Die Idee, dass jeder von uns durch besseren Konsum das Klima retten kann, ist ermächtigend. Gleichzeitig geht es vielleicht mit Schuldgefühl einher, nicht genug zu tun und sich noch mehr anstrengen zu müssen. Genau das war von Anfang an die Strategie des Ölkonzerns BP. Er machte den Begriff „CO2-Fußabdruck“ Anfang der 2000er Jahre groß. Nicht, um Emissionen zu senken, sondern um von der eigenen Verantwortung abzulenken.
Seit den 1970er-Jahren liegen wissenschaftliche Belege für den menschlichen Einfluss auf die Erderwärmung vor. 1965 warnte US-Präsident Lyndon B. Johnson vor der Veränderung der Atmosphäre durch fossile Energien. 1977 legte der Klimatologe James F. Black erste Beweise vor. Durch die Lobbyarbeit der Industrie, die auf fossile Energie setzte, unternahm die Politik weltweit jedoch lange nichts.
Fossil-Konzerne wussten Bescheid, aber vertuschten Informationen über Klimaschäden
Energiekonzerne wie Exxon wussten früh, welche Folgen ihr Kerngeschäft auf das Klima hat. Interne Studien belegten die klimaschädliche Wirkung ihrer Emissionen. Mit Desinformationskampagnen hat Exxon Zweifel gesät und lieber die Umweltbewegung diffamiert, statt Schäden einzudämmen.
Als die Beweislage unbestreitbar wurde, setzten die Konzerne auf Imagewandel. BP inszenierte sich als nachhaltiger Vorreiter, modernisierte sein Logo und benannte sich symbolisch in „Beyond Petroleum“ um. Doch die Geschäftspraxis blieb gleich: Öl und Gas bestimmten weiterhin das Kerngeschäft.
Mit PR-Begriff „CO2-Fußabdruck“ verschoben BP und Co die Klima-Debatte
2004 steckte BP 250 Millionen Dollar in eine Marketingkampagne und machte Begriff und Konzept des „CO2-Fußabdrucks“ weltweit bekannt. Was ursprünglich ein wissenschaftliches Konzept war, wurde zur Anleitung für Klimaschutz durch jeden Einzelnen – und zum Ablenkungsmanöver.
Die Idee, eigene Emissionen online zu berechnen, wirkte zunächst empowernd. Doch sie verschleiert, dass strukturelle Faktoren das Konsumverhalten prägen. Statt Konzerne oder politische Systeme zu hinterfragen, zielte die Kampagne auf das Gewissen des Einzelnen. Die Botschaft: Wer weniger verbraucht, tut genug. Unternehmen bleiben außen vor.
BP ersetzte mit Moral die Politik – und schützt Profite
Dabei ist die Verteilung der Emissionen alles andere als gleich. Wer fossile Energie produziert, lenkt Märkte und schafft Abhängigkeiten. Wer konsumiert, hat oft keine Wahl: Gasheizungen, Pendelverkehr und fehlende Alternativen schränken Handlungsspielräume ein. Soziale Ungleichheit spiegelt sich auch in CO2-Bilanzen: Laut Oxfam verursachen die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung etwa zwei Drittel aller Emissionen.
Die Logik des Fußabdrucks verschiebt die Debatte. Statt über gesetzliche Regulierung, Unternehmensverantwortung oder politische Weichenstellungen zu sprechen, geht es um individuelles Verhalten. Die Klimakrise wird zu einer moralischen Frage – nicht zu einer systemischen Herausforderung. Das lenkt ab, schützt Profite und hält Machtverhältnisse stabil.
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