Jedes Jahr werden in Wien rund 25 bis 30 Altbauten abgerissen. Zum Teil lassen Eigentümer:innen die Häuser absichtlich verkommen, um sie abreißen zu dürfen und anschließend lukrative Neubauten zu errichten. Wien will dagegen jetzt effektiver vorgehen – mit Schwerpunktkontrollen, einer Service-Hotline und der Verpflichtung für Hausbesitzer, Instandhaltungsmaßnahmen zu dokumentieren.
Über 30.000 Altbauten gibt es in Wien, die nicht nur das Stadtbild prägen, sondern auch wichtigen und leistbaren Wohnraum bieten. Doch in den letzten 30 Jahren ist der Altbaubestand zunehmend geschrumpft. Jedes Jahr werden rund 25 bis 30 Altbauten in Wien abgerissen.
Einem Abriss geht meist ein langwieriger Prozess voraus. Denn Vermieter sind dazu verpflichtet, gewisse Instandhaltungsmaßnahmen zu treffen – insbesondere wenn das Haus bewohnt ist. Durch den Mieterschutz ist geregelt, dass der Eigentümer dafür sorgen muss, dass das Gebäude den vorgegebenen Standards entspricht und regelmäßig renoviert wird. Geschieht das nicht, können die Mieter:innen dagegen vorgehen. Ein Abriss darf allerdings nur erfolgen, wenn das Gebäude bereits dermaßen beschädigt ist, dass eine Renovierung nicht mehr möglich ist.
Hausbesitzer lassen aus Profitgründen Altbauten absichtlich verkommen
Will ein Eigentümer einen Altbau abreißen, muss er dafür einen Antrag stellen – es folgen Gutachten und genaue Prüfungen, ob nicht doch eine Renovierung möglich ist. „Es werden auch viele Anträge abgelehnt“, heißt es aus dem Wohnbau-Stadtratsbüro gegenüber Kontrast. Erst wenn eine sogenannte „wirtschaftliche Abbruchreife“ festgestellt wird und es keinen Weg zur Finanzierung der Instandhaltung gefunden werden kann, gibt es grünes Licht zum Abbruch.
„Teilweise versuchen Hausbesitzer, diesen Zustand durch Fehlverhalten absichtlich herbeizuführen. Wenn sie das Haus abreißen, können sie auf dem Grundstück einen Neubau errichten, der ertragreicher ist. Denn neue Wohnungen – im Gegensatz zum Altbau – sind nicht an das Mietrechtsgesetz gebunden und können somit teurer vermietet werden“, erklärt das Stadtratsbüro. Dadurch wird die gesamte Immobilie für den Eigentümer wertvoller.
„Für einen effektiven Altbauschutz braucht es deshalb auch ein neues Mietrechtsgesetz, damit sich das für die Hauseigentümer nicht mehr rentiert“, heißt es aus dem Büro der Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál.
Wien: Schwerpunktkontrollen, Service-Hotline und verschärfte Bauordnung
Wien will dieser Entwicklung jetzt auf Gemeindeebene einen Riegel vorschieben. Die Stadt hat eine Service-Nummer eingerichtet (s.u.), die einerseits kostenlos Auskünfte zum Thema Gründerzeithäuser gibt und andererseits Anlaufstelle für Verdachtsfälle mutwilliger Verwahrlosung ist. Zusätzlich soll es Schwerpunktkontrollen direkt in betroffenen Gebieten geben.
„Durch die neue Service-Hotline wird es noch leichter den Verdacht auf mutwillige Verwahrlosung von Gründerzeithäusern zu melden und durch das Gebietsscreening vor Ort werden die Kontrollen nochmals verschärft“, so Vizebürgermeisterin und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál.
In der aktuellen Bauordnung sind bereits Strafen vorgesehen, wenn Hauseigentümer ihre Immobilien absichtlich verwahrlosen lassen. Die Baupolizei kann auch einen Auftrag zur Renovierung erteilen und dem Eigentümer in Rechnung stellen, wenn etwa Gefahr in Verzug besteht. Diese Bauordnung soll nun weiter verschärft werden. Zukünftig sollen Immobilienbesitzer dokumentieren müssen, welche Instandhaltungsmaßnahmen sie setzen, um das Haus zu erhalten. Noch heuer soll diese Novelle umgesetzt werden, lautet die Auskunft aus dem Stadtratsbüro zu Kontrast.
Service-Hotline für Altbauschutz |
Unter der Nummer 01/4000 4001 können täglich von 7.30 bis 17.00 Uhr Hinweise auf mutwillige Verwahrlosung von Gründerzeithäusern gegeben werden. Auch kostenlos Auskünfte zum Thema Gründerzeithäuser können dort erfragt werden. |