan zudem eng mit der US-Regierung und anderen internationalen Institutionen zusammen, um das Finanzsystem zu stabilisieren.
Die Bank agierte dabei nicht nur als Käufer notleidender Vermögenswerte, sondern auch als Berater bei der Ausarbeitung von Rettungspaketen und neuen Regulierungen. Somit war JP Morgan direkt in Gespräche und Entscheidungen mit eingebunden, die zu politischen Maßnahmen führten.
Jamie Dimon, der CEO von JP Morgan, war einer der einflussreichsten Banker, die an diesen Gesprächen beteiligt waren. Kritiker bemängeln, dass durch diesen engen Draht zur Politik, Banken wie JP Morgan letztlich von den Rettungspaketen profitieren. Und das, obwohl sie selbst an der Entstehung der Krise beteiligt waren.
JP Morgan wird vorgeworfen, Krisen bewusst zu nutzen, um selbst stärker zu werden. Obwohl JP Morgan 2008 vergleichsweise stabil blieb, nahm das Bankinstitut dennoch staatliche Hilfen in Anspruch und konnte dadurch seine eigene Liquidität sichern und strategische Investitionen tätigen, was die Wettbewerbsposition von JP Morgan weiter stärkte.
Goldman Sachs – mit der Politik am selben Tisch
Auch Goldman Sachs pflegt enge Beziehungen zur US-Regierung. Mehrere ehemalige Goldman-Mitarbeiter haben hochrangige Positionen in der Politik eingenommen und gestalten so Gesetze und Richtlinien im Finanzbereich – oft zu Gunsten des Konzerns.
Durch die Besetzung von Schlüsselpositionen hat Goldman Sachs die Möglichkeit, politische Entscheidungen zu beeinflussen, die sich direkt auf seine Geschäftsstrategie auswirken. Dieser „Drehtüreffekt“ zwischen Regierung und Konzern sorgt dafür, dass Goldman Sachs regelmäßig von politischen Entscheidungen profitiert, die weitreichende Konsequenzen für die Weltwirtschaft haben.
Dabei geht es oft um aggressive Spekulationen auf Immobilien- und Rohstoffmärkten, die Millionen von Menschen betreffen.
Fazit: Zu viel Macht in den Händen einiger weniger
Blackrock, Vanguard, State Street, JP Morgan und Goldman Sachs sind nicht nur finanzielle Supermächte, sondern auch intransparent operierende Institutionen, die wirtschaftliche und politische Entscheidungen im Stillen mitbestimmen. Ohne öffentliche Kontrolle und Transparenz gefährden sie den Wettbewerb und tragen aktiv zu sozialen Ungleichheiten bei.
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